„Wieviel Tier darf‘s denn sein?“ – Das Thema des Gesellschaftspolitischen Stammtisches zeigte am Montag dieser Woche im Kolpinghaus in Dornbirn seine Brisanz und Bedeutung auch in der teilweise emotionalisierten Debatte. Nach einem fundierten moralphilosophischen Vortrag von Martin Lintner trafen unterschiedlichste Lebensstile am Podium und im Publikum aufeinander.

Wolfgang Ölz

Der renommierte Moraltheologe Martin Lintner (Brixen) skizzierte in seinem Impulsvortrag das Dilemma zwischen dem Fleisch auf dem Teller und dem Wissen um die ethisch kaum vertretbaren Lebens- und Schlachtbedingungen in der modernen Massentierhaltung. Für einen ethisch integeren Lebensstil nannte er fünf Vorsätze: 1. Fleisch im Bioladen einkaufen. 2. Kein Fleisch aus Massentierhaltung. 3. Konsum von Fleisch, Fisch und Milch um 90 Prozent reduzieren. 4. Keine Lederprodukte. 5. Gebrauchte Kleidung tragen.

Das Prinzip der Nachhaltigkeit sieht Lintner beim Fleischkonsum in Analogie zu den Kriterien des Fairen Handelns. Es dürfe nicht sein, dass soziale und ökologische Aspekte nur von ökonomischen Zwängen bestimmt seien. Die Fließbandschlachtung durch unqualifiziertes Personal sei ein Ergebnis der Preistreiberei und letztlich eine Konsequenz aus dem Konsumverhalten von uns allen.

Jesus würde scharfe Kritik üben. Die Frage im Untertitel zur Veranstaltung, ob Jesus heute ein Vegetarier wäre, lässt Lintner zwar offen. Er ist aber fest davon überzeugt, dass der biblische Jesus heute eine hohe Sensibilität für ökologische und soziale Fragen hätte und am ökonomisch diktierten Produktionsprozess scharfe Kritik üben würde.

Verschiedene Lebensweisen. Die Psychotherapeutin Dietlinde Jäger ernährt sich seit 30 Jahren vegan. Sie findet es beschämend, dass in unserer Gesellschaft diese „Tiermassaker“ möglich sind. Sie könne keine Milch mehr trinken, seit sie weiß, dass Milchkühe heute statt zwanzig nur noch fünf Jahre alt werden. Dass sie ihre drei Katzen nicht-vegetarisch füttert, betrachtet sie übrigens als Zugeständnis.

Tobias Giesinger vom „Verein gegen Tierfabriken“ hat den Schweinefleischskandal aufgedeckt. Er ist überzeugt davon, dass vegetarische bzw. vegane Ernährung genauso gesund und schmackhaft sein kann. Außerdem gebe es in Vorarlberg mittlerweile viele Restaurants, die in Speisekarten vegetarische bzw. vegane Kost führen.

Der Mutterkuhhalter Manfred Jenny wiederum ist stolz darauf, seine Tiere selbst zu schlachten. Jenny hat sich über die Jahre einen interessierten Kundenstock an Endverbrauchern erarbeitet, der gerne bei ihm einkauft. Er jedenfalls kämpfe täglich dafür, dass es seinen Tieren gut gehe.

Spirituelle Frage. In der Diskussion beim Stammtisch, zu dem auch Schüler/innen vom BORG Egg mit ihrem Religionslehrer Hans Peter Sutterlüty gekommen waren, wurde klar, dass die Frage nach der Ernährung auch eine spirituelle Dimension hat, wie das Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si‘“ zeigte. Mit nach Hause nahm das Publikum die Frage: „Ist die Schöpfung Gabe Gottes oder nur Material?

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