Die "Oikocredit" war laut Vorstandsvorsitzendem Püspök 2009 die am schnellsten wachsende Bank Österreichs

Wien (KAP) Ethische Geldveranlagung verzeichnete in Österreich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise imposante Zuwächse: Die im Bereich der Mikrokredite seit 1990 tätige "Oikocredit Austria" war im Jahr 2009 die am schnellsten wachsende Bank Österreichs. Zugleich habe man dazu beitragen können, in vielen Entwicklungsländern Menschen Armut zu "ersparen", freute sich Vorstandsvorsitzender Peter Püspök, der frühere Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, bei einer Pressekonferenz letzten Freitag in Wien. Er habe in seinem Leben bereits viele Bilanzen präsentiert, aber noch nie eine so positive wie diesmal, sagte Püspök.

Die Zahl der Anleger bei der Oikocredit Austria stieg im Vorjahr von 1.120 auf 1.660 (das sind plus 48 Prozent), beim veranlagten Kapital fiel die Steigerung mit einem Plus von 66 Prozent - von 9,2 auf 15,2 Millionen Euro - sogar noch deutlicher aus. Püspök: "Die schmerzhaften Verluste, die viele Österreicher im Zuge der Finanzkrise hinnehmen mussten, scheinen das Bewusstsein für sozial nachhaltige und sichere Anlageformen in Österreich gestärkt zu haben." In keinem anderen Land habe die Oikokredit so hohe Zuwachsraten wie in Österreich, auch wenn der Plafond im Vergleich zu Deutschland oder den Niederlanden noch lange nicht erreicht sei

Kleinkredit als Hilfe zur Selbsthilfe

Das Prinzip von Oikocredit: Das Geldinstitut vergibt Mikro- und Projektkredite an Bedürftige in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa, die sonst keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen hätten. Die Angebotspalette erweiterte sich zuletzt um "Mikrosparen", Versicherungen und Leasingmodelle. Die Kreditnehmer erhalten in der Regel zwischen 50 und 1.500 Dollar und haben durchschnittlich drei Jahre Zeit, sich damit eine Existenzgrundlage zu schaffen. Die Rückzahlungsmoral ist dabei erstaunlich hoch: Nur zwei Prozent der Kreditsummen mussten zuletzt als uneinbringlich abgeschrieben werden, informierte Ben Simmes von der Oikocredit-Zentrale in den Niederlanden.

Wer dieses Modell hierzulande mit einer Geldanlage ab 200 Euro unterstützt, verzichtet damit zugunsten des entwicklungspolitischen Anliegens auf große Renditen. Laut Simmes schüttet Oikocredit seit 20 Jahren lediglich zwei Prozent aus - das aber verlässlich: Die Bank mit dem bemerkenswerten Eigenkapitalanteil von 90 Prozent und einem in Österreich gratis arbeitenden Vorstand räumt Sicherheit statt Finanzspekulationen höchste Priorität ein, und jeder Investor kann sein Geld jederzeit wieder zurückfordern. Die Geldgeber sind vor allem private Kleinanleger, darunter - wie Püspök sagte - auch viele kirchennahe Institutionen wie Pfarren oder NGOs.

Problematische Entwicklungen

Ben Simmes, Direktor für soziale Leistungsfähigkeit und Finanzanalyse bei Oikocredit International, machte auch auf problematische Entwicklungen am Mikrofinanzmarkt aufmerksam: Dieser sei in den vergangenen Jahren enorm gewachsen mit jährlichen Zuwachsraten zwischen 40 und 60 Prozent, es gebe in Ländern wie Indien mittlerweile konkurrierende Unternehmen, wodurch ein Kleinkreditnehmer gleich mehrere Male Geld aufnimmt - und dann nicht mehr zurückzahlen kann. Simmes und sein Team arbeiten derzeit daran, die soziale Nachhaltigkeit im Bereich der Mikrofinanzierung wissenschaftlich zu messen und globale Standards zu etablieren. Überschuldung und mangelnde Transparenz sollen somit vermieden werden.

Klaus Gabriel, Theologe am Wiener Institut für Sozialethik und Fachmann für ethische Geldanlage, bestätigte den Trend, dass sich am Mikrofinanzmarkt neben entwicklungspolitisch motivierten Unternehmen zunehmend auch renditeinteressierte "Player" tummeln würden. Das ursprüngliche Anliegen effizienter Armutsbekämpfung werde dadurch "verwässert".

Dennoch, so Püspök, seien Mikrokredite nicht der einzige, aber ein wesentlicher Faktor beim globalen Kampf gegen Armut. Diese Form der Hilfe zur Selbsthilfe könne Bedürftigen helfen, eine stabile Lebensgrundlage aufzubauen. Bereits 17,5 Millionen Menschen weltweit würden davon profitieren.

Informationen unter www.oikocredit.at

(Quelle: Kathpress; Bild rechts oben: Börsenparkett der New York Stock Exchange 2008)