"Fachtagung Weltkirche" in Stift Lambach zeigte dramatische Situation für Flüchtlinge in Österreich und EU auf - Gesetzeslage in Österreich "zunehmend verwirrend"

P. Dr. Franz Helm SVDDie Probe für die Echtheit des Christentums ist das Verhalten gegenüber Flüchtlingen: Das betonte der Beauftragte für Berufungspastoral der Steyler Missionare in Österreich, P. Franz Helm (li), bei der Österreichischen Weltkirche-Fachtagung am Wochenende in Stift Lambach.

In der biblischen Geschichte vom Weltgericht (Mt 25) werde gezeigt, dass das Seelenheil des Menschen davon abhängt, wie er sich den Flüchtlingen gegenüber verhält. Gefordert werde im Matthäus-Evangelium solidarisches Handeln den Menschen auf der Flücht gegenüber, so der Theologe.

Helm verglich die Situation der Kirche mit den Jüngern beim Letzten Abendmahl Jesu. Während Jesus im Evangelienbericht davon spreche, dass er sein Leben für die anderen hingebe, seien seine Jünger bald damit beschäftigt gewesen, "sich um die Macht und eine Zukunft ohne Jesus zu kümmern" (Lk 22,24-25).
Ähnliches geschehe, wenn politische Programme in unserem Land formuliert würden, die "Österreich zuerst" forderten und von internationaler Solidarität nichts wissen wollten. Dies geschehe dann noch dazu "im Namen der christlichen Tradition des Landes".

Demgegenüber forderte Helm den "Dienst am Leben" und die unbedingte Solidarität mit den Armen. Er begründete sie damit, dass die Christen in ihrem Schöpfungsglauben davon ausgehen, dass der Mensch Gottes Ebenbild ist und daher alle Menschen die gleiche Würde teilen.
Seit Abraham von Gott berufen worden sei, ein besseres Leben zu suchen und damit heimatlos wurde, sei in der Bibel der Umgang mit den Fremden zu einem Kriterium für echten Glauben geworden. Jesus Christus habe den Sinn seines Lebens in der Befreiung der Gefangenen und Zuwendung zu den Armen beschrieben.

P. Lukas Six, Prior Stift LambachDer Prior von Stift Lambach, P. Lukas Six, erinnerte, dass im Stift immer wieder Menschen Zuflucht fänden. Dieses Mal sei die Weltkirche in Lambach zusammengekommen, "um sich erneut ihrer Aufgabe zu stellen, Zufluchtsort für Menschen zu sein, die auf der Flucht sind".
Die Sorge um Migranten und Asylanten verpflichte die Kirche, ihren Beitrag für die Annahme dieser Menschen zu leisten, betonte der Salesianer P. Josef Keler namens der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften.

"Schwer, sich an Gesetz zu halten"

Die österreichische Gesellschaft sei auf eine Flüchtlingsaufnahme nicht vorbereitet, kritisierte Angela Brandstätter von der Caritas.
Die österreichische Gesetzeslage zu Migranten- und Asylfragen sei "zunehmend verwirrend". Ein unklar formuliertes Gesetz sei innerhalb kurzer Zeit so oft modifiziert worden, dass sich kaum jemand daran orientieren könne und die Interpretation größter Willkür ausgesetzt sei. Die Änderungen erfolgten unter der Vorgabe von "Sicherheit", doch "sicher ist durch dieses Vorgehen nur, dass es für Migranten und Asylanten in unserem Land immer schwieriger wird, sich an das Gesetz halten zu können und eine gerechte Behandlung zu erfahren".

Der Umgang Europas mit Flüchtlingen spreche die Verfassung Europas ganz grundsätzlich an, betonte der frühere "Cap Anamur"-Aktivist Elias Bierdel. "Cap Anamur" hatte im Jahr 2004 im Mittelmeer 37 Flüchtlinge gerettet, die in Seenot geraten waren. Deswegen wurde Bierdel in Sizilien der Schlepperei angeklagt; erst vor wenigen Wochen wurde sein Freispruch endgültig bestätigt.
Die Gesetze der "Festung Europa" schrieben den Seeleuten vor, international geltende Regeln der Schifffahrt zu verletzen, so Bierdel. Diese Regeln forderten Solidarität mit Menschen in Seenot. Im Verbot der Solidarität zeige sich eine Strategie der Länder Europas, den Menschen auf der Flucht nach Europa die Ankunft auf jede nur denkbare Weise unmöglich zu machen.

Die Flüchtlinge würden als Kriminelle hingestellt, mit dem Terrorismus in Verbindung gebracht und daher mit militärischen Mitteln "abgewehrt". Das Programm "Frontex" der Europäischen Union spiele in dieser Strategie eine wichtige Rolle. Es sei aber einer parlamentarischen Kontrolle entzogen und operiere weitgehend außerhalb von elementaren rechtsstaatlichen Vorgehensweisen, erläuterte Bierdel.
Bierdel forderte die Kirchen und Ordensgemeinschaften auf, ihren Freiraum als Institutionen und Glaubensgemeinschaften intensiv zu nützen und die 4.000 bis 5.000 Toten, die jedes Jahr im Mittelmehr ertrinken, wenigstens zu betrauern. Darüber hinaus müsste es den Christen auch darum gehen, diese "Botschafter der globalen Ungerechtigkeit" wahrzunehmen und die Verantwortung wahrzunehmen, die es den Herkunftsländern gegenüber gebe.

Bierdel, der an der Berliner Mauer aufwuchs, beklagte, dass diese Mauer vor zwanzig Jahren nicht niedergerissen, sondern nur verschoben wurde: Jetzt koste sie Tausenden Menschen das Leben und stehe modernst ausgebaut in Ceuta und Melilla, um die "Festung Europa" abzuschirmen.

Die "Fachtagung Weltkirche" in Stift Lambach ist eine Veranstaltung der KOO (Koordinierungsstelle der österreichischen Bischofskonferenz für Entwicklung und Mission), des Missionsreferats der Superiorenkonferenz und der Frauenorden, der Bildungs- und Missionsreferate mehrerer großer Orden (Salesianer Don Boscos, Steyler Missionare, Steyler Missionsschwestern, Jesuiten) sowie der kirchlichen Hilfsaktionen Dreikönigsaktion, Caritas, MIVA und Jugend Eine Welt.

Kat-Web 26.7.2010