Von Petra Steinmair-Pösel

Wahlkampf ist angesagt im Ländle. Nicht nur in Zeiten der erfahrenen oder gefürchteten Krise gibt es ein großes Reservoir an frei schwebenden Ängsten, Unzufriedenheiten und Unsicherheiten. Diese aufzugreifen, zu nähren und für die eigenen Interessen zu ge-, nein: zu missbrauchen, ist eine einfache, aber noch immer wirksame Wahlkampfstrategie. Schuld an der Misere seien die anderen: weil sie eine andere Religion haben, sei ihnen nicht zu trauen; dass sie - in der Fremde Beheimatung suchend - sich vertraute Räume schaffen, zeige ihre fehlende Bereitschaft zur Integration. Die Liste der Anklagen ließe sich leicht verlängern.

Gerade als Christen/innen reagieren wir auf solche Argumentation hellhörig. Denn was hier – bewusst oder unbewusst – gespielt wird, ist einmal mehr eine Variante jenes unseligen Sündenbockmechanismus, den die biblischen Schriften mit zunehmender Deutlichkeit zu entlarven suchen. War nicht Jesus der Sündenbock schlechthin? Als Unschuldiger der schlimmsten Verbrechen angeklagt, hat sein gewaltsamer Tod das himmelschreiende Unrecht jener politischen Logik entlarvt, die sagt: Es ist besser, ein Mensch (eine kleine Gruppe) wird geopfert, als dass das Volk zugrunde geht.

Nicht, dass in der Geschichte der Kirche dieser Mechanismus keine Rolle gespielt hätte. Aber wir lernen aus der Geschichte. Und wenn auch jede/r von uns blinde Flecken behalten wird: Wir wollen keine Neuauflage des Sündenbockmechanismus – in keine (politische) Richtung.