Jugendliche verbringen viel Zeit mit ihren Freunden und orientieren sich stark an Gleichaltrigen. Dass Eltern für ihre pubertierenden Kinder komplett überflüssig werden, ist jedoch ein Trugschluss.

Irgendwann kommt in einem Elternleben der Zeitpunkt, wo sich Ernüchterung einstellt. Es sind nicht mehr Mama und Papa die unangefochtene Nummer Eins, sondern die Freunde bzw. die Clique haben ihnen mittlerweile den Rang abgelaufen. Welche Rolle bleibt Eltern, wenn die Kinder in der Pubertät sind? Sind Eltern dann noch eine Größe, an der sich Jugendliche orientieren, oder ist es ausschließlich die Gruppe Gleichaltriger?


Wie wichtig die Familie für Pubertierende ist, merkt man Jugendlichen oft erst dann an, wenn es, aus welchen Gründen auch immer, keinen Kontakt zu den Eltern gibt. Eltern sollten wissen, dass Teenies auf zwei Ebenen leben. Da gibt es die soziale Ebene, das ist die Ebene, die wir von unserer Erwachsenenperspektive aus wahrnehmen. Jugendliche verbringen viel mehr Zeit mit ihren Freunden als mit ihrer Familie. Alles, was mit Musik, Kleidung, Mode, also mit Stil, zu tun hat, spielt in der Pubertät eine große Rolle und da passen sich Jugendliche den Gesetzen der jeweiligen Gruppe an. Daraus zu folgern, dass Eltern nun komplett überflüssig geworden sind, wäre jedoch ein Trugschluss.


Es gibt nämlich noch eine zweite Ebene, auf der es um Existenzielles geht. Junge Menschen denken viel über sich und die großen Fragen des Lebens nach. Erwachsene nehmen jedoch kaum etwas davon wahr. Warum? Sie verlassen sich zu sehr auf den äußeren Schein und reagieren auf diesen. Wenn Eltern an ihren Kindern immer wieder die selben Dinge kritisieren, wie Kleidungsstil, Aussehen, Musikrichtung, unaufgeräumtes Zimmer usw., ist es dann nicht nachvollziehbar, dass die Teenager außer Kontakt noch verstärkt Zuflucht bei Freunden suchen?

Freunde herzlich willkommen!

Jugendliche mögen zwar mehr Zeit mit ihren Freunden verbringen, das bedeutet aber nicht, dass ihnen die Familie nicht mehr wichtig ist. Gerade wenn Eltern spüren, wie viel die Freunde ihrem Kind bedeuten, können sie mit einer entsprechenden Haltung einiges dazu beitragen, dass ihnen der Kontakt zu ihrem eigenen Kind nicht abhanden kommt.


Wenn irgendwie möglich, halten Sie sich ein offenes Haus. Wechseln Sie ein paar Worte mit dem Besuch, wenn Freunde zu ihren Kindern kommen. Junge Menschen schätzen es sehr, wenn sie in einem Haus freundlich empfangen und willkommen geheißen werden. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen, wenn Sohn oder Tochter genervt die Augen rollen, nur weil Sie sich mit ihren Freunden unterhalten. Bei einem Glas Saft oder einem Stück Kuchen werden viele der jungen BesucherInnen ausgesprochen redselig. Widerstehen Sie aber der Versuchung, die Freunde auszufragen. Nach dem Motto: „Ah, gut, dass ich dich sehe. Du kannst mir sicher sagen, was da letzten Samstag auf Danielas Party wirklich gelaufen ist. Aus unserem Sohn ist ja nichts he-rauszubringen.“ Mit einer solchen Aussage bringen Sie den jungen Gast nur in einen Loyalitätskonflikt.

Zu Weihnachten auf die Party?

Und selbst wenn Sie in Bezug auf den Freundeskreis berechtigte Bedenken hegen, ist es immer noch besser, die Jugendlichen hängen, unter Einhaltung von ein paar Regeln, bei Ihnen bzw. im Zimmer Ihres Kindes herum als auf der Straße. Versuchen Sie lieber zu ergründen, warum gewisse Freunde eine solche Faszination auf Ihr Kind ausüben. Manchmal verkörpern diese Fähigkeiten oder Eigenschaften, die in der eigenen Familie nicht gelebt werden oder zu kurz kommen.


Weihnachten steht kurz vor der Tür und Tochter und Sohn haben bereits verlauten lassen, dass sie dieses Jahr null Bock auf traute Familienidylle und Christmette haben, weil irgendwo eine „mega-coole Party“ steigt? Darauf zu pochen, dass „man“ Weihnachten mit seiner Familie feiern muss, weil man das immer schon so gemacht hat und sich das so gehört, ist den Jugendlichen zu unpersönlich.


Teilen Sie Ihrem Tochter oder Ihrem Sohn Ihren Wunsch mit: „Ich würde mich freuen, wenn wir noch gemeinsam nach der Bescherung essen könnten und du erst dann auf die Party gehst. Mir würde das wirklich viel bedeuten!“ Die meisten Jugendlichen sind zu Kompromissen bereit, wenn sie mit ihrem Anliegen gesehen und ernst genommen werden. Sie möchten hören und spüren, dass es nicht um die Einhaltung irgendwelcher Traditionen geht, sondern um sie als Person. Und das nicht nur zu Weihnachten!

Ingrid Holzmüller
Leiterin des Ehe- und Familienzentrums in Feldkirch
Telefon 05522/74139

Tipps für Eltern

  • Wenn Teenies immer mehr Zeit außer Haus und bei Freunden verbringen, wird das Vertrauen der Eltern oft auf eine harte Probe gestellt. Je stärker Sie Ihr Kind kontrollieren wollen, umso stärker wird es sich auch dagegen auflehnen. Alles kommentarlos hinzunehmen, ist auch keine Lösung. Eltern sind gefordert, sich zu positionieren. Sagen Sie klar und deutlich, wie Sie die Situation sehen, aber erwarten Sie nicht, dass Ihr Kind das auch so sieht oder sich nach Ihnen richtet.
  • Wenn Ihr Kind auf einmal weniger Zeit von Ihnen beansprucht, dann hat das auch seine guten Seiten. Sie haben nun wieder mehr Zeit für sich!
  • Geben Sie nicht nur Ihrem Kind Freiräume, um sich zu entfalten, sondern nutzen Sie auch Ihre eigenen Freiräume. Nehmen Sie sich einmal so richtig Zeit für sich selber oder für Ihre Partnerschaft. Und genießen Sie es ohne schlechtes Gewissen!

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