Und, heute schon gebetet? Das Missionswerk Missio und der Heilige Stuhl setzen gerade alles daran, die tägliche Einkehr auch bei Jüngeren wieder populär zu machen – mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten.

Vielleicht müssen wir noch mal kurz über die Begrifflichkeiten reden: Wie klingen „beten“ oder „Gebet“ in Ihren Ohren? So, als könnten Sie damit anno 2017 bei Teens und Twens so richtig sicher landen...?  Eben. Die päpstliche Wahl des englischen „Pray“ für eine neue App könnte die klügere gewesen sein, schließlich ist die Vokabel spätestens seit Justin Biebers gleichnamigem Song einer breiten Zielgruppe geläufig.

Sie kommen noch nicht ganz mit? Kein Problem; wir fangen vorne an – bei der allfälligen Beobachtung, dass es um die Bekenntnisfreude in den jüngeren Generationen besser bestellt sein könnte. Der des Westens wohlgemerkt, denn in den Gemeinden in Afrika oder Asien gingen auch die Jungen mit Feuer und echte Freude am Glauben auf, wie es in einer Presseaussendung des päpstlichen Missionswerks in Österreich Missio heißt.
Nun... was tun?

Yes, he can!

Beten, meint Missio: „Gott kann“ heißt eine neue Aktion, die eine „Gebetsbewegung entzünden“ will. „Beten Sie jeden Tag ein Gesätzchen vom Rosenkranz für einen konkreten jungen Menschen, der glaubensfern ist“ lautet die einfache Formel für das Heil des Westens. Als Dankeschön gibt’s einen Rosenkranz in den österreichischen Nationalfarben rot-weiß-rot und am Samstag vor dem Weltmissions-Sonntag Ende Oktober – heuer der 21. Oktober – in der Wiener Franziskanerkirche außerdem ein Gebetstreffen für alle, die bei „Gott kann“ mitmachen.

„Ja, aber… wenn die beten, die es ohnehin schon tun… wie finden dann die Jungen zurück in die Kirche – die, die für ähnlich viel Drive sorgen könnten wie in den Gemeinden in Afrika oder Asien?!“ fragen Sie sich?
Sehen Sie: wir uns auch.

Bitte beten Sie jetzt.

Vielleicht hilft die neue päpstliche Gebetsapp „Click to pray“ weiter, die es seit kurzem auch auf Deutsch gibt: Installiert auf Apple- oder Android-Geräten versendet das Programm dreimal täglich einen Gebetsimpuls – ähnlich den Fasten-SMS. Das gestrige Nachmittagsgebet – „Um fröhlich zu leben, müssen wir Gewalt, Zorn und Rache beiseitelassen.“ (Papst Franziskus) Gott, hilf mir dabei, all das loszulassen, was mich davon abhält, in Freude zu leben“ – wurde laut Zähler von 445 Menschen „genutzt“.

Lassen wir diese Zahl für einen Moment außer Acht und konzentrieren uns nur auf den Inhalt… kommt Ihnen das auch so bekannt vor? Versuchen Sie es mal unter dem Hashtag „Mindfulness“ oder „Achtsamkeit“ – Sie werden erstaunt sein, was da so alles durch Blogs, E-Mags, Social-Media-Accounts und die esoterische Literaturlandschaft geistert: „Lerne loszulassen“ raten die Minimalisten, „wie dir Achtsamkeit dabei hilft, in Freude zu leben“ erklären die Yogis – und reichen all denen zwischen 15 und 35 die Hand, die nicht so genau wissen, wohin mit sich in dieser merkwürdigen Welt. Und das mit messbarem, weil monetärem Erfolg.

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Achtsame Menschen „beten“ nicht, sie rekapitulieren am Ende das Tages alle Dinge, die gut waren und besonders schön. Oder sie stehen morgens auf und meditieren über einen Satz, eine Idee, einen Gedanken, Herkunft siehe oben.

Merken Sie was? Gar nicht so weit weg von den Gebetsessenzen des Papstes, oder!
Langer Rede kurzer Sinn: Die Offenheit für spirituelle Impulse gibt es auch in der jungen Generation im glaubensmüden Westen. Mehr als das: sie wird aktiv eingefordert. Nur die Quellen sind andere. Quellen, in denen liturgische Rituale, feste Gebetsformeln, jahrhundertealte Traditionen keine Rolle spielen. Quellen, die unverbraucht wirken, frisch, wie ganz neu entdeckt (auch, wenn sie es inhaltlich freilich kein bisschen sind).

Oder anders formuliert: Wenn es wirklich um die Sache geht – spirituelle Impulse für den Nachwuchs – wäre es da nicht vielleicht sinnvoll, die Verpackung konsequent zu überdenken? Die „Click to pray“-App geht in die richtige Richtung, wenn sie zeitlich individualisierbare, kurze, „Neudeutsch“ formulierte Nachrichten zum Nachdenken liefert. Ob allerdings der missionarische Rosenkranz à la Missio wirklich da ankommt, wo er hinsoll... Fragezeichen. Großes Fragezeichen.

Zum Weiterlesen

Click to Pray, die Gebetsapps des Vatikans: www.clicktopray.org
„Gott kann“, die Gebetsbewegung von Missio: www.gott-kann.at