Die biologische Uhr tickt - manchmal sogar ziemlich laut. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt für Kinder? Und was tun, wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt? Fragen wie diesen wurde beim Gesellschaftspolitischen Stammtisch zum Thema „Familienplanung 3.0“ Anfang dieser Woche nachgegangen.

29 Jahre sind die Österreicherinnen im Durchschnitt alt, wenn sie ihr erstes Kind bekommen. Tendenz steigend. Schließlich fehlt oft der passende Partner oder Frau möchte zuerst noch Karriere machen. Eine Tatsache, die der Natur egal ist - Fakt ist nämlich, dass die weibliche Fruchtbarkeit bereits ab dem 33. Lebensjahr sinkt. Um den Kinderwunsch dennoch stressfrei „auf später“ verschieben zu können, hat die Medizin eine spezielle Technik gefunden: „Social Egg Freezing“.

Vorsorge der anderen Art

Dabei werden junge, unbefruchtete Eizellen vorsorglich und ohne medizinischen Grund eingefroren, zum Wunschtermin wieder aufgetaut, befruchtet und der zukünftigen Mutter wieder eingesetzt. Jung bedeutet in dem Fall, dass die Frauen zum Zeitpunkt der Entnahme in den Zwanzigern oder Anfang dreißig sein sollten. Ursprünglich wurde die Methode für junge Krebspatientinnen entwickelt, die später - nach der Chemotherapie - eine Familie gründen wollen. Nun dient sie der Absicherung im Falle eines (verspäteten) Kinderwunsches, kritisiert Martina Kronthaler, Generalsekretärin der „aktion leben“ Österreich. Was in Ländern wie in den USA bereits gang und gäbe ist, ist in Österreich aber nach wie vor verboten. Noch.

Vor zwei Jahren sorgten Facebook und Apple mit der Nachricht für Furore, dass sie ihren Mitarbeiterinnen auf Wunsch das Einfrieren ihrer Eizellen (die Entnahme der Eier und die Aufbewahrung) bezahlen. Eine Leistung, die sich die Unternehmen  immerhin bis zu 20.000 Dollar (15.800 Euro) kosten lassen. Auch wenn mit den "jungen" Eizellen zumindest ein Risiko quasi umgangen wird, bleibt das höhere mütterliche Alter ein weitere Risikofaktor, betont Kronthaler. 

Eizellspende

Anders sieht es bei der Eizellspende aus, die seit dem Frühjahr 2015 auch in Österreich erlaubt ist. Wenn man den Webseiten der Kinderwunschkliniken Glauben schenke, seien die anonymen Spenderinnen in einem „gesundheitlich ausgezeichneten Zustand“, intelligent und hübsch - zählt Kronthaler einige der Kriterien auf, die sich später (vielleicht) auch im Kind wiederspiegeln werden. Oder wie die Wienerin es formuliert: Wollen wir einen „optisch optimierten Nachwuchs oder riskieren wir die Ohren von Opa“? Um Eizellen spenden zu können, müssen sich die Frauen einer Hormonstimulation aussetzen, die Risiken wie das Überstimulationssydnrom und damit Schmerzen, Übelkeit und Kurzatmigkeit birgt. Die Langzeitschäden von Eizellspenden seien noch völlig unbekannt und auch eine unabhängige Beratung fehle oft, warnt Kronthaler.

Leihmütter

Um ein eigenes Kind zu bekommen, nutzen viele auch die Dienste von Leihmüttern. Und auch hier sei die Sprachpolitik fragwürdig, berichtet Kronthaler von Frauen, die auf den Webseiten als „Lieferantin“ oder „Ersatzmutterleib“ bezeichnet werden.  In Österreich verboten, weichen potentielle Eltern oft auf Frauen aus armen Ländern aus: Nigeria, Griechenland, Thailand, Indien oder osteuropäische Länder zum Beispiel. In Indien werden die Frauen bis zur Entbindung meist von ihren Familien getrennt, zeigt Kronthaler Fotos von vollen Schlafsälen in Indien. Die Frauen werden "benutzt", weist sie auf unnötige Kaiserschnitte, geregelte Abbrüche aufgrund der Erkrankung oder Behinderung des Kindes oder sogar die Tötung des Kindes im Mutterleib hin. „Statt endlich Stopp zu sagen, sind wir resignativ“, fordert Kronthaler eine Gesellschaft, in der sich Karriere und Familie gut vereinbaren lassen. Zwar sei der Wunsch nach einem Kind menschlich und nachvollziehbar, aber es gebe kein Recht darauf, betont sie.

Das Kind im Mittelpunkt

Der Fokus müsse auf dem Kind liegen, erklärt auch die integrative Psychotherapeutin Daniela Mittermayr-Zech, die gemeinsam mit Kronthaler und dem Fortpflanzungsmediziner Herbert Zech auf dem Podium diskutiert. „Wenn es ein Geheimnis über den Lebensbeginn gibt, beherrscht es das ganze Leben“, spricht sie sich dafür aus, Kindern nicht ihre Herkunft zu verschweigen und eine pränatale Bindung zwischen dem Kind und den zukünftigen Eltern zu forcieren. Egal ob sie aus einer Spende entstanden sind oder von Leihmüttern zur Welt gebracht wurden. Gemäß ihres Mottos "Alles zeigt Wirkung" beginnt für Mittermayr-Zech das Leben nicht erst mit der Geburt und braucht deshalb Anbindung an die Welt. "Und die erhalte ich durch die Eltern", bekräftigt sie.

Schocktieffrieren ohne Kristallbildung

Leihmutterschaft ist für Zech zwar kein Thema, da sie nur in Griechenland und nicht in Österreich erlaubt ist, „Social Egg Freezing“ aber umso mehr. Schließlich handle es sich hier um "Schocktieffrieren ohne Kristallbildung", versucht er den Interessierten die Methode näher zu bringen. Mittermayr-Zech hingegen ortet hier hingegen potentielle Gefahr für das spätere Wohl des Kindes - weder die Entnahmegeschwindigkeit noch die Temperatur entspreche der Natur. Er würde die Methode des „Social Egg Freezing“ natürlich auch seiner Enkelin empfehlen, bestätigt Zech auf Nachfrage - schließlich sprechen die Zahlen - also die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft - für sich.

Nur in einem sind sich die drei einig: Nicht das volle Spektrum der Medizintechnik zu nutzen und etwas auf die Bremse zu treten. Oder wie sie es nennen: „Slow down“.

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