Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so leise war es beim zehnten FrauenSalon im Bildungshaus Batschuns. Durchbrochen wurde diese Stille nur von der Stimme der Schauspielerin Brigitte Walk, die aus dem Leben bedeutender Frauen erzählte, von der Musik von Theresia Natter und vom (gelegentlichen) schallenden Gelächter der über 90 Frauen. Das Feiern der Vielfalt der FrauenLebensEntwürfe im 21. Jahrhundert war Thema des Jubiläums-FrauenSalon. Und das geschah dann auch. Mit Sappoh, Johanna von Orleans, Lise Meitner, Gertrude Stein, Billy Holiday, Hedy Lamarr und Anna Stainer-Knittel.

Wir schreiben den 6. Oktober 2010, als in Vorarlberg zum ersten Mal ein FrauenSalon stattfindet. Damaliges Thema: "Vielfalt - Rollenbilder - Lebenswelten: Herausforderungen des 21. Jahrhunderts". Schnell entwickelt sich die Veranstaltung zu einem Erfolgsformat, das - zwei Mal jährlich -  immer aus- bzw. sogar überbucht ist.  Das Politische ins Private und das Private ins Politische bringen und damit zum Thema machen, ist Inhalt des FrauenSalons. Eine Idee, die die VorarlbergerInnen zwar nicht erfunden, aber aus Salzburg übernommen haben. "Gute Ideen ziehen eben Kreise", erklärten Edith Burger und Petra Steinmair-Pösel, die 2008 als Verantwortliche extra an einem FrauenSalon in Salzburg teilnahmen, um das Format zwei Jahre später mit sechs weitere Frauen auch in Vorarlberg aufzubauen.

Gefragt
Damals wie heute ist der FrauenSalon überbucht, egal um welches Thema es sich handelt. Und das waren schon eine ganze Menge. Diese Vielfalt - allerdings die der "FrauenLebensEntwürfe" im 21. Jahrhundert - wurde auch beim zehnten FrauenSalon thematisiert. Auf künstlerische und spielerische Weise näherten sich die Schauspielerin Brigitte Walk und die Musikerin Theresa Natter diesen spannenden, fiktiven und realen Lebensentwürfen. Es waren die Biografien berühmter Frauen wie Sappoh, Johanna von Orleans, Lise Meitner, Gertrude Stein, Billy Holiday, Hedy Lamarr und Anna Stainer-Knittel.

Sappoh und die Heilige Johanna
Den Anfang machte Brigitte Walk mit Sappoh, eine antike griechische Dichterin, die als wichtigste Lyrikerin des klassischen Altertums gilt und von deren Gesamtwerk Schätzungen zufolge nur etwa sieben Hundertstel erhalten sind. Mit ihren Gedichtfragementen, führte Walk die Zuhörerinnen ins sechste Jahrhundert vor Christi und zeigte, dass Sappoh nicht den Haushalt, sondern nur die Erinnerung an Liebe und Lust feierte. Weitaus emotionaler wurde es mit Jeanne d’Arc oder Johanna von Orléans, wie sie im deutschen Sprachgebrauch genannt wird. Eindrucksvoll schilderte und schauspielerte Walk den Lebensweg Johannas und ihr berühmtes Zitat "Habt keine Angst". Sie sei eine selbstbewusste junge Frau gewesen, die in der Aufgabe, die ihr die inneren Stimmen diktierten, aufging - auch als sie kurz vor der Hinrichtung stand. Im Jahr 1909 wurde sie von Papst Pius X. selig- und 1920 von Papst Benedikt XV. heiliggesprochen

Physik und Musik - Lise Meitner
Etwas weiter in die Gegenwart führte die bedeutende österreichische Kernphysikerin Lise Meitner, in deren Leben nicht nur die Bildung, sondern auch die Musik eine große Rolle spielte. 1906 promovierte sie als zweite Frau an der Wiener Universität im Hauptfach Physik und arbeitete später mit Ludwig Boltzmann und Max Planck. Über ihr Privatleben ist nur wenig bekannt, da Meitner persönliche Briefe eliminiert hatte um den Fokus auf ihre Arbeit zu legen. Sie habe es niemals ernsthaft bereit nicht geheiratet zu haben, schreibt sie an ihre Schwester, denn dafür habe ihr imme die innere Bereitschaft gefehlt. Leitner gilt als Pionierin der Radioaktivität, den Nobelpreis erhielt aber Otto Hahn, brachte es Walk auf den Punkt.

