Schuhe begleiten und tragen uns durchs Leben. Über 24 Milliarden Paare wurden 2014 weltweit hergestellt - der größte Teil davon in Asien. Stellt sich noch die Frage, wie fair unsere Schuhe sind und unter welchen Bedingungen sie hergestellt werden. Denn: ArbeiterInnen der Schuhindustrie in Mittel- und Südosteuropa verdienen oft weniger als in China und sind den giftigen Chemikalien ausgesetzt.

Die meisten der Schuhnamen sind uns ein Begriff - Richter, Paul Green oder Think! zum Beispiel, um nur einige der österreichischen Marken zu nennen. Sieben dieser "einheimischen" und 22 sonstige Schuhunternehmen wurden für eine neue Studie von der Clean Clothes Kampagne zu ihrem sozialen Engagement befragt. Das ernüchternde Ergebnis: wenn jemand geanwortet hat, fiel die Antwort nicht sehr gut aus.

Change your shoes - in die Schuhe anderer schlüpfen

„Labour on a Shoestring" heißt die Clean Clothes Kampagne , die in Kooperation mit GLOBAL 2000 im Rahmen der internationalen Initiative  „Change your Shoes“ mal genauer nachgefragt hat, wie es denn mit der Fairness aussieht. Das Ergebnis in wenigen Worten: ArbeiterInnen der Schuhindustrie in Mittel- und Südosteuropa verdienen oft weniger als in China. Ergänzt wird der Bericht durch eine Bewertung von 29 Schuhunternehmen mit der Bilanz, dass Unternehmen sich bisher zu wenig darum kümmern, unter welchen Bedingungen ihre Schuhe produziert werden.

Rund sechs Paar Schuh kauften die ÖsterreicherInnen pro Kopf im Durchschnitt pro Jahr. Der größte Teil wird in Asien produziert, doch gerade bei hochpreisigeren Lederschuhen ist auch der europäische Anteil bedeutend. Rund 120.000 Menschen sind in den Studien-Ländern Albanien, Bosnien-Herzegowina, Polen, Rumänien, Slowakei und Mazedonien in der Schuhindustrie beschäftigt. Die arbeitsintensivsten Schritte der Schuhproduktion werden oft in mittel- und südosteuropäischen Ländern durchgeführt.

Alltag aus der Sicht eines "Schuhherstellers"

„Das Hauptproblem sind die viel zu niedrigen Löhne“, erklärt Kathrin Pelzer von der Clean Clothes Kampagne. Der gesetzliche Mindestlohn in Albanien, Mazedonien oder Rumänien liegt mit 140 Euro, 145 Euro und 156 Euro pro Monat sogar noch unter dem von China. Die Löhne müssten vier bis fünf Mal höher sein, damit Albanerinnen, Mazedonierinnen oder Rumäninnen – die Beschäftigten in Schuhfabriken sind vorwiegend Frauen – und ihre Familien davon leben könnten. Weil viele Arbeiterinnen pro Stück statt pro Arbeitsstunde bezahlt werden, leisten sie zudem unbezahlte Überstunden oder verzichten aus Produktivitätsgründen auf Sicherheitsmaßnahmen, die sie vor Chemikalien und Unfällen schützen würden. In vielen Fabriken ist es im Winter sehr kalt und im Sommer so heiß, dass immer wieder Arbeiterinnen kollabieren. Eine Familie zu gründen scheint für viele ArbeiterInnen nicht finanzierbar. „Meine Frau und ich arbeiten beide in einer Schuhfabrik. Wir sind froh, dass wir eine Arbeit gefunden haben, aber mit unseren niedrigen Löhnen können wir keine Kinder großziehen“, erzählt ein rumänischer Arbeiter im Interview.

Nichts zu sagen und kaum einer kommt in die Gänge

„Unsere Unternehmensbewertung macht deutlich, dass sich Schuhunternehmen zu wenig Gedanken über die Menschen machen, die ihre Schuhe fertigen“, so Elisabeth Schinzel von der Clean Clothes Kampagne. Das gilt auch für die sieben österreichischen Unternehmen unter den 29 Firmen, die im Auftrag der AK Wien und AK OÖ befragt wurden. Erhoben wurde unter anderem, ob existenzsichernde Löhne für ArbeiterInnen vorgesehen sind und welche Arbeitsschutzmaßnahmen vorausgesetzt werden. Die befragten Firmen wurden in fünf Kategorien eingeteilt: Nichts zu sagen, Zögerliche erste Schritte, Kommt in die Gänge, Auf gutem Weg, Im Laufschritt voraus. Von den 29 Unternehmen konnte keines der besten Kategorie „Im Laufschritt voraus“ zugeordnet werden. Die Marken El Naturalista, Eurosko und Adidas schafften es zumindest in die zweitbeste Kategorie. Bei den in Österreich ansässigen Unternehmen schnitt die Firma Legero am besten ab, die mit ihrem Think! Chilli Schnürer einen Schuh mit dem Österreichischen Umweltzeichen im Angebot hat.

KonsumentInnen tappen im Dunkeln

„Transparenz in der Zulieferkette ist bei Schuhunternehmen noch eine Seltenheit“, analysiert Elisabeth Schinzel. Nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen in Europa lieferten Information über ihre Maßnahmen für faire Arbeitsbedingungen. „Konsumentinnen und Konsumenten haben einfach kaum eine Chance, sich für einen nachhaltig produzierten Schuh zu entscheiden, da die Hersteller und Händler einfach kaum Informationen veröffentlichen“, erläutert Schinzel das Problem für die KonsumentInnen und meint weiter „Wir hoffen aber mit dieser ersten Bewertung, Firmen dazu motivieren zu können, Konsumenten und Konsumentinnen besser über die Herstellung ihrer Schuhe zu informieren, denn für viele Konsumenten zählen auch die ‚inneren Werte‘.“

Hier gehts zum Bericht "Arbeiterrechte mit Füßen getreten"