Bei der Sommertagung der Katholischen Frauenbewegung wurde auf einen "Systemwandel im großen Stil" gedrängt. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Frauen. Denn es brauche eine neue Verbindung von Theorie und Praxis und einen feministischen Blick auf Politik und Wirtschaft könnten auch die Länder Europas vertragen. Deshalb: Frauen ermächtigen!

Angesichts der "ungebrochen neoliberalen Ausprägung" der Wirtschafts- und Finanzpolitik müssen Nichtregierungsorganisationen den Druck erhöhen und auf einen "Systemwandel" im großen Stil drängen: So lautete das Resümee der Sommerstudientagung der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), die am vergangenen Wochenende im burgenländischen Schlaining endete. Gerade im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) würden die "krassen Schieflagen" sichtbar, die der Neoliberalismus mit seinen Ungleichverteilungen von Ressourcen und Lebenschancen zeitigt, heißt es in einer Presseaussendung der kfbö am Montag.

Ein Anzeichen für den geforderten Systemwandel sei etwa die Absage an eine reine Politik des wirtschaftlichen Wachstums. Noch sei jedoch ein solcher Paradigmenwechsel etwa bei der Welthandelsorganisation (WTO) oder beim Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht erkennbar, so die zuständige Fachreferentin in der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz für Internationale Entwicklung und Mission (KOO), Hilde Wipfel. Um den Wandel zu erreichen, müsse der Hebel in gleicher Weise bei den Themen Steuerflucht, Steuerhinterziehung und Korruption angesetzt werden, erklärte Wipfel. Treibende Kraft müsse dabei die Zivilgesellschaft sein, da diese die Aufgabe habe, "gegenüber Politik und Wirtschaft Kontrolle zu üben", aber auch innovativ voranzugehen.

Dass solches Graswurzel-Engagement Erfolge hervorbringen kann, zeige etwa die heurige Unterschriftenkampagne der "Aktion Familienfasttag": Zur solidarischen Unterstützung der politischen Arbeit in Indien konnten laut kfbö mehr als 34.000 Unterschriften gesammelt werden - geplant war eine Kampagne mit rund 5.000 Unterschriften.

Indischer Bischof warnt vor "Feminisierung der Armut"

Das Zauberwort einer solchen Arbeit am Systemwandel lautet "Empowerment" (Ermächtigung). Im Fokus stehen dabei in der EZA immer häufiger die Frauen als Träger von Entwicklungsprozessen. In Indien setze man in der Entwicklungsarbeit seit den 1990er Jahren auf ein solches Konzept der "Ermächtigung", berichtete bei der Studientagung der indische Bischof und langjährige indische Caritas-Präsident, Bischof Yvon Ambroise. Gemeinsam kämpfe man heute vermehrt auch gegen internationale Wirtschaftunternehmen, die durch die Einrichtung etwa von "Wirtschaftszonen" sozial und rechtlich deregulierte Zonen schaffen, um - unter dem Deckmantel der Schaffung von Arbeitsplätzen - Ausbeutung insbesondere von Frauen zu betreiben. Dies sei letztlich eine Bewegung der "Entmächtigung", die "eine Feminisierung der Armut vorantreiben und das zivilgesellschaftliche Engagement schwächen", so Bischof Ambroise.

"Empowerment" sei jedoch nicht nur ein auf Entwicklungsländer beschränktes Konzept - auch europäischen Länder könnten einen feministischen Blick auf Politik und Wirtschaft vertragen, ermutigte Bischof Ambroise die österreichischen Bischöfe zu einem Fokus auf "gender policy". Theorie und Praxis müssten zum Gelingen eines Systemwandels eine neue Verbindung eingehen, so Ambroise unter Verweis auf das Konzept des "organischen Intellektuellen" von Antonio Gramsci, das Theoriebildung, Praxis und intersubjektive Begegnung miteinander verbindet.

Wandel beginnt beim Einzelnen

Bei einem Gottesdienst im Rahmen der kfbö-Studientagung unterstrich der burgenländische Bischof Ägidius Zsifkovics, dass der geforderte Wandel letztlich bei jedem Einzelnen beginne: "Mit jeder Einzelner von Euch und mit allen, die sich so wie Maria auf Gott einlassen können, wird unsere Welt eine Spur besser", so Zsifkovics.

Zugleich erinnerte der Bischof an die zahlreichen aktuellen Krisenherde: "Politische oder religiöse Fanatiker treten Gottes Liebesbotschaft mit Füßen, Andersgläubige werden verfolgt, vertrieben oder hingerichtet; die Aufrüstung der Worte und der Waffen ist wieder aktuell geworden; Konzerne beuten Natur und Umwelt aus, während auf der anderen Seite der Hochsicherheitszäune Kinder verhungern und ganze Völker von der Landkarte verschwinden." Grund zur Hoffnung bestehe dennoch, so Zsifkovics, "solange der liebende Gott und die Erinnerung an ihn nicht von der Erde verschwunden sind."