Gen 29; 30,1-24 - Erzählung aus der Jakobsgeschichte zum Hören

Jakob machte sich auf und zog weiter ins Land der Söhne des Ostens. Eines Tages sah er einen Brunnen auf freiem Feld. Dort lagerten drei Herden von Schafen und Ziegen; denn aus dem Brunnen tränkte man die Herden. Ein großer Stein lag über der Brunnenöffnung. Wenn sich dort alle Herden eingefunden hatten, schob man den Stein von der Brunnenöffnung und tränkte das Vieh. Dann schob man den Stein wieder zurück an seinen Platz über der Brunnenöffnung. Jakob fragte die Leute dort: Meine Brüder, woher seid ihr? Aus Haran, antworteten sie. Da sagte er zu ihnen: Kennt ihr Laban, den Sohn Nahors? Ja, wir kennen ihn, antworteten sie. Weiter fragte er sie: Geht es ihm gut? Sie entgegneten: Ja, es geht ihm gut. Aber da kommt gerade seine Tochter Rahel mit der Herde. Da sagte er: Es ist noch mitten am Tag und nicht die Zeit, das Vieh zusammenzutreiben. Tränkt doch die Tiere, dann geht und weidet weiter! Da sagten sie: Das können wir nicht, bevor nicht alle Herden sich eingefunden haben. Erst dann kann man den Stein von der Brunnenöffnung wegschieben und die Tiere tränken.

Während er sich noch mit ihnen unterhielt, war Rahel mit der Herde, die ihrem Vater gehörte, eingetroffen; denn sie war Hirtin. Als Jakob Rahel, die Tochter Labans, des Bruders seiner Mutter, und dessen Herde sah, trat er hinzu, schob den Stein von der Brunnenöffnung und tränkte das Vieh Labans, des Bruders seiner Mutter. Dann küsste er Rahel und begann laut zu weinen. Jakob sagte zu Rahel, dass er ein Bruder ihres Vaters und der Sohn Rebekkas sei. Da lief sie weg und erzählte es ihrem Vater. Als Laban von Jakob, dem Sohn seiner Schwester, hörte, lief er ihm entgegen; er umarmte und küsste ihn und führte ihn in sein Haus. Jakob erzählte Laban die ganze Geschichte. Da erwiderte ihm Laban: Du bist wirklich mein Bein und mein Fleisch. Als Jakob etwa einen Monat bei ihm geblieben war, sagte Laban zu ihm: Sollst du mir umsonst dienen, weil du mein Bruder bist? Sag mir, welchen Lohn du haben willst.

Laban hatte zwei Töchter; die ältere hieß Lea, die jüngere Rahel. Die Augen Leas waren matt, Rahel aber war schön von Gestalt und hatte ein schönes Gesicht. Jakob hatte Rahel lieb und so sagte er: Ich will dir um die jüngere Tochter Rahel sieben Jahre dienen. Laban entgegnete: Es ist besser, ich gebe sie dir als einem anderen. Bleib bei mir! Jakob diente also um Rahel sieben Jahre. Weil er sie liebte, kamen sie ihm wie wenige Tage vor.

Dann aber sagte er zu Laban: Gib mir jetzt meine Frau; denn meine Zeit ist um und ich will nun zu ihr gehen. Da ließ Laban alle Männer des Ortes zusammenkommen und veranstaltete ein Festmahl. Am Abend nahm er aber seine Tochter Lea, führte sie zu ihm und Jakob wohnte ihr bei. Laban gab seine Magd Silpa seiner Tochter Lea zur Magd. Am Morgen stellte sich heraus: Es war Lea. Da sagte Jakob zu Laban: Was hast du mir angetan? Habe ich dir denn nicht um Rahel gedient? Warum hast du mich hintergangen? Laban erwiderte: Es ist hierzulande nicht üblich, die Jüngere vor der Älteren zur Ehe zu geben. Verbring mit dieser noch die Brautwoche, dann soll dir auch die andere gehören um weitere sieben Jahre Dienst. Jakob ging darauf ein. Er verbrachte mit Lea die Brautwoche, dann gab ihm Laban seine Tochter Rahel zur Frau.

