Gertraud LässerVon Gertraud Lässer
gf. Vorsitzende des Pastoralrates

Ich gehe davon aus, dass an der Spitze der Kirchenleitung Männer sind, die es gut meinen, die sich redlich bemühen - aber kaum wahrnehmen, dass Entfremdung und innerer Rückzug auch bei jenen Treuen zu spüren ist, die sich seit Jahren mit Ausdauer in der Kirche engagieren.

Liegt es nicht in der Natur der Sache, dass auch in kirchlichen Chefetagen Menschen zusammen arbeiten sollten, die aus eigener Erfahrung die Vielfalt des Lebens kennen, also Männer und Frauen, zölibatär Lebende und Verheiratete? Trägt nicht die von Geschlecht und Lebensform hochgradig mitbestimmte Auswahl der mit Leitung von Gemeinden und Diözesen Betrauten dazu bei, dass sich viele - vor allem auch Frauen - von den Verantwortlichen in der Kirche nicht mehr verstanden, sondern belächelt fühlen?

Ein Gedanke von Ingeborg Bachmann kommt mir in den Sinn, wenn ich beobachte, dass sich zwischen den Anliegen des Gottesvolkes und der Vorstellung oberster Kirchenleitung eine Kluft auftut, die ich für gefährlich halte: „Doch dass wir sprechen und uns nicht verstehen und keinen Augenblick des andern Hand erreichen, zerschlägt so viel ...“

Sagt nicht das gemeinsame Priestertum aller Getauften aus, dass in uns allen priesterliche Fähigkeiten sind, die zum Reichtum der Kirche gehören? Ist das nicht auch ins Leitungsgefüge zu integrieren?