Solidarisch und ökologisch leben. Was ermächtigt die Menschen, ihren Lebensstil dauerhaft zu verändern?

Das Phänomen der Globalisierung
Wir leben heute in einer Welt, in der wir zwischen den Menschen eine Vernetzung erleben, die es so noch nie gegeben hat. Die Phänomene der Globalisierung und die Verschränkung des medialen Informationsnetzes rund um den Globus lassen die Welt zu einem globalen Dorf zusammen rücken. Wir wissen nahezu in Echtzeit von allen möglichen Vorkommnissen in großen Teilen der Welt. Wir konsumieren Güter, die um die halbe Erde transportiert wurden, bis sie bei uns im Kleiderschrank oder auf dem Teller gelandet sind. Die Gleichzeitigkeit einer globalisierten Wirtschaft und eines globalisierten Informationsaustausches hat aus ethischer Sicht gravierende Auswirkungen auf unser Leben. Wir spielen einerseits beim Spiel des globalisierten Konsums mit, das heißt bis auf wenige Ausnahmen kaufen wir alle manchmal Produkte, die nicht in Österreich oder Europa hergestellt wurden. Andererseits haben wir - wenn wir uns der Realität nicht völlig verschließen - das Wissen, wo die Waren herkommen, wie dort die Arbeitsbedingungen und Sozialstandards sind, wie sehr dort auf die Umwelt geachtet wird, ob eventuell Kinderarbeit mit dabei ist und so weiter und so fort.

Die ethisch-moralische Frage
Nun wird es aus ethischer Sicht interessant: Wir wissen z.B., dass die Arbeitsbedingungen in pakistanischen oder chinesischen Fabriken mitunter katastrophal sind. Umweltauflagen gibt es so gut wie keine und die Menschen werden bis auf ihr letztes Hemd ausgebeutet .
Gleichzeitig konsumieren wir jeden Tag Waren und Dienstleistungen. Wir lieben es, auf "Shopping-Tour" in den Messepark zu gehen oder in der unbegrenzten Online-Welt nach dem neuesten Produkt unserer Begierde zu stöbern. Wir beschenken einander mit allen möglichen Dingen an Weihnachten, an Ostern oder zum Geburtstag. Und solange unser Konsumieren nicht aus dem Ruder läuft, ist ja eigentlich nichts dagegen einzuwenden. Im Gegenteil: Würden wir alle damit aufhören, würde die Wirtschaft und unsere ganze Gesellschaft ins Unglück gestürzt. Damit unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem funktioniert, müssen die Menschen ihr verdientes Geld auch wieder ausgeben. Der kritische Punkt ist nicht, dass wir Menschen Wesen sind, die gerne konsumieren, sondern wie wir konsumieren und leben! Kaufen wir gedankenlos alles ein, was für uns hübsch und billig ist? Nehmen wir die Verantwortung wahr, die wir als Konsumentinnen und Konsumenten haben?

Moralische Appelle fruchten nicht
An diesem Punkt könnte ich noch eine Reihe an Fragen stellen, die versuchen, jemanden zu überreden, dass er doch ein schlechtes Gewissen haben sollte. Ich könnte nun in einem fort versuchen, Ihnen meine eigenen moralischen Gefühle und Erfahrungen, die ich gemacht habe und aus denen ich meine Schlüsse für mein Handeln gezogen habe, aufs Auge zu drücken. Dies würde vielleicht auch einiges bewirken: Sie fühlen sich zumindest einen Moment lang schlecht und schuldig. Sie erkennen, dass die Argumente nicht so leicht von der Hand zu weisen sind und geben sich geschlagen. Sie merken, wie das schlechte Gewissen sich kurz meldet und die Frage auftaucht, was sie konkret an Ihrem Lebensstil ändern könnten. Doch nach zwei Stunden, vielleicht erst nach einem Tag, spätestens jedoch nächste Woche ist das schlechte Gefühl wieder weg. Bis zur nächsten Doku im Fernsehen, die man jedoch unauffällig wegklicken kann...

Heraus aus der Schockstarre
Moralische Appelle und Zeigefinger, auch wenn sie gut gemeint, ehrlich und authentisch sind, bleiben an der Oberfläche. Sie rütteln kurz auf, verunsichern, irritieren, aber sie führen letztlich zu keiner dauerhaften Veränderung des Verhaltens.
Was aber ist dann das Geheimnis, dass Menschen ihren Lebensstil Schritt für Schritt dauerhaft verändern? Ich meine, diese Menschen haben es geschafft, die Schockstarre eines schlechten  Gewissens zu durchbrechen. Der Antrieb für ihr Handeln ist nicht länger ein externer moralisierender Appell, sondern innere Freude und die Überzeugung, damit Sinn zu stiften und für alle Menschen eine gerechtere Zukunft zu ermöglichen. Es ist eine positive Motivation, gleichsam ein doppeltes Glücksmoment, wenn eine neue Jacke gleichzeitig schön und ökofair ist. Dieses doppelte Glück lässt sich heute auf fast alle Produkte ausdehnen - ist das nicht großartig?!

Was ist Ihre Meinung dazu?
Haben Sie Lust bekommen, dieses Thema mit anderen Menschen in Vorarlberg zu diskutieren? Das heurige 4. EthikForum Vorarlberg am 8. März 2013 im Kulturhaus Dornbirn bietet Gelegenheit dazu. Claudia Langer, Gründerin von "utopia.de" und die Sozialethikerin Prof. Dr. Hille Haker halten Vorträge und diskutieren das Thema:  "Fair leben in Vorarlberg. Von der Freiheit, das Gute und Richtige zu tun"

Informationen und die Anmeldung zur Tagung finden Sie unter: www.ethikforum.at