Als deutliche Botschaft, "dass es kein Widerspruch ist, zugleich ein gläubiger Muslim und ein stolzer Österreicher zu sein" wertet Integrationsminister Sebastian Kurz das neue Islamgesetz. Der neue Gesetzesentwurf wurde diese Woche präsentiert und geht nun in Begutachtung. Mit dem Gesetz werden aktuelle Rechte und Pflichten der Islamischen Religonsgesellschaften in Österreich neu geregelt und deren Verhältnis zum Staat auf moderne Beine gestellt.

Im "Großen und Ganzen zufrieden" ist der Pressesprecher der Islamisch Alevitischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IAGÖ), Riza Sari, mit dem Entwurf des neuen Islamgesetzes. Schließlich beinhalte das Gesetz  "fast alle der von den Aleviten im Zuge der Verhandlungen geforderten Punkte".

Pro und contra
Erleichterung habe vor allem die Aufnahme von fünf alevitischen Feiertagen in den Gesetzestext gebracht, durch welche alevitische Schüler nun die Möglichkeit bekommen würden, an diesen Tagen dem Unterricht entschuldigt fernzubleiben. Probleme gebe es aber nach wie vor bei der institutionellen Ausbildung von alevitischen Geistlichen. So könne bei den Aleviten prinzipiell nicht jeder in das Amt eines Geistlichen eintreten, da er vielmehr nachweislich von der Prophetenfamilie abstammen müsse. Daher sei eine Ausbildung im Rahmen der wissenschaftlichen Institutionen der islamischen Theologie schwierig.

Änderungen
Betroffen von dem neuen Gesetz als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaften sind die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) sowie die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (ALEVI). Die Islamisch-schiitische Glaubensgemeinschaft (SCHIA) hat den Status einer staatlich eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft.

Das neue Gesetz sieht u.a. vor, dass die internen Wahlen der Religionsgesellschaften transparent und nachvollziehbar sein müssen. Die Religionsgesellschaft muss das Kultusamt über derartige Vorgänge informieren. Bei strafrechtlicher Verurteilung von mehr als einem Jahr oder bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit müssen Funktionsträger von der Religionsgemeinschaft abberufen werden. Seelsorger in staatlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Militär oder Justizanstalten müssen eine akademische Ausbildung vorweisen und von der einer islamischen Religionsgemeinschaft die Erlaubnis haben. 

Rechte und Pflichten neu definiert
Das neue Gesetz sieht auch eine in Österreich verortete Ausbildung in islamischer Theologie für hier tätige Imame vor. Islamische Friedhöfe sind weiters auf Dauer einzurichten. Islamische Feiertage sind religionsrechtlich zu schützen, freilich nicht arbeitsrechtlich. „Es werden sowohl Rechte als auch Pflichten neu definiert. Klares Prinzip dabei ist, dass staatliches Recht Vorrang vor religiösem Recht hat“, so Kanzleramtsminister Ostermayer. „Der Neugestaltung, die nun als Begutachtungsentwurf vorliegt, sind sehr intensive Gespräche mit den Vertretern der Musliminnen und Muslime in Österreich vorausgegangen“, so Ostermayer. Der Entwurf sei vom zuständigen Kultusamt erarbeitet worden und mit jenen Ministerien, die davon betroffen sind, akkordiert und mit dem Integrationsminister abgestimmt.

Finanzierung
Der laufende Betrieb einer Religionsgesellschaft muss künftig aus dem Inland finanziert werden. Eine einmalige Zuwendung aus dem Ausland wie etwa eine Erbschaft sei grundsätzlich nicht ausgeschlossen, erläuterte Kurz, die Verwaltung dieses Vermögens müsse dann aber im Inland erfolgen. Auch "lebende Subventionen" seien von der Regelung umfasst, also auch Imame. Derzeit gebe es rund 300 Imame in Österreich, etwa 65 davon sind Angestellte des türkischen Religionsamtes, so Kurz auf Nachfrage. Diese könnten laut Gesetz in Zukunft in dieser Form nicht mehr in Österreich tätig sein. Mit der Regelung solle "Einflussnahme aus dem Ausland" bestmöglich verhindert werden, so Kurz.

Schächten und die Glaubenslehre
Die Religionsgesellschaften dürfen Nahrungsmittel nach ihren Glaubensregeln erzeugen lassen; bei der Verpflegung von Muslimen beim Bundesheer, in Haftanstalten oder öffentlichen Krankenhäusern ist auf diese Speiseregelungen Rücksicht zu nehmen. Schächten ist demnach erlaubt, die näheren Bestimmungen dazu finden sich im Tierschutzgesetz.  Das neue Gesetz verpflichtet die Religionsgesellschaften weiters dazu, ihre Glaubenslehre darzulegen. Weiters sind islamische Vereine, und davon gibt es in Österreich zahlreiche, deren Zweck in der Verbreitung der Religionslehre - wie es der IGGiÖ und der ALEVI zukommt - besteht, binnen sechs Monaten aufzulösen oder sie konzentrieren sich auf andere Vereinszwecke wie etwa soziale Aufgaben.

Der Entwurf für die Novelle des Islamgesetzes ist nun bis 7. November in Begutachtung. Laut Ostermayer soll das neue Gesetz mit Jahresbeginn 2015 in Kraft treten, wobei teilweise Übergangsbestimmungen vorgesehen sind. Das derzeit gültige Islamgesetz stammt aus dem Jahr 1912, eine Novellierung galt seit langem als überfällig. (red/kathpress)