Von Petra Steinmair-Pösel

Steinmair-Pösel PetraWer mit dieser Frau spricht, dem / der wird rasch klar: Hier wirbt nicht eine Vertreterin für irgendwelche Produkte, die sie selbst nie kaufen würde. Hier steht eine junge Frau, deren Herz für ihre Arbeit schlägt, und die das, was sie erzählt, auch selber lebt, weil sie davon durch und durch überzeugt ist: von der Firmenphilosophie, von der Güte des erzeugten Produkts und vor allem vom Gedanken der Nachhaltigkeit.

 
Putzmittel statt Massageöl

Dabei wollte sich die junge Frau ursprünglich als medizinische Masseurin und ärztlich geprüfte Aromatherapeutin selbständig machen, eine eigene Praxis für Massage und alternative Heilverfahren aufbauen. Die entsprechenden Ausbildungen und Abschlüsse hat sie bereits in der Tasche, als das, was man gemeinhin einen „Schicksalsschlag“ nennt, ihrem Leben eine andere Richtung gibt. Als ihr Vater, der Gründer der Firma UniSapon stirbt, stellt sich die Frage, wie das Familienunternehmen längerfristig weitergeführt werden kann. Klar ist: der Kleinbetrieb soll in der Familie bleiben.

Reichart Marion 1Klar ist aber auch: das Produkt, das in den 80er Jahren entwickelt worden war, braucht nach 25 Jahren dringend ein neues Erscheinungsbild. „Ein Öko-Produkt, das aber nicht öko aussieht“, ist das erklärte Ziel. Schließlich sollen neben den klassischen Öko-KonsumentInnen (Stichwort Gesundheitssandalen und selbstgestrickter Wollpulli) auch andere KundInnen angesprochen werden, denen umweltverträgliche Putzmittel ein Anliegen sind. Nach einer intensiven Entwicklungsphase entsteht das junge, ansprechende Design: ein schlichtes Blatt mit Tropfen soll Sauberkeit, Frische und Umweltfreundlichkeit in einem vermitteln.

 
Große Verantwortung und doppelte Fußstapfen

Reichart Marion 2Nach dieser Vorbereitungszeit ist es dann 2009 so weit: Marion Reichart übernimmt von ihrer Mutter die Führung des kleinen Unternehmens. Das ist für die junge Frau nicht leicht, gilt es doch, gleich in zweifache Fußstapfen zu treten: in die des Vaters, dessen Stärke Marion Reichart vor allem in seiner Kreativität und seinem visionären Gründergeist erkennt, und in die der Mutter, deren Begabung sie mehr im Bereich der Organisation und Buchhaltung sieht: „Zum Glück hilft meine Mama nach wie vor im Betrieb mit – und meine Schwester, die ebenfalls mitarbeitet, hat ihre Stärken geerbt. Ich selber mehr die Kreativität des Vaters. So ergänzen wir uns perfekt.“

Ein Familienunternehmen zu führen, in dem Mutter, Schwester und Lebensgefährte mitarbeiten, ist für die 32-jährige Geschäftsfrau und Mutter eines dreijährigen Sohnes aber bisweilen auch mit massivem Druck verbunden, gesteht Marion Reichart ein. Schließlich hängen alle vom Erfolg oder Misserfolg des Betriebes ab. Gerade der Anfang des Projekts war deshalb nicht immer einfach. Dazu kommt phasenweise noch das schlechte Gewissen, das (fast) jede berufstätige Mutter kennt: Die brennende Frage:
Lässt sich die Erwerbsarbeit mit den Bedürfnissen eines kleinen Kindes vereinbaren? Oder bleibt das Kind irgendwann auf der Strecke?

 
Selbständig sein bringt Vorteile

Reichart Marion 5Hier kennt und schätzt die Firmenchefin aber ganz klar die Vorteile der Selbstständigkeit: Gerade als Mutter ist es ihr wichtig, morgens auch mal länger zu Hause bleiben zu können, wenn ihr Sohn sie gerade noch braucht. Und wenn einmal zwei Tage ganz frei sind, genießt sie das viel intensiver und bewusster, als wenn sie immer zu Hause wäre, ist sie überzeugt. Ein anderes Beispiel: „Wenn das Kind krank ist, organisiert man das in einem Familienbetrieb anders.“

Von einer Freundin weiß Marion Reichart, wie schwierig das für so manche Frau in einem Angestelltenverhältnis sein kann: Da kann es durchaus vorkommen, dass mit Kündigung gedroht wird, wenn das Kind infektanfällig ist, und die Mutter dadurch öfters ausfällt. Flexibilität bedeutet für die Jungunternehmerin allerdings nicht, sich auf die faule Haut zu legen. Obwohl sie „nur“ drei Tage direkt vor Ort arbeitet, kommt sie auf eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von rund 60 Stunden. Viele Arbeiten können auch abends oder in der Nacht vom PC aus erledigt werden: So lassen sich der Mailverkehr, das Erstellen neuer Informations- und Werbematerialien oder die Neukundenakquise von zu Hause aus machen, wenn der Sohn schläft.

