Ex-Vizekanzler Androsch präsentierte Text - Caritas sieht wie auch Diakonie "gute Ansätze" - Katholische Jugend: Nicht alle Forderungen "gehen weit genug"

Bernd WachterWien (KAP) In kirchlichen Organisationen großteils positiv aufgenommen wird das vom Industriellen und Ex-Vizekanzler Hannes Androsch am Donnerstag vorgestellte Bildungsvolksbegehren: So erkannte z. B. Caritas-Generalsekretär Bernd Wachter (im Bild links) im Papier "gute Ansätze", die auch die Caritas immer wieder in die generelle Bildungsdiskussion eingebracht habe. Diakonie-Direktor Michael Chalupka nannte als wesentlichsten Punkt im Papier die Forderung nach einer Schule ohne parteipolitische Einflussnahme: An diesem Punk sei in den vergangenen 30 Jahren "vieles gescheitert", hier seien "viele Blockaden zu überwinden", so Chalupka im "Kathpress"-Gespräch.

Als Organisation tragen weder Caritas noch Diakonie das Volksbegehren mit: Das sei nicht die Aufgabe von Hilfsorganisationen, waren sich Wachter und Chalupka einig. Nichtsdestotrotz setze das Volksbegehren aber einen wichtigen Akzent in der Bildungsdebatte, so Wachter im "Kathpress"-Gespräch. Generell wünsche man sich eine möglichst breite Diskussion unabhängig von "parteipolitischen Brillen" sowie einen Fokus auf Lösungsmöglichkeiten, wie Kinder durch Bildung der Armutsspirale entkommen könnten.

Chalupka MichaelChalupka erachtete vor allem als wesentlich, dass es "soziale Durchlässigkeit vom Kindergarten bis zur Universität" sowie eine Binnendifferenzierung im Schulwesen geben soll. "Inhaltlich können wir in vielen Punkten mitgehen. Es sind ja auch viele Punkte enthalten, die wir auch lange schon gefordert bzw. auch schon umgesetzt haben", erklärte Chalupka. So sei man als Schulträger in Wien Vorreiter bei der Neuen Mittelschule gewesen.

Besonders hob Chalupka auch die Gleichstellung von Kindergärten und Schulen hervor: Es sei erfreulich, dass Kindergarten als "Bildungsinstitution" und nicht nur als eine Art "Vorform" für die Vorbereitung auf die Schule wahrgenommen werde. Weiters erfreulich sei die Forderung nach einem Bildungssystem, das einzelne Fähigkeiten und Talente unterstütze und individuell fördere und fordere, erklärte der Diakonie-Direktor. Auch sei die Forderung nach Ganztagesschulen "für die Diakonie eine Selbstverständlichkeit".

 
KJÖ: "Schüler aktiv einbinden"

Zauner MatthiasDie Katholische Jugend Österreich (KJÖ) sah im Papier zum Bildungsvolksbegehren zwar "wesentliche Punkte zur Änderung des Bildungssystems angerissen"; einige Forderungen gingen ihr aber "nicht weit genug". Man unterstütze z. B. die Forderung nach Abschaffung des Sitzenbleibens sowie die flächendeckende Einführung von Ganztagesschulen: "In diesem Zusammenhang vermissen wir jedoch die Sicht der Jugendlichen, wie z.B. die Schaffung von schülerfreundlichen, kreativitätsfördernden Schulgebäuden, die aus Schulen einen echten Lebensraum machen", erklärte KJÖ-Vorsitzender Matthias Zauner in einer Aussendung.

"Auch wird die Partizipation von Schülern im Schulalltag, die extrem wichtig für die aktive Beteiligung am Unterricht ist, mit keinem Wort erwähnt", kritisierte Zauner. Der Weg zu besseren Lernerfolgen führe immer auch über die Eigenmotivation der Kinder: "Hier ist ein Schulsystem gefordert, das Schüler aktiv einbindet." Auf der Lehrerseite bedeute dies "eine hohe Qualität in der Ausbildung mit entsprechender Praxiskompetenz". "Das beste System bringt nichts, wenn es Schüler nicht ernst nimmt", betonte der KJÖ-Vorsitzende.

