Folgen von Trennung und Scheidung für das betroffene Kind

Andrea ist 8 Jahre alt. Ihre Eltern haben sich gerade getrennt. Zahlreiche Streitereien, Auseinandersetzungen, aber auch Sprachlosigkeit zwischen den Eltern gingen diesem Schritt voraus. Andrea empfindet auf der einen Seite Erleichterung, dass die Situation zu Hause entspannter ist, auf der anderen Seite ist sie traurig, weil der Vater ausgezogen ist und sie ihn nicht mehr so oft sehen kann. Sie ist wütend auf ihre Eltern, dass sie es nicht geschafft haben, sich zusammenzureißen. Aber darf sie wirklich wütend sein? Werden die Eltern sie auch weiterhin beide lieb haben? Je länger Andrea nachdenkt, umso mehr beginnt sie sich zu fragen, ob es vielleicht ihre eigene Schuld war, dass die Eltern sich so häufig gestritten haben.

Eine Trennung bedeutet für die betroffene Familie immer eine Krise, die für Eltern und Kinder gleichermaßen belastend ist. Eine Trennung ist nie alltäglich – für alle gehen gewohnte Strukturen verloren, der Alltag wird völlig auf den Kopf gestellt.
Im Unterschied zu den Eltern „passiert“ den Kindern die Trennung, ohne dass sie diese verhindern können. Sie haben kein Mitspracherecht, obwohl dieser Schritt ihr Leben grundlegend verändert.

Die Gefühlspalette unserer jungen Klientin ist typisch für Kinder aus Scheidungsfamilien. Die Gefühle, die sie erleben, können sehr widersprüchlich sein – von Erleichterung über Wut, Trauer, bis hin zu Schuldgefühlen. Oft werden die betroffenen Kinder in dieser Situation übersehen und sind mit den zahlreichen Fragen und Umstellungen überfordert, denen sie sich stellen müssen. Viele Kinder haben das Gefühl, dass sie die einzigen Menschen auf der Welt sind, die eine Trennung der Eltern miterleben und trauen sich nicht, mit jemandem darüber zu sprechen.

Wie können betroffene Kinder unterstützt werden?

Zentral ist, dass die Erwachsenen, denen das Kind anvertraut ist, von den Nöten wissen, die ein Kind in dieser Zeit empfindet. In der nicht alltäglichen Situation brauchen Kinder ein offenes Ohr, das sie bei den Eltern auf Grund deren eigener Belastung und Involvierung oft nicht finden können. Für die Eltern selber ist es eine Entlastung, wenn Kinder sich einem Außenstehenden anvertrauen und offen reden können.

Ein zentraler Aspekt in der Unterstützung von Kindern ist, dass sie Raum und Zeit bekommen, ihre Gefühle auszudrücken. Dabei müssen alle Gefühle Platz haben und ohne Zensur beschrieben werden dürfen. Für manche Kinder ist es dabei wertvoll, diesen Austausch auch mit anderen Kindern zu erleben, was vor allem im Gruppenprogramm Gigagampfa des Ehe- und Familienzentrums möglich ist, oder aber auch in einer Einzelberatung, die ebenfalls im Ehe- und Familienzentrum in Anspruch genommen werden kann.

Gigagampfa

Gigagampfa als ein Gruppenprogramm für Kinder und Jugendliche bietet die Möglichkeit, sich gemeinsam mit einer qualifizierten Person mit dem Erlebten und den entstehenden Fragen und Gefühlen zu beschäftigen, aber sich auch mit anderen Kindern in der gleichen Situation auszutauschen. Sich nicht mehr als Außenseiter zu fühlen, nicht mehr den Eindruck zu haben, dass „nur ich so etwas erlebe“, ist für Kinder zur Verarbeitung und zum Einleben in die neue Situation von großer Wichtigkeit. Bei Gigagampfa werden Kinder und Jugendliche längere Zeit begleitet und erleben eine stabile Beziehung zu einem Erwachsenen und zu anderen Kindern. Es wird ihnen Raum gegeben, über die Trennung der Eltern zu sprechen, ihr Erleben auszudrücken, ohne dass sie Rücksicht auf die Gefühle der Eltern nehmen müssen.

Auch die Eltern werden mit professioneller Unterstützung in den Prozess miteinbezogen. So wird mit ihnen unter anderem erarbeitet, wie sie den Kindern in dieser Zeit am besten helfen können. Ein wichtiger Punkt ist, dass sie lernen, auf der Elternebene miteinander zu kommunizieren, auch wenn es auf der Paarebene keine Möglichkeit mehr für ein gemeinsames Gespräch gibt.

Mit einem optimistischen Gefühl in die neue Lebenssituation zu gehen und zu sehen, dass auch weiterhin Liebe, Schutz und Freude erlebbar sind, ist das wichtigste Ziel.

Mag. Dr. Veronika Burtscher-Kiene

Beratungsstelle
Gruppenleiterin Gigagampfa
 
Kontakt:
Ehe- und Familienzentrum
Herrengasse 4, 6800 Feldkirch
Tel.: 05522/74139
E-Mail: efz@kath-kirche-vorarlberg.at