 
Als Frau in einer Männerbranche bestehen

Reichart Marion 3Das Unternehmen UniSapon selbst charakterisiert Marion Reichart als absolutes Nischenunternehmen. Was in der Schokolade-Herstellung wieder in Mode gekommen ist, der Manufakturbetrieb, trifft auch auf ihre Produkte zu: es handelt sich tatsächlich um eine Reinigungsmittel-Manufaktur. Die hochwertigen Putzmittel werden noch von Hand in riesigen, aus der Lebensmittel-Produktion stammenden Rühr- und Pressgeräten hergestellt.

Außergewöhnlich ist zudem, dass es sich dabei – mit Ausnahme ihres Lebensgefährten – um ein reines Frauenunternehmen handelt. Wenn sich die Gewerbeinnung trifft, zeigt sich nämlich, dass die Herstellung der Reinigungsmittel eine absolute Männerdomäne ist – ganz im Unterschied zur Anwendung, die meist in Frauenhand liegt. Gerade was Lieferantenkontakte betrifft, hat Marion Reichart auch schon erfahren, dass sie sich als – zumal sehr junge – Frau ganz klar positionieren muss und sich nichts gefallen lassen darf: Sie erzählt von einem Geschäftspartner, der meinte, nun gegenüber der jungen Chefin mit dem Preis um 50% in die Höhe gehen zu können – da waren für sie Klarheit und Standfestigkeit sehr wichtig.

 
Erfolge und Niederlagen

Auch wenn sie geplatzte Geschäfte und Enttäuschungen durchaus kennt: Marion Reicharts Grunderfahrung ist, dass sich – wo immer sich eine Tür schließt – eine neue öffnet. Und ihre Augen strahlen, wenn sie von ihrem bisher erfolgreichsten Tag als Jungunternehmerin erzählt: Das war die Zusage einer Vorarlberger Handelskette, ihre Reinigungsprodukte ins Sortiment aufzunehmen. Für die Vorarlbergerin, der Regionalität wichtig ist, war das der erste große selbst erarbeitete Geschäftserfolg, ein Meilenstein, wie sie sagt.

Reichart Marion 4Inzwischen werden die UniSapon-Produkte auch in der gesamten Schweiz in zahlreichen Bioläden und Reformhäusern vertrieben. Dazu kommen immer mehr Biohotels – so konnte sie kürzlich gleich mehrere Hotels in Tirol als neue Kunden gewinnen. Trotz dieser Erfolge beschränkt sich die Neukundenakquise auf Europa mit besonderen Fokus auf den deutschsprachigen Raum. „Es widerspräche unserer Firmenphilosophie der Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit, würden wir unsere Produkte tausende Kilometer weit exportieren. Konsequent ökologisch bedeutet, regionale Produkte zu kaufen und Produkte regional zu vertreiben.“

 
Verantwortung für den Planeten

Damit ist ein Herzensanliegen von Marion Reichart genannt: der Umweltschutz, die Verantwortung für den Planeten Erde. Seit der Geburt ihres Sohnes sei ihr das nochmals wichtiger geworden. Deshalb hält sie auch immer wieder Vorträge, deren Themen von der Aromatherapie über die Ökoreinigung bis zum Einsatz effektiver Mikroorganismen zur Dekontaminierung verseuchter Böden reichen. Bei all dem ist sie überzeugt, dass „Öko“ und „Bio“ nie einfach Kommerz werden dürfen: nichts, was ein paar Jahre lang „hip“ ist, um dann von einem anderen Trend abgelöst zu werden. Dies ist auch ihre schärfste Kritik an manchen (großen) Mitbewerbern, die zwar seit Jahrzehnten massenweise schädliche Chemie herstellen, nun aber, weil es gerade in ist, eine Biolinie entwickeln, um auch dieses Marktsegment zu bedienen.

Konsequenterweise nennt sie deshalb auch die französische Umweltaktivistin Cècile Lecomte, und nicht eine erfolgreiche Unternehmerin als Frau mit Vorbildcharakter. „Sie kämpft mit viel Mut für den Erhalt unseres Planeten, eine starke Frau die ihresgleichen sucht!“ Dass es auch ihr selbst ernst ist mit dem Umweltschutz, zeigt sie anhand einiger persönlicher Beispiele auf: Schafe oder Sense statt Rasenmäher, die konsequente Vermeidung von Plastiksackerl, mit der sie in manchen Geschäften auch mal auf Unverständnis stößt – und, nicht zuletzt: die ausschließliche und sparsame Verwendung ökologischer Reinigungsmittel, natürlich aus eigener Produktion.

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