editoriALIA

Es ist Advent.
Kindheitssehnsüchte werden wach – Bilder der Geborgenheit und Wärme: Der Duft von Bratäpfeln und Maroni, die Zeit der Kerzen und der Behaglichkeit, der langen Abende daheim und der Vorfreude. Und die neue frauenZEIT? Sie erzählt von Migrantinnen und Bemühungen um Integration, von Fremdheit und Einwurzelung. Hat sich die Herausgeberin vielleicht im Thema geirrt? Den Erscheinungstermin übersehen? Oder einfach kein Gefühl für „heilige Zeiten“? Advent war das Stichwort, und Vorfreude. Vorfreude auf wen?

Er kam in sein Eigentum, aber die seinen nahmen ihn nicht auf. Joh 1,11
Damals erkannten sie ihn nicht. Die Herberge sei voll, kein Platz für die Fremden. Die Eltern unerwünscht und noch mehr das Kind. Hier erwarteten sie es bestimmt nicht: das Ankommen Gottes bei den Menschen. Doch geht es nicht um Moral, schon gar nicht um Verurteilung und den erhobenen Zeigefinger. Vielmehr um die hoffnungsvolle Frage: Trauen wir Gott zu, dass Gott auch heute da ist? Uns ganz nahe kommt im Unerwarteten, im Anderen, im Fremden? Leuchtet uns – wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde – Gottes Antlitz auf: In den Augen des Geliebten, im Lachen der Fremden, im Weinen des Kindes, in der unergründbar geheimnisvollen Tiefe unseres eigenen Herzens?
Der Skandal des Konkreten: Die Kirche spricht von Fleischwerdung - Inkarnation. Und wir bemerken kaum mehr das Befremdliche, ja geradezu Skandalöse, in dem etwas überholt und abgenutzt klingenden Wort: Gott, die ganz Andere, das unaussprechliche Geheimnis unseres Lebens und Sterbens, berührt uns in einem konkreten Menschen. Nicht nur damals, auch heute. Warum soll uns dann nicht auch und gerade der Gastarbeiter, die Migrantin, die Andersgläubige, der Fremde zum Hinweis auf den ganz Anderen werden?

Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt. Hebr 13,2
Der Advent lädt dazu ein, offen und empfänglich zu werden, erstarrte Bilder des Heiligen loszulassen, aufmerksam zu sein für das Da-Sein Gottes in dieser Welt.
So wünsche ich Ihnen viele Momente, in denen Sie das Göttliche spüren und erahnen können: in den Menschen, die Ihnen begegnen und in sich selbst!

Ihre
Petra Steinmair-Pösel