Nein, das ist jetzt kein Hinweis darauf, dass man Schokolade nicht wie Brot in sich hineinstopfen sollte - allein schon aus Kaloriengründen. Schokolade macht vor allem jene nicht satt, die sie anbauen: Die Kakaobauernfamilie in der Elfenbeinküste zum Beispiel, die derzeit pro Kopf der Familie rund 0,50 US-Dollar am Tag verdient. Die international definierte Armutsgrenze liegt im Fall bei zwei US-Dollar pro Tag. Da helfen auch viele Nachhaltigkeitsinitiativen nicht. "Der Anbau muss diversifiziert werden, es muss Weiterbildungen geben und der Kakaopreis, den die Bäuerinnen und Bauern erhalten, muss erhöht werden", zeigt Bernhard Zeilinger von Südwind eine Lösung auf.

Hier gehts zur Infografik "Wertschöpfung pro Tafel Schokolade"

Der weltweite Marktanteil von zertifizierter Schokolade ist von zwei Prozent im Jahr 2009 auf fast 16 Prozent 2013 gestiegen. So weit so gut. Es zeigt, dass die Menschen immer mehr Bewusstsein dafür entwickeln wo ihre Nahrung her kommt - und unter welchen Bedingungen sie produziert wird. Das zeigt das neu auf Deutsch erschienene Kakao-Barometer, in Österreich herausgegeben von Südwind. Die Daten belegen aber auch, dass trotz zahlreicher Nachhaltigkeitsinitiativen und Selbstverpflichtungserklärungen von Schokoladenunternehmen wie Ferrero oder Mars das Pro-Kopf-Einkommen der meisten Kakaobauernfamilien immer noch weit unter der Armutsgrenze liegt. Die Südwind-Kampagne „Make Chocolate Fair!“ fordert deshalb ein existenzsicherndes Einkommen für Kakaobäuerinnen und -bauern.

"Es ist erfreulich, dass sich die Schokoladenindustrie bewegt und dass sich in den Supermärkten immer mehr Schokoladenprodukte mit den Siegeln von Fairtrade, Utz Certified und Rainforest Alliance finden lassen“, erklärt Bernhard Zeilinger, Kampagnenleiter von „Make Chocolate Fair!“ bei Südwind. „Das ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen für Kakaobäuerinnen und -bauern und zur Einhaltung der Menschenrechte.“

Ausweg aus der Armut
Zertifizierung ist aber kein Wundermittel, wenn es darum geht, die Mehrheit der Kakaobäuerinnen und -bauern aus der Armut zu befreien. „Eine Kakaobauernfamilie in der Elfenbeinküste verdient derzeit pro Kopf der Familie rund 0,50 US-Dollar am Tag. Um zumindest die international definierte Armutsgrenze von zwei US-Dollar pro Tag zu erreichen, müsste sich ihr Pro-Kopf-Einkommen also vervierfachen“, so Zeilinger. Die niedrigen Einkommen führen zu inakzeptablen Arbeitsbedingungen bis hin zu Menschenrechtsverletzungen wie ausbeuterischer Kinderarbeit. Daran ändern auch viele der Nachhaltigkeitsinitiativen der Schokoladenindustrie nichts, die sich oft einseitig auf die Steigerung der Produktivität konzentrieren. „Neben der Steigerung der Ernteerträge, muss dringend in die Infrastruktur in den Kakaoanbauländern investiert werden“, so Zeilinger weiter. „Der Anbau muss diversifiziert werden, es muss Weiterbildungen geben und der Kakaopreis, den die Bäuerinnen und Bauern erhalten, muss erhöht werden.“

Make Chocolate Fair
Die Kampagne „Make Chocolate Fair!“ fordert ein existenzsicherndes Einkommen für Kakaobäuerinnen und -bauern. Mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa haben die Petition der Kampagne bereits unterzeichnet und sich für faire Bedingungen im Kakaoanbau ausgesprochen. „Die Nachfrage nach fair produzierter Schokolade steigt. Darauf muss die Schokoladenindustrie reagieren“, sagt Bernhard Zeilinger. Absichtserklärungen wie von Ferrero oder Mars, die bis 2020 ihre Schokolade vollständig aus zertifiziertem Kakao herstellen wollen, seien begrüßenswert. „Wir werden aber genau beobachten, ob die Schokoladenunternehmen ihre Versprechen einhalten“, kündigt Zeilinger an.

Warum immer weniger Menschen Kakao anbauen, wer dabei wie viel (oder wenig) verdient und was gegen die Probleme in der Schokoladenindustrie unternommen werden könnte, lesen Sie im Kakaobarometer 2015.