Predigt von Pfarrer Josef Schwab beim Begräbnis von Dekan i. R. Anton Nenning am 17. März 2011.

„Ich habe mein Bestes gegeben. Ich bin bis zum Ende treu geblieben“.

Pfarrer Josef Schwab

Diese Worte des Apostels dürfen wir auch über das Leben von Dekan Nenning schreiben. Ich verwende den Titel Dekan, das wollte er selber. Auch wenn er zum Monsignore und Prälaten ernannt wurde, was ihn sehr gefreut hat, so hat er von diesen Titeln nie Gebrauch gemacht.

Anton entstammt einer großen bäuerlichen Familie aus Hittisau-Bolgenach. Am 31. August 1914 kam er zur Welt. Seine Eltern wallfahrteten unzählige Male zur Antoniuskapelle ins Lecknertal. Vom franziskanischen Heiligen Antonius, dem Kapellenpatron, bekam er auch seinen Namen. Zeit seines Lebens ist er dem franziskanischen Wesen treu geblieben. Sein Leben war von Jugend an geprägt von apostolischem Eifer für das Reich Gottes.

Dank den Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern
Im geistlichen Testament fügt Dekan Nenning einen Dank an viele Menschen an, die ihn begleitet und beschenkt haben: „Eltern, Geschwister, Verwandte, Wohltäter, Lehrer, Priester, Freunde, Helfer und Helferinnen in der Seelsorge. … In der Priesterausbildung war es besonders der Regens Dr. Paul Rusch, der spätere Bischof. Der Liturgieprofessor Josef Andreas Jungmann hat uns die Ehrfurcht und Liebe zur Liturgie eingepflanzt. Mein Prmizpfarrer Josef Meusburger war ein besonders kreativer Helfer und Freund.
Ich kann die priesterlichen Freunde und Laienmitarbeiter nicht alle nennen, die in den Jugend-, Männer- und Unternehmerrunden und in der Pfarr- und Dekanatsseelsorge und in der Diözese mich ertragen und gestärkt haben.
Die beiden guten Geister im Hause – Hilda Bilgeri und Maria Hagspiel – und viele, die sie unterstützt haben, waren Perlen der Hilfsbereitschaft und Geduld.
In meiner Pensionszeit in Au habe ich im Pfarrer und den Schwestern von St. Josef und vielen freundlichen Leuten gütige Hilfe gefunden.
So wie ich es verstehen konnte, wollte ich nie jemanden beleidigen, aber wie unvollkommen war doch mein Dienst vor Gott und vor euch allen. Dafür bitte ich um Verzeihung und danke euch für euer fürbittendes Gebet.“

Als Kaplan und besonders als Jugendseelsorger ging es ihm darum, junge Menschen innerlich zu bilden nach dem Evangelium und sie aus diesem Geist zu befähigen zur Mitgestaltung der Familie, des Dorfes, des Betriebes – überhaupt des Milieus. Die jungen Leute sollen schwimmen lernen, aber das Wasser muss gereinigt werden. Am Dreischritt Sehen-Urteilen-Handeln, gelernt bei Guardini, Cardaijn und Paulus Rusch, richtete er sein ganzes Wirken aus.

Als Landesjugendseelsorger initiierte er Aktivistenrunden im ganzen Land. Und am Bau des Jugendhauses Arbogast, das 1960 eröffnet wurde, war er maßgeblich beteiligt.

Als Pfarrer und Dekan galt sein ganzes Bemühen der Verkündigung und der Entdeckung und Förderung der Charismen zum Aufbau der Gemeinde. Wenn gelegentlich über den Niedergang gejammert wurde, machte er aufmerksam, was alles an Gutem geschieht. Er bewahrte sich den Blick für die vielen kleinen Aufbrüche und Dienste. Durch 25 Jahre, von 1964-1989, hat er als Pfarrer St. Martin geformt und geprägt. Seine Predigten enthielten immer wieder tiefe Einsichten und gaben wertvolle Anstöße. Bibelunterweisung war ihm ein ständiges Anliegen. Still, unauffällig und mit großer Selbstdisziplin ging er seiner Arbeit nach.

Ich habe ihn während meiner 15 Kaplansjahre in St. Martin als einen wohlwollenden, aufmerksamen und hilfsbereiten Chef erfahren. Die Liturgie war ihm ein Herzensanliegen. Er förderte verschiedene liturgische Dienste, besonders auch den Kirchenchor, der ihn zum Ehrenmitglied ernannte.

Dekan Nenning war ein Mann des Gebetes, man sah ihn öfters mit dem Rosenkranz in der Hand. Wöchentlich besuchte er alte und kranke Menschen.
Er hat solide studiert und sich ständig weitergebildet. In seinen Pensionsjahren in Au hat er Literatur aus den verschiedenen theologischen Fachbereichen, die ihm Wegbegleiter waren, durchgearbeitet, exzerpiert und kommentiert. Dafür hat er noch mit 75 Jahren den Umgang mit dem PC erlernt. Zu seinem 90. Geburtstag gab er das Ergebnis in 5 umfassenden Heften heraus, eine Art Vermächtnis. Schon zu seinem 80er erschien das Buch „Diener zur Freude“.
Es war sein Wunsch, in St. Martin verabschiedet und im Priestergrab bei uns beigesetzt zu werden. Wohnte und wirkte er doch an die 40 Jahre in Dornbirn, fast immer in St. Martin.

