Der idealisierte Partner – die idealisierte Partnerin

Aus der Praxis: Sportlich, attraktiv, sexy, gute Figur, immer gut gelaunt, immer freundlich, großzügig, beruflich erfolgreich ... sind oftmals die Wünsche an einen Ehepartner. Da drängt sich doch die Frage auf: Soll es denn wirklich einen Menschen geben, der so wesentlich anders ist als ich selbst? Oder: Wie halte ich es selbst mit meinen Unzulänglichkeiten, welche Ansprüche habe ich an mich? Oder: Brauche ich den Übermenschen von Partner, um mich selbst gut zu fühlen? Thomas meinte vor einigen Jahren, nur eine Partnerin mit oben genannten Eigenschaften lieben zu können. Leider sei die Welt voll von normalen Frauen ... So würde er lieber allein bleiben, was ihn aber auch nicht glücklich macht. Depressive Verstimmungen und permanente Unzufriedenheit führten ihn in die Beratungsstelle.

Die Sehnsucht nach dem vollkommenen Partner ist das Bedürfnis, dass der Partner/die Partnerin alle eigenen Erwartungen und Wünsche erfüllen möge und eigene Unzulänglichkeiten kompensieren solle.

Als Kind ist man existenziell davon abhängig, dass grundlegende Bedürfnisse erfüllt werden, wie gut umsorgt werden, Aufmerksamkeit und Anerkennung bekommen, Geborgenheit und Wärme spüren. Nur damit kann sich ein Urvertrauen ins Leben und eine gute, reife Persönlichkeit entwickeln.

Ja sagen zu sich selbst. Wenn ein Kind sich sicher fühlt, kann sein Selbstwert gut reifen. Das ist die Grundlage für eine zufriedene Beziehung im erwachsenen Alter. Die tiefe Bejahung der eigenen Persönlichkeit ermöglicht einen angemessenen Toleranzrahmen für das Leben in einer Ehe mit den normalen Höhen und Tiefen in der Beziehung.

Idealer Partner. Ein idealer Partner ist wahrscheinlich jemand, der die Entwicklung zum reiferen Menschsein, zu Freiheit, Eigenständigkeit und Verantwortung zulässt und das Anderssein des Partners oder der Partnerin grundsätzlich akzeptiert. Dem anderen auch in schwierigen Zeiten Wertschätzung entgegenzubringen und den vielfältigen Anforderungen in Beruf, Familie und anderen sozialen Beziehungen flexibel zu begegnen, das sind normale Anforderungen an eine Ehe.

Faszinierendes Wesen. Thomas hat gelernt, dass seine überhöhten Ansprüche an eine Partnerin mit seinen eigenen, nicht hinterfragten Unzulänglichkeiten zu tun haben. Heute liebt er seine Frau, die gerade eine Kündigung hinnehmen musste, die nicht sehr sportlich ist und gemessen an seinen früheren Ansprüchen keine „Idealfigur“ hat. Ihre spezifische Persönlichkeit – wie sie auf ihre Weise das Leben anpackt – fasziniert ihn und er ist sich bewusst, dass er für die Erfüllung so mancher Wünsche und Bedürfnisse selbst zuständig ist.

Luise Beiter, Ehe- und Familienzentrum Feldkirch, Telefon 05522/82072