Lebendigkeit, Mut und Bescheidenheit - diese Eigenschaften verspricht die Sozialethikerin und Armutsforscherin Magdalena Holztrattner der Kirche, wenn sie sich auf Arme einlässt, von ihnen lernt und sogar missionieren lässt. Mit dieser Forderung findet sie sich in guter Gesellschaft: von Jesus über den heiligen Franziskus bis zum derzeitigen Papst.

Die katholische Kirche sollte nach den Worten von Magdalena Holztrattner, Leiterin der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe), von den Armen lernen, ja sich sogar von ihnen missionieren lassen: Sie würde dadurch lebendiger, mutiger, zärtlicher und bescheidener sein und das Evangelium eher verwirklichen, erklärte die Sozialexpertin am Sonntag bei einer Veranstaltung der Katholischen Männerbewegung in Fernitz (Steiermark). Um dieses Ziel zu erreichen, müsse die Kirche Risiken in Kauf nehmen, wie etwa den Verlust von Privilegien, der Freundschaft der Mächtigen, den Status der Herrschenden und die "Dominanz des moralischen Zeigefingers".

Die Sozialethikerin und Armutsforscherin verwies auf den Wunsch von Papst Franziskus nach einer "armen Kirche der Armen", von dem in ähnlicher Form bereits Johannes XXIII. und das Zweite Vatikanische Konzil gesprochen hätten. Ähnlich sei auch die in der Befreiungstheologie der 1970er- und 1980er-Jahre postulierte "Option für die Armen" eine "theozentrische" Entscheidung gewesen - nämlich die, "die Menschen ernst zu nehmen, bewusst für sie Partei zu ergreifen, nach den Ursachen von Armut zu forschen und im Blitzlichtgewitter der Ungerechtigkeit nicht stumm zu bleiben", so Holztrattner.

Einen kirchlichen Fokus auf Armut bezeichnete die Sozialakademie-Leiterin als "nur selbstverständlich", zeichne doch die Bibel einen Gott mit großer Liebe zu den "Kleinen", der zudem "barmherzig ist, Gerechtigkeit fordert und sich allen Menschen zuwendet". Dokumentiert seien im Alten und Neuen Testament auch die "Hilfeschreie aller Bedrängten, die Gottes Hilfe haben erfahren dürfen", verwies Holztrattner etwa auf die Sklavenarbeiter in Ägypten oder die "großen Frauengestalten Hagar und Tamar". In Jesus sei diese Weltzuwendung Gottes noch intimer geworden. "Mit ihm wird klar: Wenn du Gott lieben willst, musst du auch den Menschen lieben", betonte die Sozialexpertin.

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