Wenn die Kirche zu Pfingsten um das Kommen des Hl. Geistes bittet, ist auch für viele ChristInnen nicht unmittelbar einsichtig, was damit gemeint ist. Wie lässt sich jene göttliche Geistkraft verstehen, von der schon die Bibel bekennt, dass wir nicht wissen, woher sie kommt oder wohin sie geht? Von Petra Steinmair-Pösel

Überraschend stürmische Geistkraft Gottes

Mag sein, dass ein Frauenblick auf Pfingsten die weibliche Bezeichnung der göttlichen Geistkraft (ruach) im Hebräischen ins Zentrum stellen müsste. Die feministische Theologie betont, dass es kein Zufall ist, wenn die lebensspendende Macht Gottes, die weht, wo sie will, mit einem weiblichen Begriff benannt wird. Und zielt mit ihrer Hervorhebung weiblicher Aspekte in Gott darauf, ein traditionell männlich geprägtes Gottesbild aufzubrechen.

Satanische Logik der Sündenbocksuche

So wichtig und berechtigt diese Anliegen sind, soll hier noch ein anderer Aspekt thematisiert werden, der gerade in Krisenzeiten von Bedeutung ist. Der Kulturwissenschaftler René Girard hat gezeigt, dass der biblische Begriff des Satan jene unheilvollen Zusammenhänge beschreibt, in denen Menschen sich gegenseitig anklagen und zu Sündenböcken machen. Je schwieriger die Lage, umso verzweifelter werden Schuldige gesucht und geopfert. Die eigene Mitverantwortung wird nur allzu gern übersehen.

Unbequeme Geistkraft und Anwältin der Opfer

Interessanterweise bedeutet die griechische Bezeichnung des Gottesgeistes (parakletos) Verteidiger, Anwalt eines/r Angeklagten. Gerade diesen Aspekt des göttlichen Geistes brauchen wir heute. Denn wie so oft sind wir geneigt, die Schuld für unsere Krisen anderen zuzuschieben: den geldgierigen Managern für die Wirtschaftskrise, den Andersglaubenden für die Schwäche der eigenen Identität, den angeblich selbstsüchtigen Frauen für die sinkenden Kinderzahlen. Wie not-wendig ist da der Beistand jener unbequemen Geistkraft, die uns Augen und Herzen öffnet!