Es sind nun schon knapp über fünf Monate, dass meine Frau und ich uns die Erwerbsarbeit und die Familienarbeit aufgeteilt haben. Mit Jänner 2017 begann für mich eine Zeit, die zumindest für die meisten Männer eher ungewöhnlich ist: Ich arbeite während der Woche 50 Prozent für meine Familie und 50 Prozent für meinen Arbeitgeber, die Diözese Feldkirch. Und wie ich diesen Satz so in die Tastatur tippe, merke ich, wie wichtig es mir geworden ist, von „Familien-Arbeit“ zu sprechen.

Michael Willam

Erst die Arbeit...

Das, was ich mit meinen drei kleinen Kindern (neun Monate, zwei und drei Jahre alt) jeweils dienstags, donnerstags und Freitag nachmittags erlebe, hat zumindest in meinem Sprachgebrauch mit „Freizeit“ herzlich wenig zu tun. Es zaubert mir jedes Mal ein leises Schmunzeln auf die Lippen, wenn ich von Kolleg/innen höre: „… ach ja, dienstags hast du ja frei…“

Dieses Verständnis von „Freizeit“ führt mich zu einem ersten und für meine Zeit als Papa-Teilzeitler zentralen Punkt: Es ist im Grunde der Verzicht auf die unverplante, für spontane Unternehmungen oder auch für das süße Nichtstun reservierte Zeit, die mir in meiner jetzigen Lebensphase am meisten abgeht. Ich lasse mich in den Dienst nehmen von den Bedürfnissen meiner Kinder und meiner Frau und von den Erfordernissen der momentanen Situation, was zunächst doch gewöhnungsbedürftig für mich war.

Die lieben Krümelmonster

Ein zweiter Aspekt, der die Art der zu verrichtenden Arbeiten zuhause betrifft, war für mich ebenfalls neu. Ich musste mich an die Arbeit des ständigen „Instandhaltens“ gewöhnen, ohne dass ein klares Ziel oder ein Abschluss des angefangenen Projektes in Sicht wäre: Das Geschirr wird gewaschen, um es eine Stunde später schon wieder zu bekleckern. Die Spiele-Kisten werden aufgeräumt, um Minuten später wieder mit ihrem gesamten Inhalt über das ganze untere Geschoss verteilt wiedergefunden zu werden. Die T-Shirts, Hosen, Bodys, Lätzchen und Handtücher durchlaufen einen ewigen und rasend schnellen Kreislauf der völligen Beschmutzung und der Reinwaschung. Staubsaugen könnte ich (wenn da die vielen Spielsachen auf dem Fußboden nicht wären) eigentlich im Dauermodus, da meine Kinder bisweilen zu kleinen „Krümelmonstern“ mutieren, deren Auftrag es ist, möglichst jeden Winkel des Hauses mit Essensresten und Dreckspuren zu versorgen. Die Instandhaltung dieses Betriebs ist für mich eine Herausforderung, die ich zu Beginn blauäugig unterschätzt habe.
Nun sollte eigentlich - wie in fast jedem guten Hollywood-Film - ein Happy End kommen. Ich will meinen kleinen Blog auch nicht damit beenden, über den Haushalt zu jammern. Das ist mir irgendwie zu billig und zu wenig männlich.

Die kleinen Momente

Es ist in der Tat so - und bevor ich selbst in dieser Situation war, habe ich das keinem Menschen geglaubt - dass es Momente, kleine Begegnungen und meist etwas leisere und dezente Situationen mit meinen drei Quälgeistern gibt, die diese Zeit zu einer der wertvollsten meines Lebens machen. Es sind magische Momente der Nähe, des Sich-Anvertrauens, der tiefen Sinnerfahrung in der Begegnung mit meinen Kindern, die mir Kraft geben - und an die ich mich klammere, wenn der Kleinste zum vierten Mal seine Windeln gefüllt hat und wir gerade alle zusammen im Landbus sitzen.

Alles richtig gemacht!

Ich bin stolz darauf, dass ich ein „Papa zum Anfassen“ bin, der Zeit hat für seine Kinder - und der da ist, wenn die Nase rinnt oder das Knie blutet. Meine Hoffnung ist, dass die drei später auch einmal mit größeren Wehwehchen zu mir kommen, sich vielleicht Rat oder Trost holen - und ich dann endgültig weiß, dass ich nicht alles falsch gemacht habe.

(erschienen im ZEITFenster Nr. 3 vom 22. Juni 2017)