Antwerpen ist dieses Jahr jene Stadt, in der das Treffen der Gemeinschaft Sant'Egidio stattfindet. Rund 300 Personen aus Kirche, Politik und Gesellschaft sind gekommen, um sich mit dem Thema des Treffens auseinander zu setzen. Dieses ist hochaktuell: "Frieden ist die Zukunft - Religionen und Kulturen im Dialog hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg".

Papst Franziskus hat die Religionen zu gemeinsamem Engagement für den Frieden aufgerufen. "Wir müssen Friedensstifter sein, und unsere Gemeinden müssen Schulen des Respekts für Menschen anderer Ethnien oder Religionen und des Dialogs sein", schrieb er in seiner Grußbotschaft an das Friedenstreffen der Gemeinschaft Sant'Egidio, das derzeit in Antwerpen stattfindet. Religiöse Gemeinschaften sollten Lernorte für die Überwindung von Spannungen, für den Aufbau gerechter und friedlicher Beziehungen zwischen Menschen und sozialen Gruppen und für den Aufbau einer besseren Zukunft sein, so seine Forderung.

Bei dem am Sonntag eröffneten internationalen Treffen in Antwerpen "Friede ist die Zukunft - Religionen und Kulturen im Dialog hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg" sind bis Dienstag mehr als 25 Einzelveranstaltungen und Diskussionsrunden geplant. Rund 300 Personen aus Kirche, Politik und Gesellschaft nehmen teil, darunter der scheidende EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der ägyptische Großmufti Shawki Ibrahim Abdel-Karim Allam sowie der polnische Schriftsteller Zygmunt Baumann. Die Botschaft des Papstes wurde vom Antwerpener Bischof Johan Jozef Bonny verlesen.

Wie Franziskus hervorhob, sei Krieg nie ein zufriedenstellendes Mittel, um Unrecht zu beseitigen und ausgewogene Lösungen für politische und soziale Streitigkeiten zu erreichen. Vielmehr treibe er die Menschen in eine kaum kontrollierbare Gewaltspirale und zerstöre, was ganze Generationen mit Mühe aufgebaut hätten. "Krieg schafft eine Kulisse für noch größere Ungerechtigkeiten und Konflikte", so der Papst. Angesichts so viel Leids und "sinnlosen Abschlachtens" - heute so wie 1914/18 - könne man nicht tatenlos zusehen.

Die Religionen könnten wesentliche Beiträge für Frieden leisten, besonders durch die "Macht des Gebetes" und des Dialogs, hob der Papst hervor. Gebet und Dialog seien miteinander verknüft und bereicherten einander. Er hoffe, dass das Gebets- und Dialogtreffen in Antwerpen die Welt erinnere, dass die Suche nach Frieden und gegenseitigem Verstehen durch das Gebet "bleibende Verbindungen der Einheit schmiedet und den Kriegseifer besiegt". Krieg sei nie notwendig oder unvermeidbar: "Es gibt immer einen anderen Weg - jenen des Dialogs, der Begegnung und der ehrlichen Suche nach Wahrheit", so der Papst.

Ex-Minister fordert Fatwa gegen IS


Der frühere pakistanische Minister für Minderheiten, Paul Bhatti, rief bei der Veranstaltung in Antwerpen religiöse Führer weltweit zu einer gemeinsamen Fatwa gegen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) auf. Durch eine solche Verurteilung auf internationaler Ebene könnten die Terroristen unter Druck gesetzt werden, sagte Bhatti am Montag.

Zudem müssten die Regierungen den religiösen Oberhäuptern eine Plattform für Gespräche bieten. Diese könnten dann gemeinsam Vorschläge gegen die weltweite, im Namen der Religion ausgeübte Gewalt erarbeiten, die von den Staats- und Regierungschefs umgesetzt werden könnten, forderte Bhatti. Der Katholik war zeitweilig Amtsnachfolger seines 2011 von Islamisten ermordeten Bruders Shahbaz Bhatti. Vergangenen Februar floh er selbst nach Italien, nachdem er Todesdrohungen erhalten hatte.

Riccardi: Kein Krieg "im Namen Gottes"


Der Friede sei eine "zu ernste Angelegenheit, um nur wenigen Menschen überlassen zu werden", betonte am Sonntagabend der italienische Historiker und Sant'Egidio-Gründer Andrea Riccardi. Krieg oder Gewalt könnten sich nie darauf berufen, im Namen Gottes zu geschehen, so der Friedensaktivist. Damit Friede heute nicht Wunschdenken bleibe, seien Dialog und religionsübergreifende Allianzen gegen Terrorismus nötig.

Die aktuellen Kriege in Nahost und Osteuropa würden in ihrer Form sowohl gegen die Genfer Konvention über die Behandlung von Gefangenen und Kriegsopfern als auch gegen die Menschenrechte verstoßen, so Riccardi. Im Irak werde eine Grausamkeit gezeigt, die "bisher von den Tätern stets versteckt wurde, nun aber als Waffe in einer globalisierten Welt eingesetzt wird". Die Demütigung von Männern und Frauen, die aus ihren Häusern verschleppt und unbekleidet durch Erschießung oder noch üblere Weisen getötet würden, sei das schreckliche Gesicht des Terrors.

Jesidin: UNO muss im Irak handeln


Standing Ovations erhielt die irakische Parlamentarierin Vian Dakheel, die als Vertreterin der Jesiden im Irak von den jüngsten Verfolgungen gegen Angehörige ihrer Religion berichtete. Sie schilderte die Massaker, Entführungen, Gewalttaten gegen Frauen, Kinder und wehrlose ältere Menschen, die ihrer bereits über 5.000 Jahre alten Religion angehören. 3.000 Jesiden seien von den IS-Milizen ermordet worden oder auf dem Sinjar-Berg verhungert oder verdurstet, 5.000 weitere entführt worden. Zudem habe die Terrormiliz Hunderte Mädchen vergewaltigt oder um 150 Dollar als Sklavinnen verkauft, berichtete Dakheel.

An die UNO appellierte die jesidische Parlamentsabgeordnete, sie müsse nun über ihr Menschenrechtskommitee und ihren Sicherheitsrat eine Untersuchung des Massakers an den Jesiden einleiten, da dies die Asylprozesse für die in westliche Länder geflohenen Jesiden wesentlich erleichtern könne. Friedenstruppen sollten weiters die Gewaltakte gegen die Minderheiten im Nordirak stoppen, damit humanitäre Hilfe in die Regionen Sindschar und Ninive gelangen könne. "Zudem müssen die 5.000 vom IS entführten Jesidenfrauen und -kinder wieder befreit werden", so Dakheel.

kathpress