Von Patricia Begle

Fasten und Frauensalon – wie geht das zusammen? Verbinden wir doch mit ersterem Einschränkung und Schwere, während zweiteres uns Leichtigkeit und Genuss verspricht. Der Zweite FrauenSalon Vorarlberg vereinte beides – das Leichte und Erschreckende, er gab dem (Frauen)Leben selber Platz.

Gleich sieben Frauenorganisationen hatten zum Frauensalon geladen. Dementsprechend bunt gemischt zeigten sich die Frauen, die der Einladung nach Batschuns gefolgt waren. Der Saal war gefüllt, die Atmosphäre leicht, die Gesichter voller Erwartung. Das Thema war kein neues - ‚Fasten’ ist schon Jahrzehnte in aller Munde. Neu war die Art und Weise, wie es ins Gespräch gebracht wurde – Statements, Lieder, Fragen – immer verbunden mit konkreten Lebenserfahrungen. Neu waren auch die Verknüpfungen der unterschiedlichen Formen, in denen uns das Fasten heute begegnet.

 
Fasten hat zwei Gesichter

Wenn das Maß nicht stimmt, wenn wir im Zuviel oder Zuwenig, im ‚Über-’ oder ‚Unter-’ leben, dann kommen wir aus dem Gleichgewicht. Wir schwanken, stolpern oder fallen. Irgendwann suchen wir – bewusst oder unbewusst - nach einem Weg zurück in die Balance. Das Fasten ist ein solcher Weg. Allerdings hat er zwei Gesichter, er kann heilsam sein oder zu einem großen, schmerzlichen Umweg werden.

Über diesen Umweg sprach Psychologin Eva Garmusch. Sie war jahrelang in der Betreuung von Menschen mit Essstörungen tätig und weiß um die Ursachen und Symptome solcher Erkrankungen, die sogar zum Tod führen können. Seelische Bedürfnisse wie das Bedürfnis nach Zuwendung und Anerkennung, nach Autonomie und Abgrenzung werden über den Körper gestillt. Dass diese Rechnung nicht aufgehen kann, ist eine Erkenntnis, die sich vielen erst nach einem leidvollen Weg erschließt.

Alice Mansfield ist diesen Umweg selbst gegangen. Heute schreibt sie Lieder darüber und arbeitet als Psychologin mit Menschen, die an Essstörungen leiden. In ihren Stücken, die durch den Abend hindurch begleiteten, ist diese Traurigkeit und Tiefe, aber auch die Lebensfreude und Dankbarkeit hör- und spürbar. An dem Punkt, an dem Alice sich sagte: „Alles ist erlaubt.“, konnte sie damit beginnen, wieder ein normales Verhältnis zum Essen, zu ihrem Körper und zu sich selbst zu finden.

 
"Alles ist erlaubt"

„Alles ist erlaubt.“, ist auch die Grundstimmung in der Arbeit von Karin Zausnig, die als Ernährungswissenschaftlerin und Fastenleiterin tätig ist. Entscheidend beim Fasten ist die Motivation dazu. Liegt sie in der bloßen Gewichtsreduktion, so besteht die Gefahr, dass es zum ‚Leistungssport’ wird und krank macht. Zudem bliebe kein Platz für all jene heilsamen Prozesse, die durch das Fasten ausgelöst und unterstützt werden. Und derer gibt es viele, denn Fasten ist ein ganzheitliches Tun und Lassen, das den Menschen verändert und erneuert.

Fasten kann verglichen werden mit dem Ausräumen eines alten Kleiderschrankes. Das Fasten bringt Klarheit für das, was ich (noch) brauche und was ich weg lassen kann. Nicht nur in Bezug auf das Essen sondern auch wenn es um alte Gewohnheiten, Denk- und Verhaltensmuster geht.  Wenn ich reduziere, was in mich hineingeht, werden meine Sinne empfindsamer, ich spüre meinen Körper, meine Gefühle, meine Bedürfnisse – sie sind dann der Maßstab, nach dem ich mein Leben ausrichte. Sie sind das rechte Maß, denn dieses kommt von innen, nicht von außen.

Der zweite Frauensalon ging über die Bühne – nein, es war keine Performance, von der die Teilnehmerinnen sich berieseln lassen konnten. Vielmehr war es ein Eintauchen in ein Thema, das jede im Innersten berührt. Der Abend machte Mut, sich auf die Suche nach dem eigenen Maß zu begeben – denn der Gewinn ist groß.

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Zum Vormerken

3. FrauenSalon
Das Alter erschafft mich neu. Abenteuer Älterwerden
zu Gast: Heidi Witzig, Historikerin, Autorin von "Wie kluge Frauen alt werden" und Ursel Burek, Tanz- und Psychotherapeutin
Dienstag 11. Oktober 2011 | 19 Uhr | Bildungshaus St. Arbogast