Daniela und Markus haben es schließlich geschafft, nach einem turbulenten Tag gemeinsam essen zu gehen. Zum Italiener in die Stadt. Kaum haben sie Platz genommen, bimmelt auch schon Markus´s Handy. Er nimmt das Gespräch an, Daniela wirft ihm einen genervten Blick zu und greift schon mal zur Speisekarte. Als Markus sein Gespräch beendet hat, wählt auch er, wirkt auf Daniela aber noch abwesend. Dann wird das Essen serviert. Gerade in diesem Moment meldet sich wieder das Handy von Markus. Und er nimmt wieder ab. Daniela schaut abwechselnd auf ihr und sein Essen, wartet ab. Aber als Markus auflegt und dann ein Foto vom Essen macht, um es seinen „Freunden“ zu schicken, ist es für Daniela zu viel. Sie steht auf und rauscht hinaus.

Auf der Toilette schießen ihr die Tränen aus den Augen. Sie hatte sich so auf einen romantischen Abend mit Markus gefreut.  Jetzt ist sie enttäuscht. Wie kann er nur sein Smartphone so wichtig nehmen und sie dabei einfach ignorieren!? Als wäre sie gar nicht da.

Der Abend ist für sie gelaufen. Und sie wird Markus ihren Frust spüren lassen.....

Markus seinerseits versteht nicht, warum Daniela gleich so einen Trara macht. Er hat ja nur zweimal kurz telefoniert. Musste eben sein. Tja, und das Foto für die Facebook-Freunde. Er wollte einfach zeigen, dass er´s mit Daniela wieder zu einem romantischen Abend geschafft. hat. Das ist doch keinen Streit wert.......

Was mit den beiden hier passiert, ist leider keine Seltenheit. Dabei geht es um  Grundsätzliches: Aufmerksamkeit, Präsenz, Respekt. Daniela fühlt sich durch Markus’ Verhalten nicht wahr- und erstgenommen. Das tut weh. Ganz besonders, wenn man sich auf ein „Dinner for two“ in intimer Atmosphäre eingestellt hat.

Was hat das Ding was ich nicht habe?

Wie eine aktuelle Studie des Dating Portals „Dating Café“ belegt, empfinden immer mehr Partner die zunehmende Smartphone-Nutzung als störend. Sie sind geradezu eifersüchtig auf die „Dinger“.  81% der Befragten fühlen sich durch den ständigen Griff ihres Partners zum eigenen Handy beleidigt und reagieren darauf genervt.  

Dass das mobile Telefon zum Beziehungskiller taugt, wurde bereits im Film und Theaterstück „Der Gott des Gemetzels“ von Yasmina Reza demonstriert. Die Szene mit dem ehelichen Streit um das Handy ist berüchtigt: weil Ehemann Alain ständig telefoniert, anstatt sich um die Probleme der Familie zu kümmern, versenkt Ehefrau Annette das Ding kurzerhand in einer Blumenvase und schreit: „Unser Leben wird zerhackt von diesem Handy!“

Knapp 40% der Leute – Männer wie Frauen – sind eifersüchtig auf die Zeit, die ihr Partner mit dem technischen Spielzeug verbringt. Das scheint mir der Kern der Sache zu sein: es geht um die Aufmerksamkeit, die Präsenz. Sich auf das Gegenüber zu konzentrieren.

Wir chatten, texten, bloggen lesen, liken, posten, favorisieren und WhatsApp-en und sind mit Hilfe unseres Smartphones so richtig „sozial“, gleichzeitig verkümmert aber ganz offensichtlich immer mehr die echte soziale Interaktion. Es ist oft bequemer, schnell eine SMS oder Whats-App Nachricht zu schreiben, als von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren. Das Problem dabei ist:  es geht die Tonalität und die Körpersprache verloren. Nachdem 75% aller Kommunikation nonverbal ist, fehlt uns ein  wichtiger Teil der Botschaft, weil wir den anderen nicht mit allen Sinnen wahrnehmen können.

Die gute Seite

Smartphones helfen uns, den Alltag zu bewältigen, bieten uns Möglichkeiten, schnell und unkompliziert mit Freunden und Verwandten in Kontakt zu treten und sind ein guter Partner, wenn es um Ablenkung geht. Und wenn wir rasche Hilfe brauchen, haben sich diese modernen Kommunikationsmittel tausendfach bewährt. In der besagten Studie geben 41% der Leute an, sich ihrem Partner näher zu fühlen, wenn sie über Handy oder online Nachrichten austauschen.

Handy-freie Zeiten und Zonen

Die Grenze ist da, wo man sie zieht. Ich selbst habe mit meiner Frau Zeiten und Orte vereinbart, wo wir Handy & Co ignorieren:  beim Essen am Tisch zum Beispiel. Und wenn sich einer von uns zum Lesen zurückzieht. Sinnvoll scheint es mir auch, Orte wie z.B. einen Lese- oder Ruheraum – insbesondere das Schlafzimmer – als Handyfreie Zone zu erklären.  

Wenn wir nicht Barack Obama oder Angela Merkel heißen, ist permanente Erreichbarkeit auch nicht so wichtig. Es darf also auch Zeiten geben, in denen mein Handy ausgeschalten oder zumindest auf lautlos gestellt ist.

Wer seinen Partner ganz für sich haben möchte, kann sich  an einen Ort ohne Empfang zurückziehen, zum Beispiel eine Berghütte. Da ist nichts anderes mehr wichtig. Dann zählt nur noch die Liebe.

Grundsätzlich geht es darum, ein gesundes Maß an Konsum zu finden.  Es gilt wie bei allen Dingen: die Dosis macht das Gift. Und übermäßiger Handy – wie auch Computer- Konsum ist Gift für unsere Beziehungen.

Vertraulichkeit

Für Handys gilt das gleiche wie für die persönliche Post: mit Respekt zur Eigenständigkeit des Partners für den anderen tabu. Es sei denn, Paare vereinbaren ein offenes Umgehen damit, gegenseitig natürlich.

Markus hat sich übrigens bei Daniela entschuldigt. Die beiden haben eine Vereinbarung über Handyfreie Zeiten und –Zonen getroffen. So einen verdorbenen Abend möchte Markus sich nicht mehr leisten.

Paarberater, Albert A. Feldkircher/ Feber 2015
Kontakt: Beratungsstelle des Ehe- und Familienzentrums; Beratung in Feldkirch, Dornbirn und Bregenz
Anmeldung und Anfragen: telefonisch 05522 / 74139 oder per E-Mail an beratungsstellen-efz@kath-kirche-vorarlberg.at