Am 6. Dezember hat sich die Liechtensteiner Bevölkerung in einer Volksabstimmung gegen eine Reduktion der Strahlenwerte ausgesprochen. Die Internetredaktion hat mit Anton Krasser, Mitglied im "Netzwerk Risiko Mobilfunk Vorarlberg" über die Grenzwerte, die Gefährlichkeit von elektromagnetischer Strahlung und über Gegenstrategien gesprochen

Anton KrasserKath. Kirche: Verwundert Sie das Abstimmungsergebnis der Liechtensteiner? Wie ist die Abstimmung aus Ihrer Sicht zu bewerten?

Krasser: Leider waren 57 % der gültigen Stimmen für die hohen Strahlungswerte. Die Werbekampagnen der Wirtschaft haben Wirkung gezeigt. Aber es haben immerhin 43 % für niedrigere gesundheitsverträgliche Grenzwerte gestimmt. Das zeigt, dass doch schon ein sehr hoher Anteil der Bevölkerung die Gefahren erkannt hat.

Welche Studien haben nun Recht, die, die die Gefährlichkeit von Handystrahlen, sprich elektromagnetischer Strahlung, belegen, oder die, die das Gegenteil behaupten?

Es gibt sehr viele und zum Teil sehr widersprüchliche Studien. Die Reflex Studie, die von 2000 bis 2004 im Rahmen eines Forschungsprojekts der EU durchgeführt wurde, beweist eindeutig die gentoxischen Effekt auf menschliche Zellkulturen von Mobilfunkstrahlen in der Stärke, wie sie von jedem GSM-Handy erzeugt werden. Die Reflex-Studie ist nach wie vor unbestritten. Es gibt lediglich eine kritische Stimme zu einem Teilergebnis, wie dies in einem wissenschaftlichen Diskurs durchaus üblich ist.

Eine Vielzahl an Studien hat bereits belegt, dass elektromagnetische Strahlung alles andere als harmlos ist. Das reicht von Schlaf- und Konzentrationsstörungen bis zu Veränderungen des Zellkerns, die durch Handystrahlen ausgelöst werden können.  Das Problem in Österreich ist, dass das Forum Mobilkommunikation, das vom Infrastrukturministerium gegründete Gremium, zum Teil von der Mobilfunkindustrie gesponsert wird. Daher ist es kaum verwunderlich, wenn dieses Gremium bei der Beurteilung von Studien eher zu mobilfunkfreundlichen Bewertungen kommt. 

Gibt es Grenzwerte für Handystrahlung?

Ja, die gibt es, wobei diese in Österreich viel zu hoch angesetzt sind. Bei uns liegt dieser Grenzwert bei 10.000.000 Mikrowatt pro m² (entspricht 60 Volt pro Meter). Im Vergleich dazu haben die Schweiz, Liechtenstein oder auch Italien einen Grenzwert von 100.000 Mikrowatt pro m² (6 Volt pro Meter). Damit eine leistungsfähige Übertragung der Daten ans Handy stattfinden kann braucht es aber lediglich 0,000334 Mikrowatt pro m² (0,000355 Volt pro Meter).

Dazu kommt noch, dass der Grenzwert in Österreich nicht wirklich gesetzlich verpflichtend ist, es gibt lediglich eine Ö-Vornorm, keine gültige Ö-Norm. Die Ärztekammer hat bei der geplanten Einführung der Grenzwerte damals Einspruch erhoben, dann wurde das Ganze auf Eis gelegt.

Die Ärztekammer Wien hat eine Broschüre herausgegeben, in der sie eindringlich vor der Belastung durch Strahlung warnt. Nimmt die Bundesregierung das nicht ernst?

Zu wenig offenbar. Sonst gäbe es andere Grenzwerte in Österreich. Die gegenwärtigen Grenzwerte in Österreich beruhen auf der falschen Annahme, dass Hochfrequenzfelder nur eine Erwärmung verursachen und sonst keinerlei schädliche Wirkung haben. Der Mensch ist aber kein elektrischer Heizkörper! Er ist ein ungeheuer komplexes biologisches System, man denke nur an die 100 Milliarden Nervenzellen und 100 Billionen Synapsen im Gehirn. Viele Steuer- und Regelvorgänge laufen über schwache elektrische Signale, auch die chemischen Vorgänge sind mit elektrischen Impulsen verbunden.

Sind die Handybetreiber zu sorglos im Umgang mit der Strahlung?

Zur Zeit, als die Technologie aufkam, hat sich kaum jemand mit den Gefahren der elektromagnetischen Strahlung auseinander gesetzt. Die Großkonzerne haben sich um den Ausbau des Systems gekümmert und machten sich keine Gedanken über Gesundheitsrisiken.  Mittlerweile gibt es aber genügend Studien, die die Gefährlichkeit beweisen. Die Mobilfunkbetreiber versuchen aber nach wie vor, die Bevölkerung mit Aussagen wie „Die Grenzwerte sind vollkommen ausreichend“ zu beschwichtigen.

Wie kann man sich gegen Handystrahlung schützen?

Man muss zwischen der Strahlung, die das Handy abgibt, und der Strahlung, die vom Handymast kommt unterscheiden. Für die Benützung des Handys gelten laut den Vorschlägen, die die Ärztekammer Wien herausgegeben hat folgende Ratschläge: Prinzipiell so kurz wie möglich telefonieren, das Handy beim Gesprächsaufbau vom Kopf fernhalten, beim Kauf des Handys auf geringe SAR-Werte achten und nicht in Fahrzeugen telefonieren, da dort die Strahlung wesentlich höher ist. Gerade Jugendliche unter 16 Jahren sollten kein Handy benützen, da ihr Gewebe viel durchlässiger für die Strahlung ist und sich der Körper noch im Aufbau befindet. Gegen die Strahlung von Handymasten kann man eigentlich wenig ausrichten.

Kann man sich als Bürger gegen das Aufstellen eines Mobilfunkmasts vor der eigenen Haustür wehren?

Nein, man hat laut österreichischem Fernmelderecht keinerlei Einspruchsrecht, wie man auch zum Beispiel gegen einen Stromleitungmast nicht klagen kann.  Was man jedoch tun kann, ist, sein Haus mit spezieller schwarzer Abschirmfarbe anzustreichen, wie dies kürzlich ein Hausbesitzer in Bregenz gemacht hat. Er konnte dadurch die Strahlung des Handymasts in seinem Haus deutlich reduzieren.

Seit wann gibt es das Netzwerk "Risiko Mobilfunk Vorarlberg"? Was sind die Ziele des Netzwerks?

Dieses Netzwerk besteht seit einem Jahr und ist vor allem ein Zusammenschluss von Menschen , die direkt von Handymasten vor dem eigenen Haus betroffen sind. Das Netzwerk ist Teil des Netzwerks "Risiko Mobilfunk Österreich", es gibt auch eine österreichweite Plattform. Durch eine Petition an die Landesregierung wollen wir die Senkung der Grenzwerte in Österreich und ein Einspruchsrecht gegen das Aufstellen von Handymasten erwirken sowie auf das Risiko von Handystrahlen aufmerksam machen.

 

Kontakt: risikomobilfunk.vlbg@gmx.at