Seit das Datum ins Bewusstsein der Medien - und damit auch der Gesellschaft - gerückt ist, klingen Diskussionen um das eine "kleine" Wort mit großer Bedeutung nicht ab: Völkermord. Denn am 24. April gedenken die Kirchen Österreichs gemeinsam der Opfer des Völkermords vor 100 Jahren an den Armeniern, den Christen der syrischen Tradition sowie der Opfer der griechischen Christen des Pontus und Ioniens. Oder, wie es Papst Franziskus formulierte: des "ersten Genozids des 20. Jahrhunderts".

Die Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz im Wortlaut

"Was sich damals vor allem in Anatolien, aber auch in anderen Teilen des Osmanischen Reichs ereignete, war eine der größten Katastrophen der Christenheit in ihrer ganzen Geschichte",  heißt es in einer offiziellen Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz. Noch seien viele Archive in unterschiedlichen Ländern nicht zur Gänze ausgewertet, aber es zeichne sich ab, dass die von armenischen Historikern seit jeher genannte Zahl von 1,5 Millionen in den Jahren 1915 bis 1923 getöteten Armeniern der Realität entspriche, ebenso wie die Zahl von 500.000 syrisch-christlichen Opfern des "Seyfo", der "Zeit des Schwerts", wie dieser furchtbare Vorgang der Verachtung der ursprünglichsten Menschenrechte in der syrischen Tradition genannt werde.

Hoffnung auf Versöhnung
"In der republikanischen Türkei ist der Völkermord an den armenischen und den syrischen Christen bedauerlicherweise Jahrzehnte hindurch geleugnet worden. Es zeigen sich aber in der türkischen Zivilgesellschaft neue Entwicklungen, die Auswirkungen auch im politischen Bereich haben und Hoffnung auf Versöhnung geben", erklärt die Österreichische Bischofskonferenz. In der Historiographie gebe es Bemühungen um eine neue Objektivität; in den letzten Jahren sei es üblich geworden, dass in türkischen Städten am 24. April - dem Jahrestag der großen Verhaftungsaktion unter der armenischen Elite Konstantinopel/Istanbuls, mit der im Jahr 1915 der Genozid begann - Solidaritätsmärsche zum Gedenken an die "verschwundenen" armenischen Mitbürger stattfinden.

Klare Worte aus Österreich
"Die Leugnung des Völkermords an den Armeniern - und den syrischen Christen - hat bis heute dramatische Auswirkungen. Es soll nicht vergessen werden, dass die Begrifflichkeit und juristische Definition des Völkermords auf das tragische Geschick des armenischen Volkes ab 1915 zurückgeht", findet die Österreichische Bischofskonferenz, ebenso wie Papst Franziskus, klare Worte. Auch Österreich hat mit der Bezeichnung des Massakers an den Armeniern als Völkermord ein Zeichen gesetzt. "Aufgrund der historischen Verantwortung ist es unsere Pflicht, die schrecklichen Geschehnisse als Genozid anzuerkennen und zu verurteilen", erklärte das Parlament. Die Regierung in Ankara rief daraufhin ihren türkischen Botschafter aus Österreich zurück und sah die Beziehung zu Wien dauerhaft beschädigt. Die Reaktion des türkischen Botschafters lesen Sie hier

Ein Blick in die Geschichte
Am 24. April 1915 hatten Einheiten der osmanischen Geheimpolizei in Istanbul hunderte armenische Intellektuelle verhaftet und nach Anatolien deportiert, wo die meisten den Tod fanden. Dies war der Startschuss für den Völkermord an den Armeniern und den Massakern an weiteren Christen syrischer und griechischer Tradition. Die Schätzungen reichen bis zu 1,5 Millionen armenische Todesopfer, sowie bis zu weiteren 500.000 Opfern unter Christen anderer Konfessionen.

Egal welche Worte man für die tragischen Ereignisse 1915 verwendet, Fakt ist, dass es die Menschen heute wieder näher zusammenführt. In Wien findet am 24. April beispielsweise ein Ökumenischer Gottesdienst  im Stephansdom statt. Die Armenisch-apostolische Kirche sprach am 23. April in einem historisch beispiellosen Akt die bis zu 1,5 Millionen Opfer heilig. Auch in Vorarlberg findet eine Filmvorführung statt. (red/kathpress)