ausFRAUENsicht von Annamaria Ferchl-Blum

Im Zusammenhang mit den Terroranschlägen in Paris überrascht mich mein Sohn mit der Aussage „Ich bin Christ und deshalb muss ich keine Angst vor dem Tod haben“.  Seine Worte stehen vorerst seltsam fremd im Raum, bis sie bei mir ankommen und ich sie als Einladung zu einem religiösen Gespräch verstehe. Endlich wagt in unserer Familie jemand eine religiöse Aussage! Wie sprachlos und unsicher wir doch schon geworden sind, wenn es um das geht, was uns zutiefst angeht.

Die „ZEIT“-Journalistin Petra Bahr schreibt, es sei ein Gebot der Stunde, über unsere religiösen Überzeugungen und deren soziale Auswirkungen zu sprechen. Weil Religion Anteil an einem Leben in Freiheit, aber auch an der Ablehnung von Freiheitsrechten haben kann. Die Gewaltspur der letzten Monate hat uns gezeigt, dass die weitläufige Meinung, jeder soll glauben, was er will, für ein friedliches Zusammenleben nicht ausreicht. Religionen brauchen die kritische Auseinandersetzung, um den Geschmack des Friedens und der Freiheit zu behalten. Nobles oder pseudotolerantes Schweigen ist dafür zu wenig.

So wünsche ich mir, dass 2016 ein Jahr des Religionsdialogs wird. Dazu gehört der Mut, in unseren Familien, Schulen, Flüchtlingsheimen darüber zu reden, was uns aneinander befremdet, aber auch, wovon wir überzeugt sind und was uns heilig ist.