Ein weiterer Kritikpunkt sei die Präambel des Bildungsvolksbegehrens: "Es hat uns stutzig gemacht, dass die Bildung junger Menschen nicht als Wert an sich dargestellt wird, sondern lediglich auf wirtschaftlichen Wohlstand der Gesellschaft ausgerichtet ist", so Zauner. Ebenfalls fehle ein klares Bekenntnis zum freien Hochschulzugang. Nichtsdestotrotz hoffe man, dass "die Regierung das Bildungsvolksbegehren als Chance sieht, eine umfassende Reform im Bildungssystem umzusetzen, bei der auch Jugendliche ein gewichtiges Wort mitzusprechen haben".

 
Elternvereine für Entpolitisierung

Mandahus StefanAuch Stefan Mandahus, Präsident des Hauptverbands Katholischer Elternvereine Österreichs, fand im Text zum Bildungsvolksbegehren "viele Punkte, die wir gefordert haben bzw. bei denen wir mitgehen können". "Die Entbürokratisierung und Entpolitisierung der Schulen waren für uns ein großer Schwerpunkt", auch seien die Abschaffung der Kollegien der Landesschulräte in das Volksbegehren eingeflossen, berichtete Mandahus im "Kathpress"-Gespräch über die Beteiligung der Elternvereine.

Ebenfalls im Papier enthalten sei die Forderung nach einem flexiblen Rahmen für den Unterricht: Das "Korsett für 50-Minuten-Stunden" solle "gesprengt" werden, zeigte sich Mandahus erfreut. Weiters sei die im Bildungsvolksbegehren eingeflossene Forderung nach einer Überarbeitung des Fächerkanons immer wieder "ein Punkt von großer Wichtigkeit für uns gewesen".

Kritisch hingegen beachtete Mandahus z. B. die Punkte Abschaffung des Sitzenbleibens und das Ende der Nachhilfe sowie ein flächendeckendes Angebot an Ganztagesschulen. Allerdings sei das Bildungsvolksbegehren "ein Kompromisspapier, bei dem man nicht mit jedem Punkt einverstanden sein muss bzw. kann", meinte der Präsident des Hauptverbands Katholischer Elternvereine Österreichs.

 
"Vieles, aber wenig Konkretes"

Familienverband SteindlIm Papier zum Volksbegehren stehe "Vieles, aber wenig Konkretes", kritisierte der Präsident des Katholischen Familienverbands Österreich (KFÖ), Clemens Steindl, gegenüber "Kathpress". "Es wäre sicher besser, sich auf markante Punkte zu konzentrieren und nicht die gesamte Palette, die irgendwie mit Bildung zu tun hat, in ein Volksbegehren zu kleiden."

Für ein "Schulvolksbegehren" sei es zuwenig, "sich lediglich behaglich mitzuteilen", erklärte Steindl mit Bezug auf Goethes "Faust". Trotzdem sei diese Initiative eine wichtige, weil es ihr möglicherweise gelinge, "den Stillstand, der in der schulpolitische Debatte herrscht, aufzubrechen und neue Ideen in die Diskussion einzubringen". Denn grundsätzlich sei das Volksbegehren "Ausdruck einer Unzufriedenheit mit negativen Entwicklungen im Schulbereich" und über einen "Stillstand in weiten Bereichen", weil durch "Politisierung und Ideologisierung die inhaltliche Debatte über eine Schulreform verdrängt" werde.

Der KFÖ-Präsident erklärte, sollte das Volksbegehren eine "parteipolitische Schlagseite" haben oder nur "auf bestimmte Schulformen reduzieren", dann werde er nicht unterschreiben - sehr wohl aber sei er "dabei, wenn es die Chance auf eine prinzipielle Reform eröffnet".

 
KAÖ: "Grundsätzlich gute Sache"

Derschmidt LuitgardAls eine "grundsätzliche gute Sache", die aber "in manchem zu wenig weit geht", bezeichnete die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Luitgard Derschmidt, das Bildungsvolksbegehren. Sie würdigte im Gespräch mit "Kathpress", dass die Anliegen für eine bessere Bildung "umfassend angedacht" seien. Allerdings bedauerte die KAÖ-Präsidentin vor allem das fehlende klare Bekenntnis zu einer "gemeinsamen Schule mit innerer Differenzierung".

Auch stehe bei den Formulierungen im Volksbegehrens-Text die "Wirtschaftlichkeit von Bildung" zu sehr im Vordergrund: "Bildung ist natürlich wichtig für Wirtschaft und Arbeitsmarkt, aber Bildung ist auch etwas subjektiv Wichtiges, das darüber hinausgeht", betonte Derschmidt.

(Quelle: kathpress.at, Bilder: Caritas, Diakonie, KJÖ, HVKEV, KFÖ, KAÖ - Wolfgang Franz / flickr.com)