Es steht 2 zu 1: Von 203.000 Menschen über 65 Jahren, die in Österreich von Armut betroffen sind, sind zwei Drittel Frauen. Es ist Zeit für (mehr als) einen Aufschrei, findet eine neue Plattform.

„Alt, arm, weiblich“ nennt sich jene Initiative, die ihre Arbeit gestern der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Die ökumenische Plattform ist als Zusammenschluss der Kategorialen Seelsorge der Erzdiözese Wien, der Stadtdiakonie Wien, der Katholischen Frauenbewegung, des Katholischen Familienverbands, des Katholischen Bildungswerks und der Frauen-Bildungsinitiative Anima entstanden. Ausgangspunkt für die Gründung der Plattform war die Erfahrung, „dass viele ältere Frauen am Existenzminimum leben“, so Beatrix Auer, Mitarbeiterin in der Stelle Seniorenpastoral der Erzdiözese Wien. Dagegen wolle man nun vorgehen.

Karrieren zwischen Kind und Kegel

Die „Wurzel des Übels“ sehen die Initiatoren vor allem in unterbrochenen Erwerbsbiografien, wie Prof. Inge Troch, Superintendentialkuratorin der evangelischen Kirche Wien erläuterte. Weil Aufgaben wie Kindererziehung oder die Pflege Angehöriger immer noch zu häufig an ihnen hängen blieben, könnten Frauen nicht durchgehend Vollzeit arbeiten und ihre Ausbildung adäquat im Berufsleben umsetzen, was schließlich zu einer geringeren Pension führe. Hier seien die Verhältnisse genau umgekehrt: Die Alterspension von Männern sei um fast zwei Drittel höher sei als jene von Frauen.

Vor diesem Hintergrund forderte Troch eine Neu-Definition des Begriffs Leistung, der nicht nur Erwerbsarbeit, sondern auch jene Leistungen, die Frauen im Rahmen der Familie für die Gesellschaft erbringen, berücksichtigen müsse. Jitka Zimmermann, Geschäftsführerin der Stadtdiakonie Wien, plädiert inständig für eine Angleichung der Löhne: Laut Sozialbericht verdienten Frauen bei gleicher Arbeit im Schnitt immer noch um etwa 23 Prozent weniger als Männer. Frauen seien außerdem häufiger teilzeitbeschäftigt. „Derzeit arbeiten fast 50 Prozent der Frauen, aber nur zehn Prozent der Männer Teilzeit“, so Zimmermann.

Der Politik auf die Finger klopfen

„Es wird unsere Aufgabe sein, Maßnahmen der neuen Bundesregierung, die in den nächsten Wochen präsentiert werden, genau unter die Lupe zu nehmen und unter den Gesichtspunkten der Altersarmut besonders von Frauen und deren Prävention anzusehen“, kündigte Renate Moser von der Plattform für Geschiedene und Wiederverheiratete (WIGE) der Erzdiözese Wien an.

Traurige Zahlen

Den Fakten-Hintergrund zur Plattform lieferte Lukas Richter von der Wirtschaftsuniversität Wien: Als armutsgefährdet gelten in Österreich jene Haushalte, deren Netto-Haushaltseinkommen sich unter 60 Prozent des Medians aller Netto-Haushaltseinkommen des Landes befinden. Für 2016 beträgt die damit ermittelte Armutsgefährdungs-Schwelle 14.217 Euro für einen Einpersonen-Haushalt, rechnete Richter vor.

Von den 1.543.000 Menschen in Österreich, die 2016 bereits 65 Jahre und älter waren, sind 203.000 armutsgefährdet, darunter befinden sich 136.000 Frauen. Die Armutsgefährungs-Quote bei älteren Menschen beträgt demnach 13 Prozent, bei Frauen 16 Prozent. Somit sind 16 Prozent der älteren Frauen in Österreich armutsgefährdet, hob Richter hervor.

Quelle: kathpress.at / red