Er gibt seinen Glauben nicht an der Garderobe ab, sondern er ist ihm Kompass und Gerüst für seine Aufgabe als Außenminister Deutschlands. Dafür wurde Frank-Walter Steinmeier als erster Politiker mit dem Ökumenischen Preis der Katholischen Akademie in Bayern ausgezeichnet.

Die Preisverleihung fand am Montag in München statt. Der 60-jährige Sozialdemokrat stiftete das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro dem Flüchtlingsnetzwerk Brandenburg, wo er seinen Bundestagswahlkreis hat. Der mit einer Katholikin verheiratete Protestant ist designierter Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags 2019 in Dortmund.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, würdigte den Außenminister bei der Verleihung als "Mann des öffentlichen Lebens, der aus seiner Religiosität weder Aufsehen noch einen Hehl macht". Steinmeier arbeite "mit Beharrlichkeit und Ausdauer daran, die teils alten, festen Verknotungen in Konflikten und Streitigkeiten geduldig aufzudröseln - im Gefüge der Staaten und Völker ebenso wie zwischen Konfessionen und Religionen". Insbesondere widerspreche Steinmeier "der allzu einfachen These, Islam und Demokratie seien unvereinbar".

Der deutsche Außenminister würdigte in seiner Dankesrede die christlichen Kirchen als "Vorreiter der Idee", Verschiedenheit zu versöhnen. "Die friedliche Vielfalt der Kirchen kann ein Beispiel sein für die Gesellschaft Europas insgesamt", sagte Steinmeier. Gerade jetzt, wo der Ton rauer werde, das "Haus Europa" Risse zeige und Populisten der Abschottung das Wort redeten, müssten Christen "noch viel deutlicher werden" und "neue Wege des Dialogs" beschreiten.


"Glaube dient als Kompass und Gerüst"


Zugleich unterstrich Steinmeier die Orientierungskraft des Glaubens auch für die Politik: "Der Glaube dient mir aber als Kompass und Gerüst, gerade bei hohem Entscheidungsdruck, und ich gebe ihn auch nicht an der Garderobe ab, wenn ich morgens ins Büro komme". Dennoch müsse eine notwendige Distanz zwischen der persönlichen Überzeugung und dem politischen Handeln bestehen bleiben: "Politik macht man am Ende nicht mit der Bibel in der Hand. Ich glaube nicht, dass es für eine entsprechende Erbschaftssteuerregelung die richtige Antwort in der Heiligen Schrift gibt", sagte der Außenminister.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, rief die Christen auf, sich politisch zu engagieren. Dafür sei es "höchste Zeit". Der christliche Glaube sei "absolut unvereinbar mit Rassismus und Nationalismus", betonte der Münchner Erzbischof. Die biblische Botschaft von der die Grenzen von Rassen, Religionen und Geschlechtern überschreitenden gleichen Würde aller Menschen sei "die größte Revolution", die Europa je erlebt habe.

Die Ökumenische Stiftung der Katholischen Akademie in Bayern wurde von dem Rechtsanwalt Hanns Gierlichs (1907-1993) zum Andenken an seine Eltern Wilhelm und Antonie Gierlichs errichtet. Bisherige Preisträger waren vor allem Theologieprofessoren und Bischöfe verschiedener Konfessionen.

kathpress