von Petra Steinmair-Pösel

Gott spricht zu jedem nur, eh er ihn macht,
dann geht er schweigend mit ihm aus der Nacht.
Aber die Worte, eh jeder beginnt,
diese wolkigen Worte, sind:
Von deinen Sinnen hinausgesandt,
geh bis an deiner Sehnsucht Rand;
gieb mir Gewand ..
.

Rainer M. Rilke

***

Noch einmal ist es Rainer M. Rilke, der uns in das Geheimnis unserer Sehnsucht einzuführen vermag: Der göttliche Urgund selbst hat von Anbeginn die Sehnsucht in unser Herz gelegt. Auch dort, wo er nur noch zu schweigen, ja sogar abwesend zu sein scheint, klingt in unseren Sinnen noch immer sein Ruf nach - sendet uns hinaus, ermutigt uns, uns ganz zu investieren, mit allem, was wir sind und haben.

Dort - in den Extremsituationen, im Ernstfall unseres Lebens, wo wir gänzlich unvertretbar und unersetzbar sind - gibt es keine vorgezeichneten Spuren, keine vorgegebenen Wege mehr, nur noch das Gehen. Dort gilt es, selber neue Spuren zu legen im Vertrauen, dass der Weg im Gehen entsteht - unter unseren Füßen. Und dass Gott, wie im Gedicht von Rilke, auch uns bittet: Gib mir die Hand!