Wo ist hier die Gratwanderung?

Sonntagmorgen und wir schaffen es sogar, unseren elfjährigen Sohn aus dem Bett zu bekommen und für eine Herbstwanderung zu motivieren!

Die Entscheidung fällt heute für den schwierigeren Aufstieg auf den uns an sich schon vertrauten Berg. Als der Gipfel, mitsamt seinem rasanten, steil aufragenden Grat dann vor uns liegt, habe ich einfach nur Angst. Gut, dass mein Mann mich beinahe mahnend daran erinnert, dass kaum ein Berg so schwierig zu besteigen sei, wie es von unten aussieht. So bewahrheitet es sich auch dieses Mal und mein Sohn amüsiert sich köstlich, weil ich die Gratwanderung vor lauter Konzentration beim Gehen gar nicht als solche identifiziere.
Am Gipfel fühlen wir uns heiter und lebendig.

Diese Erfahrung wünsche ich gerade in Zeiten der päpstlichen Absage an Reformen auch unserer Kirche. Nicht immer nur Anwältin des Status quo bleiben und anstehende Erneuerungen als oberflächlich und zu angepasst an die Welt abtun. Den Menschen von heute zugewandt Schritte setzen, vielleicht sogar geleitet von denen, die aus tiefer Verbundenheit mit ihrer Kirche schon einen Aufbruch gewagt haben. Und darauf vertrauen, dass einem im achtsamen Weitergehen alles Notwendige geschenkt wird, sogar wenn manches vorerst riskant erscheint.
Annamaria Ferchl-Blum