Istanbul, Pecs und Essen bieten breites Spektrum von der 13-Millionen-Einwohner Metropole am Bosporus über die kleine südungarische "Stadt ohne Grenzen" bis zum Kohlerevier, das seinen Charakter und sein Image ändert

Pecs (KAP) Mit Istanbul, Pecs und Essen gibt es nach Linz und Vilnius im Jahr 2010 gleich drei Kulturhauptstädte Europas, die auch religiös Interessierten viel zu bieten haben. Zusätzlich zu dem regelmäßigen Doppel einer Stadt aus einem "alten" und einem "neuen" Mitgliedsland wurde erstmals auch ein Bewerber aus einem Nicht-EU-Mitglied ausgewählt. So spannt sich ein breiter Bogen von der 13-Millionen-Einwohner-Metropole Istanbul über die Industriestadt Essen, die ihre Aktivitäten in der ganzen Ruhr-Region mit rund 5,3 Millionen Einwohnern entfaltet, bis zu Pecs, der an kulturellem Erbe reichen fünftgrößten Stadt Ungarns mit rund 170.000 Einwohnern.

Österreich geografisch und kulturell am nächsten ist Pecs in der ungarischen Region Süd-Transdanubien. Die auf Deutsch Fünfkirchen (von lat. "Quinque Ecclesiae") genannte Stadt gilt als eine der schönsten Ungarns, sie ist seit der Zeit des Heiligen Stephan Bischofssitz und Standort der 1367 gegründeten ältesten Universität Mitteleuropas. Pecs ist auch Zentrum der Donauschwaben und Heimat von neun ethnischen Minderheiten mit eigenen Selbstverwaltungen. Als Motto wählte man "Borderless City" - grenzenlose Stadt. Auf das historische Miteinander von Christen und Muslimen sowie Minderheiten wie Deutsche, Roma, Serben und Kroaten ist man in Pecs besonders stolz. Mit seinem ausgiebigem Friedhofskomplex aus spätrömischer Zeit und ausgemalten frühchristlichen Grabkammern wurde Pecs in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. Der Dom stammt aus dem Hochmittelalter und wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Stil des Historismus umgebaut und vergrößert. Pecs birgt weiters die Moschee des Paschas Jakowali Hassan, das am besten erhaltene muslimische Bauwerk in Ungarn mit einem 23 Meter hohen Minarett. Architektonisch bemerkenswertes Zeugnis der dritten abrahamitischen Weltreligion ist die heute noch betriebene, im romantischen Stil errichtete große Synagoge. Weitere Sehenswürdigkeiten sind der Bischofspalast, das Nationaltheater und der prachtvolle Zsolnay-Brunnen im Jugendstil auf dem Hauptplatz.

Istanbul: "most inspiring city

Mit dem Slogan "The most inspiring city in the world" (Die inspirierendste Stadt der Welt) wirbt Istanbul für das Kulturhaupstadtjahr. Die mehr als zwei Jahrtausende alte Metropole am Bosporus hat ein 270-Millionen-Euro-Budget aufgestellt, das zu 65 Prozent in Renovierungs- und Bauprojekte fließen soll, die das reiche kulturgeschichtliche Erbe von byzantinischen Kaisern und osmanischen Sultanen sichern sollen und die Hagia Sophia ebenso betreffen wie das Topkapi Museum. Eines der erklärten Ziele der Veranstalter lautet, die jährlich rund sieben Millionen Touristen auf zehn Millionen zu steigern. Die in Istanbul boomende Gegenwartskunst- und Kulturszene fühlt sich laut Medienberichten jedoch zu wenig in das Kulturhauptstadtprogramm einbezogen.

In der zum Weltkulturerbe gehörenden Essener Zeche Zollverein startet das Kulturhauptstadtjahr 2010 am 9. Jänner mit einem Open-Air-Fest und Herbert Grönemeyers Kulturhauptstadt-Lied "Komm zur Ruhr". Die 580.000 Einwohner-Stadt Essen möchte sich als modernes Wirtschafts-, Kultur- und Dienstleistungszentrum präsentieren und gemeinsam mit der ganzen Region des Ruhrgebiets dem Klischee des "grauen Kohlepotts" ein buntes, lebendiges Bild der Gegenwart gegenüberstellen. Dafür soll "Ruhr.2010" mit 300 Projekte und 2.500 Veranstaltungen das Motto "Wandel durch Kultur - Kultur durch Wandel" in alle 53 Ruhrgebietsstädte tragen.

Essen hat aber auch ein reiches religiöses Erbe: Den Fürstäbtissinnen des im 9. Jahrhundert für die Töchter des sächsischen Adels gegründeten Stiftes Essen verdankt die Stadt den bedeutenden Essener Domschatz. Im Mittelpunkt steht die Goldene Madonna; um das Jahr 980 entstanden, ist sie das erste voll plastische Abbild der Gottesmutter und gilt als eines der bedeutendsten Kunstwerke des Abendlandes.

(Im Bild rechts: die Kathedrale von Pecs)