Dort, wo sonst die Oberhirten der Weltkirche sitzen, reihten sich in den letzten Tagen Europaparlamentarier, Minister, Diplomaten und Funktionäre an katholischen Bischöfen und Vertretern anderer christlicher Kirchen. Gemeinsam wurde im Vatikan über den "christlichen Beitrag zum europäischen Projekt" nachgedacht. Oder wie es der Papst nennt: "Europa wieder eine Seele geben"

"(Re)thinking Europe". Beim Dialogkongress der Kommission der katholischen Bischofskonferenzen in der EU (ComECE) war der Name gleich Programm. Rund 350 Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft aus allen 28-EU-Staaten hatten an der Dialogveranstaltung im Vatikan teilgenommen.

Frage der Verantwortung

"Von einem christlichen Beitrag zur Zukunft des Kontinents zu sprechen, bedeutet vor allem, sich die Frage unserer Aufgabe als Christen heute in diesen im Lauf der Jahrhunderte so reich durch den Glauben geprägten Ländern zu stellen. Welche Verantwortung haben wir in einer Zeit, in der das Angesicht Europas immer mehr von einer Pluralität von Kulturen und Religionen gekennzeichnet ist, während das Christentum für viele als ein fernes und fremdes Element aus der Vergangenheit wahrgenommen wird?" stellte Papst Franziskus in seiner Rede zentrale Fragen.

Zahlen statt Menschen

"Der erste und vielleicht größte Beitrag", den die Christen dem heutigen Europa bringen können, sei es, daran zu erinnern, dass es "nicht eine Ansammlung von Zahlen oder Institutionen ist, sondern aus Menschen besteht", betonte Franziskus. Leider spreche man heutzutage oft von Migranten, sondern von Quoten. Nicht von Arbeitern sondern von Wirtschaftsindikatoren. Und die konkrete menschliche Person werde so auf ein abstraktes, bequemeres und beruhigenderes Prinzip reduziert.

Dabei binde uns das Personensein an die anderen, und lasse uns Gemeinschaft werden. Der zweite Beitrag, den die Christen zur Zukunft Europas beisteuern können, ist also die Wiederentdeckung des Sinns für die Zugehörigkeit zu seiner Gemeinschaft, betonte Papst Franziskus.

Die Gemeinschaft im Fokus

"Eine Europäische Union, die bei der Bewältigung ihrer Krisen nicht den Sinn wiederentdeckt, eine einzige Gemeinschaft zu sein, die sich unterstützt und hilft, und nicht ein Gebilde kleiner Interessengruppen, verlöre nicht nur eine der wichtigsten Herausforderungen ihrer Geschichte, sondern auch eine der größten Chancen für ihre Zukunft", fasste Papst Franziskus bei seinen Abschlussworten zusammen.  (red/kathpress)