Ecuador, Bolivien, Paraguay. Vom 5. bis 12. Juli bereist Papst Franziskus drei Länder seines Heimatkontinentes, in denen sich die gegenwärtigen politischen, wirtschaftlichen und ethnischen Probleme verdichten. Sein dichtes Reiseprogramm umfasst sowohl politische Anliegen als auch Fragen rund um Frieden und soziale Gerechtigkeit.

Zum Auftakt seiner Südamerika-Reise ist Papst Franziskus am Sonntag 15 Uhr Ortszeit (22 Uhr österreichischer Zeit) in Ecuadors Hauptstadt Quito von einer Million Menschen begeistert empfangen worden. In seiner Begrüßungsansprache auf dem Flughafen mahnte Franziskus mehr Rechte für indigene Völker ein. Vor allem die "am meisten verletzlichen Minderheiten" und die schwächsten Glieder müssten stärker an Fortschritt und Entwicklung teilhaben.

Ecuadors Staatspräsident Rafael Correa begrüßte den Papst mit einer herzlichen Umarmung. Er forderte in seiner Begrüßungsrede ein Umdenken in der globalen Wirtschaftspolitik. "Politik und Wirtschaft müssen sich in den Dienst des menschlichen Lebens stellen", so der Linkspolitiker. Derzeit würden die Märkte von reichen Staaten aus dem Norden dominiert, die überwiegend christlich geprägt seien; sie diktierten die Bedingungen. Zudem äußerte sich Correa in lobenden Worten über die jüngste Umwelt-Enzyklika des Papstes. Er sprach von einer großen Übereinstimmung der Anliegen.

Nach Schätzungen ecuadorianischer Medien befanden sich am Sonntagnachmittag (Ortszeit) rund eine Million Menschen auf den Straßen, um den aus Argentinien stammenden Papst zu begrüßen. Viele Menschen warfen Blumen auf den offenen Jeep.

Ähnlich wie bei der Wahl seiner Reiseziele in Europa, wo der Papst bislang bewusst "an die Ränder" ging, ist auch diesmal die Zusammenstellung keineswegs zufällig. In den drei Ländern Ecuador, Bolivien und Paraguay verdichten sich symbolträchtig die bis heute ungelösten ethnischen, wirtschaftlichen und politischen Probleme Südamerikas. Alle drei haben Erfahrungen mit Kriegen, Putschen und Diktaturen. Verschlossene Eliten, politische Instabilität, Streiks sowie ethnische und geografische Zerrissenheit zwischen den Landesteilen haben mit dazu beigetragen, dass diese Länder arm geblieben sind.

Mit einem jährlichen Brutto-Inlandsprodukt, das in Bolivien unter 2.500 Euro pro Kopf liegt und auch in Ecuador und Paraguay trotz verbesserter Rohstoffexporte noch nicht 5.000 Euro erreicht hat, liegen sie weit abgeschlagen hinter den vergleichsweise "reichen Vettern" in Argentinien, Brasilien und Chile. Dort ist das Pro-Kopf-Einkommen mehr als dreimal so hoch.

Für den Argentinier Franziskus ist insbesondere der Besuch in Bolivien und Paraguay daher nicht einfach ein Heimspiel: Zehntausende Armutsmigranten aus beiden Ländern suchen bei den reicheren Nachbarn Arbeit und Brot - und sie werden oft nicht gut behandelt. Auch der innerlateinamerikanische Rassismus spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle: In Argentinien und Chile dominieren die weißen Nachfahren der Europäer auch zahlenmäßig. In Bolivien und Paraguay sind es die kleineren und dunkelhäutigeren Nachfahren der Ureinwohner, die Guarani oder Ketschua sprechen; viele von ihnen können weder lesen noch schreiben. Auch in Ecuador ist der Anteil der Indigenen besonders hoch. Hinzu kommt noch eine beträchtliche afroamerikanische Minderheit.

Doch der weiße, italienischstämmige Besucher aus Argentinien wird für die mehrheitlich katholischen Ecuadorianer, Bolivianer und Paraguayer über alle Rassengrenzen hinweg vor allem der Papst sein. Sein charismatisches Auftreten und seine den Armen zugewandte Botschaft verfehlten ihre Wirkung nicht. Die linken, indigenen Präsidenten von Ecuador und Bolivien, Rafael Correa und Evo Morales, haben zum Papstbesuch zu nationaler Versöhnung aufgerufen. Sie setzen einige Hoffnung darauf, dass angesichts des Besuchs aus Rom die notorische Neigung der politischen und gewerkschaftlichen Akteure zu Streiks, Besetzungen und Blockaden wenigstens für ein paar Tage oder Wochen zur Ruhe kommt.

Ein ganz anderes Interesse hat Horacio Cartes, der 2013 gewählte konservative Staatspräsident Paraguays. Zwar ist er durch demokratische Wahlen an die Macht gekommen; doch haftet ihm noch immer der Makel an, dass sein Vorgänger, der einst populäre linke Armenbischof Fernando Lugo, 2012 vom Parlament in einem Hauruck-Verfahren entmachtet wurde. Ein Händedruck oder gar eine Umarmung vom "Papst der Armen" könnte Cartes' nationales und internationales Ansehen festigen.

Der wohl ungewöhnlichste Programmpunkt der Reise ist ein Gastauftritt des Papstes beim "Zweiten Welttreffen der Volksbewegungen" im bolivianischen Santa Cruz. Das erste Treffen dieser Art, bei dem unter anderen Landlosen-Vereinigungen, Bürgerinitiativen, Bauerngewerkschaften und Umweltgruppen mitmachten, hatte 2014 in Rom stattgefunden - auf Einladung des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden. Prominentester Gastredner war damals Boliviens Präsident Morales - mit einer Ansprache zum Thema "Wie können wir den Kapitalismus beenden?"

Das Reiseprogramm des Papstes zeigt, dass es ihm bei seiner ersten größeren Lateinamerika-Reise nicht nur um die politische Dimension geht, also um Frieden und soziale Gerechtigkeit. Indem er eine Kinderklinik, ein Altenheim und einen Brennpunkt wie das berüchtigte bolivianische Riesengefängnis Palmasola besucht, zeigt er, wo er die sozialen und humanen Aufgaben der Kirche sieht.

Doch auch die Frömmigkeit ist ihm wichtig. An sieben Tagen wird der fünf große Gottesdienste halten und mehrere Wallfahrtskirchen und Kathedralen aufsuchen. Die erste dieser Kirchen, in der er öffentlich beten wird, ist das erst 2009 erbaute Heiligtum der Göttlichen Barmherzigkeit in Guayaquil: ein Ort, der bestens passt zu seinem "Evangelium der Barmherzigkeit".

kathpress / red