Laban gab seine Magd Bilha seiner Tochter Rahel zur Magd. Jakob wohnte Rahel ebenfalls bei und er liebte Rahel mehr als Lea. Er blieb noch weitere sieben Jahre bei Laban im Dienst. Als der Herr sah, dass Lea zurückgesetzt wurde, öffnete er ihren Mutterschoß, Rahel aber blieb unfruchtbar. Lea wurde schwanger und gebar einen Sohn. Sie nannte ihn Ruben (Seht, ein Sohn!); denn sie sagte: Der Herr hat mein Elend gesehen. Jetzt wird mein Mann mich lieben. Sie wurde abermals schwanger und gebar einen Sohn. Da sagte sie: Der Herr hat gehört, dass ich zurückgesetzt bin, und hat mir auch noch diesen geschenkt. Sie nannte ihn Simeon (Hörer). Sie wurde noch einmal schwanger und gebar einen Sohn. Da sagte sie: Jetzt endlich wird mein Mann an mir hängen, denn ich habe ihm drei Söhne geboren. Darum nannte sie ihn Levi (Anhang). Abermals wurde sie schwanger und gebar einen Sohn. Da sagte sie: Diesmal will ich dem Herrn danken. Darum nannte sie ihn Juda (Dank). Dann bekam sie keine Kinder mehr.

Als Rahel sah, dass sie Jakob keine Kinder gebar, wurde sie eifersüchtig auf ihre Schwester. Sie sagte zu Jakob: Verschaff mir Söhne! Wenn nicht, sterbe ich. Da wurde Jakob zornig auf Rahel und sagte: Nehme ich etwa die Stelle Gottes ein, der dir die Leibesfrucht versagt? Sie antwortete: Da ist meine Magd Bilha. Geh zu ihr! Sie soll auf meine Knie gebären, dann komme auch ich durch sie zu Kindern. Sie gab ihm also ihre Magd Bilha zur Frau und Jakob ging zu ihr. Bilha wurde schwanger und gebar Jakob einen Sohn. Rahel sagte: Gott hat mir Recht verschafft; er hat auch meine Stimme gehört und mir einen Sohn geschenkt. Deshalb nannte sie ihn Dan (Richter). Bilha, Rahels Magd, wurde abermals schwanger und gebar Jakob einen zweiten Sohn. Da sagte Rahel: Gotteskämpfe habe ich ausgestanden mit meiner Schwester und ich habe mich durchgesetzt. So nannte sie ihn Naftali (Kämpfer).

Als Lea sah, dass sie keine Kinder mehr bekam, nahm sie ihre Magd Silpa und gab sie Jakob zur Frau. Leas Magd Silpa gebar Jakob einen Sohn. Da sprach Lea: Glück auf! So nannte sie ihn Gad (Glück). Als Leas Magd Silpa Jakob einen zweiten Sohn gebar, sagte Lea: Mir zum Glück! Denn die Frauen werden mich beglückwünschen. So nannte sie ihn Ascher (Glückskind).

Einst ging Ruben zur Zeit der Weizenernte weg und fand auf dem Feld Alraunen. Er brachte sie seiner Mutter Lea mit. Da sagte Rahel zu Lea: Gib mir doch ein paar von den Alraunen deines Sohnes! Sie aber erwiderte ihr: Ist es dir nicht genug, mir meinen Mann wegzunehmen? Nun willst du mir auch noch die Alraunen meines Sohnes nehmen? Da entgegnete Rahel: Gut, dann soll Jakob für die Alraunen deines Sohnes heute Nacht bei dir schlafen. Als Jakob am Abend vom Feld kam, ging ihm Lea entgegen und sagte: Zu mir musst du kommen! Ich habe dich nämlich erworben um den Preis der Alraunen meines Sohnes. So schlief er in jener Nacht bei ihr.

Gott erhörte Lea. Sie wurde schwanger und gebar Jakob einen fünften Sohn. Da sagte Lea: Gott hat mich dafür belohnt, dass ich meine Magd meinem Mann gegeben habe. Sie nannte ihn Issachar (Lohn). Noch einmal wurde Lea schwanger und gebar Jakob einen sechsten Sohn. Da sagte Lea: Gott hat mich mit einem schönen Geschenk bedacht. Jetzt endlich wird mein Mann bei mir bleiben, da ich ihm doch sechs Söhne geboren habe. Sie nannte ihn also Sebulon (Bleibe).

Schließlich gebar sie eine Tochter und nannte sie Dina. Nun erinnerte sich Gott an Rahel. Gott erhörte sie und öffnete ihren Mutterschoß. Sie wurde schwanger und gebar einen Sohn. Da sagte sie: Gott hat die Schande von mir genommen. Sie nannte ihn Josef (Zufüger) und sagte: Der Herr gebe mir noch einen anderen Sohn hinzu.

 

Es liest Markus Subramaniam vom Vorarlberger Landestheater.

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