... DICH verloren?

So lautet eine der ersten bangen Fragen, die flüsternd den mehrfach ausgezeichneten Film „The Tree of Life“ von Terrence Malick durchziehen. Es ist ein wundersames, sehenswertes Werk, das den Bogen von der bürgerlichen Welt einer amerikanischen Kleinstadtfamilie über Raum und Zeit zurück zu schlagen vermag bis zum Ursprung des Kosmos. „Es gibt zwei Wege durch das Leben: den der Natur und den der Gnade.“ Diese programmatischen Worte, gesprochen vor dem Hintergrund von Smetanas „Moldau“, lassen die Weite des Filmes erahnen.

Ausgangspunkt des Films ist die Nachricht vom Tod des einen Sohnes. Eine traumatische Erfahrung, welche die Eltern und den älteren Bruder Jack ihre tiefsten existentiellen Fragen an den ganz anderen, den Urgrund allen Seins, das letzte Geheimnis richten lässt. Dabei erzählen sie in Rückblenden die Ge-schichte ihres Lebens, die letztlich die Geschichte des gesamten Universums in sich birgt.

„Vater, Mutter - immer ringt ihr in mir“, formuliert Jack und gibt sich als einer zu erkennen, der auf der Suche ist nach sich selbst: Hin und her gerissen zwischen dem Leisten- und Sich-Beweisen-Müssen des Vaters und dem bedingungslosen aber ohnmächtigen Angenommen- und Geliebtsein durch die Mutter. „Wer nicht liebt, dessen Leben fliegt an ihm vorbei“ - die leisen Worte, nur geflüstert von der Mutter, bilden doch den cantus firmus, der von Urbeginn an alles durchformt.
Petra Steinmair-Pösel