von Petra Steinmair-Pösel

Die Massen jubeln ihm zu. Ihre Erwartungen sind enorm: Alle Hoffnungen auf Heilung, Befreiung von Unterdrückung und Gewalt, vielleicht auch auf Rache, werden auf ihn projiziert. Und ja: er heilt, lehrt, befreit von lebensfeindlichen Kräften. Sogar über den Tod scheint er Macht zu haben. Aber er lässt sich in keinen Rahmen pressen, sich nicht für fremde Ziele „einspannen“. Und so eckt er an, provoziert, ent-täuscht. Mit heilsamer Klarheit deckt er auf, was im Unreinen, im Unfrieden ist. Nicht um zu verurteilen, sondern um zu heilen. Doch der Heilungsprozess schmerzt, provoziert Abwehr.

Immer wieder erschreckt mich der abrupte Stimmungsumschwung der Vielen zwischen Palmsonntag und Karfreitag. Gerade noch jubeln sie Jesus zu, und nur kurze Zeit später wird er als Erzverbrecher hingerichtet. Die ganze Palette tödlicher Kräfte entlädt sich an ihm: Neid, Misstrauen, Angst, Lüge, zerstörerische Aggression. Ein Geschehen nur damals?

Wir alle haben diese lebensfeindlichen Energien wohl bereits am eigenen Leib erfahren – als Opfer und als TäterInnen. Im ersten Fall, wenn man plötzlich in einer Konfliktsituation am Rande steht, allein, zur persona non grata geworden, werden sie schmerzlich erlitten. Im zweiten Fall, als TäterInnen, sind sie kaum bewusst – zu stark ist dann der selbstgerechte Glaube, mit Recht zu (ver-)urteilen. Die kommenden Tage laden ein, beide Erfahrungen in das heilsam-verwandelnde Licht Gottes zu halten – damit wie damals Leben neu aufblühen kann.