Rund 1500 Vorarlberger/innen haben sich durch den Online-Fragebogen der Diözese Feldkirch geklickt, bzw. haben den Fragebogen des Vatikans beantwortet. Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann und die großen Themen klar aufzeigt: Ehe, Sakramente, Begleitung und Beratung sowie eine andere Haltung gegenüber Geschieden-Wiederverheirateten und dem Thema der Empfängnisregelung.

Es geschieht nicht jeden Tag, dass sich die Leitung der Katholischen Kirche mit einem Fragebogen weltweit an die Katholik/innen wendet und sie um ihre Meinung bittet. Umso größer war dann auch das Interesse am vatikanischen Fragebogen und seinen Themen. „,Wir wollen wissen, was die Menschen denken und wie sie leben‘, hat der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, bei der Präsentation des Fragebogens im Herbst vergangenen Jahres gesagt. Ich möchte mich ganz herzlich bei allen bedanken, die sich an der Umfrage beteiligt und so beigetragen haben, dass für unsere Diözese ein Stimmungsbild zu diesen Fragen entstanden ist“, bedankt sich Bischof Benno Elbs bei allen, die in den vergangenen Monaten der Befragung ihre Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt haben.

Vertrauen wirkt. Beachtliche Quote erreicht
Mit 1460 Frauen und Männer kann besonders die Online-Umfrage auf eine beachtliche Quote verweisen. Auch in den diözesanen und pfarrlichen Gremien sowie verschiedenen kirchlichen Einrichtungen und Gemeinschaften gab es eine engagierte Auseinandersetzung mit den Fragen aus Rom. „Eine solche Befragung ist Ausdruck des Vertrauens in die Menschen. Und dieses Vertrauen wirkt“, erklärt sich Pastoralamtsleiter Walter Schmolly das engagierte Interesse.

Religion hat hohen Stellenwert
Das Ergebnis der Befragung ist durchaus facettenreich. „Im Gesamten“, so Walter Schmolly, „spiegelt die Befragung wider, dass dem Religiösen in Beziehungen und Familien nach wie vor ein hoher Stellenwert zukommt“. Von den TeilnehmerInnen an  der Online-Befragten halten 72% eine kirchliche Hochzeit für wichtig, 75% sind interessiert an kirchlichen Angeboten für Ehe und Familie, 86 % erachten den Empfang der Sakramente und eine christliche Erziehung für ihre Kinder als wichtig, 37% der Eltern beten oft mit ihren Kindern, weitere 30% hin und wieder.

Diskrepanz zu kirchlichen Positionen
„Zugleich wissen die Menschen um die Diskrepanz, die in manchen Punkten zwischen ihren Vorstellungen und dem in der kirchlichen Lehre gezeichneten Ideal besteht. Und sie wünschen sich in diesen Punkten mehrheitlich eine Weiterentwicklung der kirchlichen Position“, analysiert Pastoralamtsleiter Walter Schmolly das Ergebnis weiter. Das zeigte sowohl die Konsultation in den diversen Gremien und Einrichtungen als auch die Online-Befragung. Für viele beginnt das schon bei der lebensfremden Sprache  der kirchlichen Aussagen. Besonders deutlich ist es bei den Themen der Empfängnisregelung (über 80% sehen das anders als die offizielle kirchliche Position), dem Zusammenleben vor der Eheschließung (75% finden das in Ordnung) und dem Umgang mit wiederverheiratet Geschiedenen (91% lehnen den Ausschluss von der Kommunion und Beichte ab, 80% wünschen sich die Möglichkeit einer zweiten kirchlichen Heirat).

Mit den Bischöfen nach Rom
Bis 10. Jänner konnten die beiden Fragebögen via Website des Feldkircher Ehe- und Familienzentrums (www-efz.at/umfrage) beantwortet werden. In den vergangenen Tagen war es dann am Redaktionsteam – bestehend aus Mag. Edgar Ferchl-Blum (Leiter des Ehe und Familienzentrums) und Dr. Petra Steinmair-Pösl (Theologin am Institut für Sozialethik der Universität Wien), unterstützt von Dr. Reinhard Maier - die Antworten zu sichten und zusammenzufassen.
Diese Zusammenfassung wird Bischof Benno Elbs gemeinsam mit allen Rückmeldungen im Rahmen des Adlimina-Besuchs der österreichischen Bischöfe in Rom (27.-31.1.2014) dem Generalsekretär der Bischofssynode übergeben, die sich im Herbst 2014 mit den Themen der Ehe und Familie auseinandersetzen wird.
„Die Erwartungen an die Synode sind hoch“, weiß Pastoralamtsleiter Walter Schmolly. „Eine der Herausforderungen wird sein, dass die Situation in den weltweit nahezu 3.000 Diözesen sehr unterschiedlich ist. In dieser Vielfalt gemeinsame Schritte zu setzen ist nicht einfach. Aber das Ziel muss sein, dass die Kirche für möglichst viele Familien und junge Menschen in ihren Beziehungsfragen eine verständnisvolle und kompetente Begleiterin sein kann. Das ist zumindest bei uns nur möglich, wenn sich die kirchlichen Positionen weiterentwickeln.“

Was wir für die Arbeit in Vorarlberg lernen
Aber auch in der Diözese Feldkirch will man aus den Ergebnissen der Umfrage lernen. Vor allem Edgar Ferchl-Blum, Leiter des Ehe- und Familienzentrums, sieht hier große Chancen und Herausforderungen. In den vergangenen Wochen hatte er unzählige Telefonate geführt mit Menschen, die sich direkt zu den Themen des Fragebogens äußern wollten: „Manche Anruferin, mancher Anrufer konnte seinen Frust, aber auch seinen Dank und sein Lob über die Situation in der Kirche bei uns abladen. Dieses ‚große Ohr‘ wollen wir als EFZ auch weiterhin sein.“ Eine besondere Herausforderung wird sein, die professionellen Angebote des Ehe- und Familienzentrums vermehrt publik zu machen. Die 75% TeilnehmerInnen an der Online-Befragung, die sich eine stärkere Begleitung und Beratung der Eheleute in Konfliktsituationen wünschen, sind hier ein neuer Ansporn. „Wir müssen mehr Öffentlichkeitsarbeit machen, damit jede und jeder Vorarlberger Katholik/in weiß, dass er/sie im EFZ professionelle Hilfe in allen Fragen des Zusammenlebens bekommen kann. Die Kritik vieler an der Umfrage Teilnehmender, dass ihnen in Krisensituationen von kirchlicher Seite nicht geholfen wurde, sollte es in Zukunft nicht mehr geben.“
Wichtig ist ihm, dass die Arbeit des EFZ ohne das Verurteilen von Menschen und ihren Lebenssituationen auskommt: „Verurteilen hilft niemandem und belastet die Beziehung zur Kirche.“
Analysieren will Edgar Ferchl-Blum auch die Ergebnisse zur kirchlichen Ehevorbereitung. Diese bleibt zwar sehr vielen Menschen in Erinnerung (73%), aber nur 23% sagen, dass sie in ihrem späteren Eheleben eine Hilfe war.

Zu wissen, was die Menschen denken und wie sie leben, dieser Wunsch stand am Anfang der Umfrage zur Ehe- und Familienpastoral. Was die Vorarlberger Katholik/innen denken und wie sie leben, davon zeichnen die Ergebnisse der Umfrage jedenfalls ein reiches Bild – inklusive aller Meinungsvielfalt und Widersprüchlichkeiten.

Die Ergebnisse der Umfrage sind auf der Website des Ehe-und Familienzentrums abrufbar: www.efz.at/umfrage