Christus in die Mitte - um ihn herum baut sich Gemeinde auf
Neben manchen baulichen Tätigkeiten war sein großes Werk die Umgestaltung dieses Kirchenraumes im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils. In Emil Steffann fand er einen einfühlsamen Architekten und in Dr. Georg Weber einen tatkräftigen Mitstreiter. Schon 1967, 2 Jahre nach Beendigung des Konzils, wurde der Umbau in Angriff genommen. 1969 an Martini, ich war frisch als Kaplan hier, war Altarweihe.Das Konzept war: Christus in die Mitte, um ihn herum baut sich die Gemeinde auf. Und diesen geistlichen Aufbau hat Dekan Nenning mit ganzer Kraft gefördert und unterstützt.

Wenn er auch öfters ernst drein geschaut hat, Anton konnte humorvoll sein und auch geistreiche Witze erzählen. Er war diskret. Wenn er Kritik anzubringen hatte – und er konnte energisch sein – dann dort, wo sie hingehörte. Er ging gern auf Wallfahrten, u.a. nach Einsiedeln und Assisi. Er war ein stiller Wohltäter. Großzügig unterstützte er Priesterpatenschaften und die Missionsarbeit.

Seit nunmehr 43 Jahren betreut Maria Hagspiel seinen Haushalt. Maria, selbst gesundheitlich gezeichnet, ist bis zur letzten Stunde an seiner Seite gewesen. Und im letzten Jahr, als er selber kaum mehr lesen konnte, hat sie ihm Vieles vorgelesen. Für den treuen Dienst ein besonderer Dank! Die 22 Jahre in Au machte er, solange es ging, Seelsorgeaushilfen und Krankenbesuche.

Auf Gott hören
Das Evangelium von Martha und Maria (Lk 10, 38-42 ) habe ich ausgewählt, weil Dekan Nenning in seinen Schriften ausführlich darauf eingeht. Im Lukasevangelium stehen die Erzählung vom barmherzigen Samariter und der Besuch Jesu bei Martha und Maria unmittelbar hintereinander. Beide Texte ergänzen einander.

Ich lasse Dekan Nenning selber zu Wort kommen:

„Der Samariter findet und pflegt den Verletzten am Weg; die Tempeldiener schauen weg und gehen vorbei. Der Dienst am Armen ist ebenso wichtig wie der Tempeldienst, will Jesus sagen. Der Samariter macht keinen Unterschied zwischen Juden und Samaritern; er fragt nicht nach Volkszugehörigkeit und Religion. Jeder Mensch ist mein Nächster und bekommt Hilfe, wenn er sie braucht. So werden wir alle Brüder und Schwestern. In diesem Beispiel übersehen die Tempeldiener den Dienst am Nächsten.

Im zweiten Text ist eine andere Gefahr beschrieben: bloße Betriebsamkeit, verkörpert durch Martha, genügt nicht, wenn ihr die richtige Einstellung fehlt, die beim Hören  Maria geschenkt wird. Das übersieht Martha. Sie übersieht Jesus und sein Wort, sein Evangelium. Sie tut Vieles und versäumt die kostbare Stunde, in der Jesus da ist. Er spricht vom guten Vater im Himmel, dem wir all unsere Kräfte verdanken, der unserem Leben erst den eigentlichen Sinn gibt.
Unser Leben kann ins Leere laufen, wenn wir nicht zwischendurch auf Gott hören und Jesu Botschaft aufnehmen. Jesus will uns anleiten, damit unser Tun sinnvoller wird. Unser Leben bekommt Perspektive und mehr Qualität.“

Gottesdienst als Friedensdienst
Im geistlichen Testament spricht Dekan Nenning vom großen Geschenk der Eucharistie, vom Wort Gottes, das unser Leben verändert, vom großen Dankgebet für die Heilstaten Gottes, von der Stärkung in der Kommunion. Der Gottesdienst wird zum Friedensdienst. Er schreibt: Wie dankbar bin ich, dass ich ihn wirken durfte – die Brüder und Schwestern besuchen, ihre Nöte kennen lernen, und mit vielen Helfern und Helferinnen die Menschen leiblich und seelisch aufrichten, sie in der Krankheit trösten und in den Tod hinein begleiten, ja selber bereit werden, Krankheit und Tod anzunehmen und mit dem hl. Franziskus sprechen: „Sei gelobt, mein Herr, durch unseren Bruder, den leiblichen Tod. Kein Lebender kann ihm entrinnen. Weh denen, die sterben in Todsünden! Selig, die sterben geborgen in deinem heiligsten Willen. Lobet und preiset meinen Herrn in Dankbarkeit, und dienet ihm in großer Demut!“ So wird aus der Danksagung die Anbetung im Gottesdienst und im Leben.

Lieber Herr Dekan Anton Nenning, im Namen so vieler Menschen, die du begleitet, ermutigt und aufgerichtet hast, insbesondere im Namen der Pfarrgemeinde St. Martin und des Dekanates Dornbirn sage ich dir: Vergelts Gott!
Josef Schwab