Bereits zum 90. Mal wird am Sonntag der Weltmission weltweit gesammelt - um 1.100 Diözesen zu unterstützen. Jahresschwerpunkt ist die Stärkung von Frauen in Indien.

Um die Unterstützung der insgesamt 1.100 sogenannten "Missionsdiözesen" im globalen "Süden" - sowie in einem speziellen Jahresschwerpunkt um die Stärkung von Frauen in Indien - geht es am bevorstehenden "Sonntag der Weltmission". In allen Pfarren wird dafür am 23. Oktober gesammelt, oft begleitet von Vorträgen, festlichen Gottesdiensten mit exotischer Musik und Fairtrade-Schokolade-Ständen. Die Sammlung wird weltweit durchgeführt. Pater Karl Wallner, neuer Nationaldirektor der für die Durchführung zuständigen Päpstlichen Missionswerke (missio), sprach am Mittwoch in Wien vom "größten gemeinsamen sozialen Werk des Planeten". 

Wie die Spenden aus Österreich umgesetzt werden, machen zwei Projektpartner aus Indien deutlich. So ist etwa die "sanfte" Entwicklung von strukturell kaum erschlossenen Landregionen durch nachhaltige Bio-Produktion Ziel der kirchlichen NGO "Peermade Development Society" (PDS) im Bundesstaat Kerala. "Wir wollen besonders Frauen, Ureinwohner und Kleinbauern stärken, da diese die am meisten ausgebeuteten Gruppen der Gesellschaft sind", erklärte PDS-Geschäftsführer P. Mathew Hubby. Sein Hilfswerk - nach 36 Jahren die größte NGO Südindiens - hat in 36 Jahren die finanzielle Situation hunderttausender Menschen verbessert und zur hohen Alphabetisierung Keralas beigetragen. 

2.100 Gewürz- und 1.100 Teebauern produzieren für PDS Kakao, Tee, Cashewnüsse, Muskatnuss und Gewürze. Mit Bio-Landbau, Schulungen und Mikrokrediten für die beteiligten Kleinbauern, Forschung, ständig neuen Technologien und gemeinsamem Marketing, Fairtrade-Lizensierung und Export hat die nicht profitorientierte Organisation den internationalen Durchbruch geschafft: Den schwarzen "Tellycherry"-Pfeffer bewirbt sogar der britische Starkoch Jamie Oliver. 

Zur Förderung der Frauen - die bei der PDS-Belegschaft die Mehrzahl stellen - wurde in den Dörfern ein gigantisches Netzwerk von bereits 2.000 Selbsthilfegruppen ins Leben gerufen; jede Gruppe umfasst 10 bis 20 Frauen, die sich wöchentlich treffen, Schulungen erhalten und so "im Selbstwert gestärkt werden und begleitet werden dabei, finanziell unabhängiger zu sein", wie P. Hubby darlegte.

Kampf gegen Kinderheirat

Ein auf die Rechte von Frauen und Kinder der Dalit-Ureinwohner spezialisiertes Projekt sind die Ausbildungs- und Gesundheitsprogramme der Kongregation der Schwestern vom Guten Hirten im Bezirk Guntur an der Westküste Indiens (Bundesstaat Andhra Pradesh). "Die Frauen der Dalit-Gemeinden sind dreifach benachteiligt: Aufgrund ihrer Armut, ihrer Zugehörigkeit zur Kaste der Unberührbaren und da sie Frauen sind", berichtete Projektleiterin Schwester Aruna George vor den Journalisten in Wien. 