Eine Rose ist eine Rose ist ...
Durch Verkomplizierung zu vereinfachen, war das Motto der amerikanischen Schriftstellerin, Verlegerin und Kunstsammlerin Gertrude Stein. Sie führte in Paris einen Salon, in dem damals noch unbekannte wie  Pablo Picasso´oder Henri Matisse verkehrten. Ihre Liebe zum Kubismus drückte sie malerisch aus  und setzte sich über sprachliche und literarische Konventionen hinweg. Stichtwort: "Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose". Als sie am 27. Juli 1946 nach einer Operation aus der Narkose erwachte, wollte sie wissen: "Wie lautet die Antwort?" Niemand der Anwesenden wußte die Antwort. "Und wie lautet dann die Frage?" fragte Gertrude und starb.

Sex, Drugs and Alcohol?
Eine äußerst tragische Figur ist Billie Holiday, die zwar keine musikalische Ausbildung genoss, aber dennoch zu den bedeutendsten Jazzsängerinnen zählt. Nach einer schwierigen Kindheit entschied sich die 14jährige, als Elinore Harris geborene Amerikanerin, fortan Billie Holiday  zu heißen. Er setzt sich zusammen aus dem Vornamen der Schauspielerin Billie Dove und dem Nachnamen ihres Vaters Clarence Holiday. Die späten Vierziger, frühen Fünfziger waren Holidays große Zeit -  dennoch lebte sie nicht lange. Es war geprägt von Gewalt, falschen Männern und falschen Drogen. Als sie 1959 im Alter von 44 Jahre an einer Leberzirrhose starb, hatt sie nur mehr 70 Cent auf dem Konto.

Schauspiel und Technik
Auch die Österreicherin Hedwig Eva Maria Kiesler änderte ihren Namen um den Künstlernamen Hedy Lamarr zu verwenden. Mit dem Film "Ekstase" (1933) verursachte die österreichisch-amerikanische Filmschauspielerin eine Skandal. Der Grund: eine rund zehnminütige Nacktszene und eine  Liebesszene, in der lediglich ihr sexuell erregtes Gesicht zu sehen war. Mit 19 Jahren heiratete sie den reichen Wiener Industriellen Fritz Mandl, einen herrschsüchtigen und eifersüchtigen Mann, der ihr das Filmen verbot und den sie nach vier Jahren Ehe verließ. Lamarr ist aber nicht nur wegen ihrer Filme und Schönheit bekannt. Sie erfand zudem das Frequenzsprungverfahren, das bis heute in der Mobilfunktechnik eine wichtige Rolle spielt.

Durch Mutprobe berühmt: Geierwally
Eine ebenfalls sehr verwegene Frau war die Tirolerin Anna Stainer-Knittel. Hier, so Walk, gehen Wirklichkeit und Fiktion zusammen, denn das Leben der Porträt- und Blumenmalerin diente als Grundlage für den Heimatroman Die Geierwally von Wilhelmine von Hillern und kann als frühes Beispiel weiblicher Emanzipation gelten. Mit siebzehn Jahren erklärte sich Knittel nämlich bereit, an einem Seil hängend einen Adlerhorst in einer Felswand auszunehmen um so zu verhindern, dass der Adler Schafe riss. Fortan wurde sie als "Geierwally" bezeichnet, als eine Unbeugsame, die sogar den Berggeistern trotzt. Zeitlebens habe sie ihr Geld selbst verdient, betonte Walk, auch mit vier Kindern.

Der Exkurs in die Geschichte vieler starken Frauen, hinterließ bei den Teilnehmerinnen ebenso Eindruck, wie Gesang und Klavierspiel von Theresa Natter. Nachdenklich, losgelöst, spannend und elekrisiert war die Stimmung in Batschuns. Und das Erlebte wurde schließlich in anschließenden Gesprächen diskutiert. Wie im Salon eben.