Inmitten der Sommerzeit feiert die Kirche mit der Aufnahme Mariens den Glauben an die sich ganzheitlich vollendende Zukunft des Menschen: mit Leib und Seele in die Vollendung Gottes aufgenommen zu sein. Als besonderes Zeichen für diese „Heilung“ sammeln wir Kräuter oder binden einen Kräuterbuschen und wünschen einander Gesundheit und Freude.

Maria Himmelfahrt

Geschichtliche Entwicklung
Schon vor dem Konzil von Chalcedon im Jahr 451 wurden das Gedächtnis des Todes der Jungfrau Maria und das Fest ihrer Aufnahme in den Himmel gefeiert, damals noch als zwei getrennte Gedenk- bzw. Feiertage. Im 6. Jahrhundert wurden sie auf einen Tag zusammengelegt.
Seit dem 7. Jahrhundert wird das Hochfest  “Mariä Aufnahme in den Himmel“ am 15. August gefeiert. 1950 erhob Papst Pius XII. den Glauben an die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel für die katholische Kirche zum Dogma (griechisch: Lehrsatz). Damit wird ausgedrückt, dass Gottes Treue über den Tod hinausgeht: Maria, die sich in ihrem Leben Gott ganz zugewandt hat, ist nach ihrem Tode in und bei Gott, und zwar als “ganzer“ Mensch mit Leib und Seele.

KräuterSeit der Zeit Karls des Großen (8./9. Jahrhundert) ist im  deutsch-sprachigen Raum für dieses Fest eine Kräutersegnung bezeugt. Die Verbindung dieser Segung mit dem Marienfest hat verschiedene Wurzeln. Zum einen sind es Legenden, zum anderen auch alte kultische Rituale der Kelten und Germanen. Die Kenntnis über das Sammeln und Anwenden von Heilkräutern wurde über  Jahrhunderte vor allem durch Frauen weiter überliefert. Die Verbindung der Kräuterweihe mit dem Marienfest dürfte somit auch dazu gedient haben, heidnische Anteile auszumerzen und in die christliche Frömmigkeit zu integrieren.

Legenden
Eine Legende erzählt, dass die Jünger das Grab der Gottesmutter Maria öffneten und nicht mehr Marias Leichnam, sondern nur noch wunderbar duftende Blumen und Kräuter gefunden haben.

Die hl. Gertrud, eine Mystikerin soll in einer Vision die sterbende Jungfrau Maria in einem Garten, umgeben mit allen Arten wohlriechender Blumen gesehen haben. Der Garten wird hier auf Marias “keuschen“ Leib hin gedeutet, an den Blumen werden ihre verschiedenen Tugenden anschaulich gemacht.

Tizian - Maria HimmelfahrtKunst
Die alten Mariensinnbilder fanden auch Eingang in Kunst und Literatur. Maria wird immer wieder mit Blumen verglichen: als “Lilie des Feldes“ (in künstlerischen Darstellungen wurde ihr häufig eine Lilie beigegeben) oder als “Rose ohne Dornen“. Die Volksfrömmigkeit machte Maria zur “Königin der Blumen“, Beschützerin der Feldfrüchte“, “Kornmutter “ und  “Traubenmadonna“.
(Bild: Tizian: Maria-Himmelfahrt in der Frare-Kirche in Venedig)

Maria Himmelfahrt – noch zeitgemäß?

Ganzheitlich. Das Dogma von Papst Pius XII. bewirkt, dass Maria als Projektionsfläche unseres Sterbens nach Ganzheitlichkeit im Himmel aufgestellt, symbolisch in den Himmel gehoben wird. Carl Gustav Jung (Tiefenpsychologe) begrüßte die Verkündigung des  Dogmas,”... weil das Weibliche endlich auch in Gott aufgenommen, einbezogen, integriert und damit auch  geheiligt und zugelassen sei.“ Eine Reduzierung der Marien- Verehrung auf ihr Jungfrau und Muttersein würde jedoch eine Gefahr für unser eigenes Menschenbild darstellen. Wenn aus dem Leben der Frau einzelne Stadien und Facetten ausgeklammert werden (Mädchen, erotische, sexuell aktive Frau, beruflich Erfolgreiche, alte - weise Frau...), fehlt der ganze Bereich der Eigen – und Selbständigkeit, der Müdigkeit und Partnerschaft. Gelingendes Menschsein ist auf die Integration aller Persönlichkeitsteile angewiesen, wozu ein sich wandelndes Marienbild hilfreich sein kann.

Heil werden. Einer Legende nach wird in der Zeit um Maria Himmelfahrt von der Gottesmutter die Erde gesegnet. Kräuter, die um diese Zeit gesammelt wurden, schrieb man besondere Heilkräfte zu. Besonders viele davon fanden in der Frauenheilkunde Verwendung. Heute finden die Kräuterweihen hauptächlich nur noch in ländlichen Gebieten statt. Auch ohne direkten Bezug zu den Kräutern – in einer Welt der großen Pharmakonzerne - lohnt es sich, über die Bedeutung von Heil und Heilung nachzudenken.

Christen bezeichnen Maria als gültig, milde, süß..., und möchten auch selber so sein oder werden. Und sie sehen die Herausforderung, mit Maria das Magnifikat mitzubeten – in Worten und Taten (siehe Lk1,46.55 ). So verstanden liegt  im Fest Maria Himmelfahrt eine vielfache Herausforderung an uns – unser Beziehungsverhalten betreffend, im privaten, sowie im politisch- gesellschaftlichen und kirchlichen Raum. Auf diese Herausforderung zu antworten wäre eine Chance, selber eine integrierte und vollständige Persöhnlichkeit zu werden.