Lissabon (KAP) Am Dienstag startet Papst Benedikt XVI. seine Apostolische Reise nach Portugal anlässlich des 10. Jahrestages der Seligsprechung von Jacinta und Francisco Marto, der Hirtenkinder von Fatima. Das internationale Medieninteresse an der Reise ist enorm, da der Papst auch die Themen der aktuellen Verschuldungs- und Finanzkrise, der Kirchenkrise und der Glaubenskrise ansprechen dürfte.

Von der Verschuldungskrise ist Portugal neben Griechenland am meisten betroffen. Landesweit gibt es aktuell Proteste der linken Gewerkschaften gegen den in Kraft getretenen Lohn- und Einstellungstopp im aufgeblähten öffentlichen Sektor des Landes. Daher wird vielerorts ein deutliches Papstwort im Blick auf die Krise erwartet. Auch der Präsidentenamts-Minister in der Regierung, Pedro Silva Pereira, hatte dies erklärt und dabei an die Enzyklika "Caritas in Veritate" (2009) erinnert.

Nach der Ankunft am Dienstag um 11 Uhr in Lissabon und nach der Willkommenszeremonie im Jeronimos-Kloster absolviert der Papst zuerst einen Höflichkeitsbesuch bei Staatspräsident Anibal Cavaco Silva im Palacio de Belem. Nach einer Pause ist anschließend ein Gottesdienst mit mehreren Zehntausend Gläuibgen am Terreiro do Paco geplant.

Der Mittwoch beginnt mit einem Treffen mit Vertretern der Kultur im Belem-Kulturzentrum. Zu Mittag ist die Begegnung mit Ministerpräsident Jose Socrates in der Nuntiatur vorgesehen. Mit einem Hubschrauber fliegt der Papst am Nachmittag nach Fatima, wo eine feierliche Vesper mit Priestern, Ordensleuten, Seminaristen und Diakonen aus aller Welt in der Santissima-Trinidade-Kirche auf dem Programm steht. Den Abschluss bildet eine Lichtersegnung im Marienheiligtum und ein Rosenkranzgebet in der Erscheinungskapelle.

Die große Pilgermesse beginnt am Donnerstag, dem Christi-Himmelfahrts-Festtag, um 10 Uhr. Am Abend sind ein Treffen mit den Caritas-Mitarbeitern und mit den Bischöfen vorgesehen.

Den Freitag widmet Benedikt XVI. den Gläubigen im Norden des Landes. Höhepunkt ist die feierliche Messe um 10.15 Uhr auf der Avenida dos Aliados in der Hafenstadt Porto.

Theologenpapst und Wunderglaube

Fatimas Ortsbischof Antonio Augusto dos Santos Marto hätte den Papst gerne schon zum 90-Jahr-Jubiläum 2007 empfangen, für den Vatikan hatten aber bislang andere Ziele Vorrang. Seine 15. Auslandsreise führt Benedikt XVI. nun an jenen Ort in Zentralportugal, dessen Namen unlösbar mit jenen dunklen "Geheimnissen" verbunden ist, die drei Hirtenkinder mitten im 1. Weltkrieg von der Gottesmutter empfingen.

Benedikt XVI., der Theologenpapst, der beständig von der Einheit von Vernunft und Glaube spricht, reist - überspitzt formuliert - an einen Ort, der wie kein anderer in Europa für Wunderglauben und angstvolle Spekulationen steht, der aber auch ein Ort tiefer Frömmigkeit ist.

Fatima ist eine Institution in Portugal. Zu Tausenden pilgern jedes Jahr Menschen aus allen Landesteilen zu Fuß in die Kleinstadt im rauen Hügelland von Santarem. Sie kommen, um Gelübde zu erfüllen und Bitten vorzubringen, sie opfern Kerzen und Gebete, verharren nächtelang kniend am Heiligtum. Längst nicht alle sind das, was man praktizierende Katholiken nennt, die sonntags in die Messe gehen und sich den Kirchengeboten verpflichtet fühlen. Doch die Muttergottes von Fatima zieht sie in ihren Bann.

Am 13. Mai wird der Papst an der Gnadenstätte beten. An diesem Datum im Jahr 1917 erschien hier die Muttergottes, Johannes Paul II. überlebte am 13. Mai des Jahres 1981 die Schüsse von Ali Agca auf dem Petersplatz - und vor genau zehn Jahren sprach Johannes Paul II. zwei der drei Seher - Jacinta und Francisco Marto - selig.

Als Hirtenkinder hatten die drei Botschaften der Madonna empfangen, Mahnungen zu Umkehr und Gebet. Das legendenumwobene "Dritte Geheimnis von Fatima" wurde erst im Jahr 2000 veröffentlicht - von Kardinal Joseph Ratzinger auf Anordnung von Johannes Paul II.

Der Text sprach von einem in Weiß gekleideten Bischof, der unter den Kugeln von Soldaten zusammenbrach - eine Szene, die den Anschlag auf Johannes Paul II. vorwegzunehmen schien. Ratzinger deutete die düstere Apokalypse als Sinnbild für den Weg der Kirche durch das 20. Jahrhundert.

Salomonische Position zu Fatima

An wunderhaften Marienerscheinungen scheiden sich auch unter Katholiken die Geister. Joseph Ratzinger bezog in seinem Fatima-Kommentar eine salomonische Position: Für ihn sind solche Visionen "keine Frage einer normalen äußeren Sinneswahrnehmung", aber auch nicht bloß fromme Einbildung: Die Seele der Seher, so Ratzinger, wird "von etwas Realem berührt, auch wenn es jenseits der Sinne liegt".

Ebenso fügen die Visionen der christlichen Offenbarung nichts Neues hinzu. Sie sollen zum Evangelium zurückführen - als eine Hilfe, die jedem angeboten ist, die aber niemand annehmen muss.

Benedikt XVI. hat damit praktisch alle großen europäischen Marienwallfahrtsorte besucht: Tschenstochau, Altötting (2006), Mariazell (2007), Loreto (2007) und Lourdes (2008). Fatima bildet damit gewissermaßen einen Schlusspunkt. Die Botschaft dieses Ortes nannte er einmal die "prophetischste Vision der Moderne"; gemeint war die Warnung vor der Entfremdung vom Glauben. Es ist gut denkbar, dass der Papst von Fatima aus in diesem Sinn einen Bekehrungsruf an den ganzen Kontinent richten will.

(Quelle: kathpress.at)

Linktipp
_ Offizielle Website "Papa Bento XVI. Portugal 2010" zum Papstbesuch in Portugal