Besondere Aufmerksamkeit verdient laut Darstellung der Ordensfrau die Situation der Mädchen: Viele haben keinen Zugang zur Bildung, tragen stattdessen als Tagelöhner zum geringen Verdienst ihrer Familie bei und werden schon 14-jährig oder noch jünger verheiratet, arrangiert in der Regel durch die Eltern, zudem stürzt der Brauch der weiblichen Mitgift Familien oft in Armut. Die dramatischen Folgen sind hohe Mütter- und Kindersterblichkeit, Kindsmorde an weiblichen Babys, Eltern, die Töchtern Nahrung oder medizinische Versorgung verweigern, bis hin zu Suiziden. "Es gibt Gesetze gegen Kinderheirat und Mitgift, die aber zahnlos sind, da es an politischem Willen zur Umsetzung und am Bewusstsein in der Bevölkerung fehlt", so Sr. Aruna. 

Ihr Orden gehe vom Grundsatz aus, "dass jede Einzelperson wertvoll ist, Respekt verdient und ihre Menschenwürde zurückbekommen muss, wenn sie verletzt ist", berichtete Sr. Aruna. Den nötigen sozialen Wandel strebe man vor allem über Bildungsmaßnahmen an, etwa durch eigene Programme zur Schulvorbereitung und für Schulaussteiger, durch Stipendien für Mädchen aus Dalit-Familien, durch Kurse, die für den Arbeitseinstieg und für die Selbstbestimmung nötigen Kompetenzen stärken, sowie durch "Kinderparlamente", in denen Buben und Mädchen gemeinsam Probleme formulieren und Lösungen finden. 

Ein von Österreich unterstütztes Heim hilft Mädchen, die auf der Straße leben, bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Eine ebenfalls geförderte Telefonhelpline kämpft gegen Kinderarbeit und Kinderprostitution. Sr. Aruna: "Jährlich werden damit 700 Kinder gerettet". 

"Tag, an dem jeder etwas tun kann"

Der Weltmissionssonntag feiert heuer den 90. "Geburtstag": 1926 hatte Papst Pius XI. mehrere bestehende Missionsaktivitäten unter einem gemeinsamen Siegel zusammengefügt. Damals lebten noch 80 Prozent der Katholiken in Europa und Nordamerika, während es in Afrika und Asien kaum einheimische Priester und Bischöfe gab. Die Weltkirche sei seither erst "dank Unterstützung der Päpstlichen Missionswerke entstanden", legte P. Karl Wallner die Bedeutung des Weltmissionssonntags dar. Um den ganzen Globus würden sich heute Katholiken an der Aktion beteiligen - "auch in Tanzania, Iran oder etwa Indien", so der Ordensmann aus Heiligenkreuz.

Heute müsse man sich in Österreich um eine Wiederbelebung und "Verjüngung" der Aktion und auch des Glaubens bemühen, so die Ansage des erst seit September im Amt befindlichen missio-Chefs P. Karl Wallner. In vielen Pfarren fehle es an Engagierten, die sich das Anliegen der "Umverteilungsaktion" zueigen machen. "Wir brauchen wieder neue Dynamik, neue Ideen und vermehrtes Bewusstsein, dass der Weltmissionssonntag ein Tag ist, an dem jeder etwas tun kann - und dass die geleistete Hilfe keine Einbahnstraße ist", so der Zisterzienser. Schließlich würde die Kirche in Österreich "mehr missionarische Dynamik" erhalten, "wenn wir uns vom lebendigen Glauben der Gemeinden Afrikas und Asiens anstecken lassen".

Für missio kündigte Wallner bei der Pressekonferenz eine Profilschärfung an. Das "Alleinstellungsmerkmal" müsse in Österreich wieder mehr ins Bewusstsein gerückt werden, was u.a. auch durch eine Neubelebung der Facebook-Aktivitäten gelingen soll. "Pfarren sind Netzwerke der Liebe, und gläubige Menschen automatisch aus ihrer Gottesliebe heraus motiviert zur Nächstenliebe, die auch konkret werden muss", so der Nationaldirektor. Er selbst sei über die Großzügigkeit von Menschen auch mit wenig eigenem Vermögen gegenüber der Kirche in ärmeren Ländern beeindruckt. 

kathpress