Sucht man im Internet nach dem Begriff „Eheseminar“ findet man dort - neben zahlreichen Angeboten - oftmals die Frage, warum dieses (immer noch) verpflichtend ist. Und was es bringen soll. Gute Fragen, denen das KirchenBlatt nachgegangen ist.

Zur Sache

Will man in Vorarlberg kirchlich (römisch-katholisch) heiraten, kommt man am Eheseminar nicht vorbei. Eine Tatsache, die vielen zukünftigen Ehepaaren zunächst widerstrebt. „Wie viele Menschen würden den Führerschein machen, wäre er nicht verpflichtend?“, hält Edgar Ferchl-Blum, Leiter des Ehe- und Familienzentrums (efz) der Diözese Feldkirch, dem entgegen. Und als eine Art „Fahrschule“ könnte man das Eheseminar wohl durchaus sehen.

Zeitverschwendung?
Anfängliche Vorbehalte gegen dieses „Pflichtseminar“ hatten auch Andrea Kampel und Matthias Trummer, die im August heiraten werden. Der Grund? „Viele haben gesagt, dass es zwar ein netter Tag war, sie aber nicht viel mitnehmen konnten“, erklärt die Volksschullehrerin. Zeitverschwendung also? Anfang April haben sie das Eheseminar „hinter sich gebracht“ und konnten feststellen: Es war tatsächlich ein „Wellnesstag für die Beziehung“. Unter diesem Motto stand das Eheseminar, das sie gemeinsam mit neun anderen Paaren im Bildungshaus Batschuns besuchten nämlich. Und trotzdem war es ein „Tag - nur für uns zwei“, sind sich die beiden einig.

Vier Themenbereiche
Vier große Themenbereiche stehen beim Eheseminar auf dem Plan: Herkunftsfamilie, Kommunikation, Sexualität und Natürliche Empfängnisregelung sowie Ehe als Sakrament und persönlicher Glaube im Ehealltag. Den Anfang machte dabei eine Vorstellungsrunde, in der man den anderen z.B. erklärt, wann man seinen Partner zum ersten Mal gesehen hat, was an ihm faszinierend ist und was man an ihm schätzt. So private Gefühle mit fremden Menschen zu teilen, fällt zwar nicht leicht, schafft aber eine besondere Atmosphäre, erklärt Trummer.

Eh klar, aber...
Beim Thema Herkunftsfamilie geht es dann ums Eingemachte, nämlich um Rituale, Werte und Normen, die einem von der Familie vermittelt wurden. Gemeinsam wird überlegt, was man davon in die zukünftige eigene Familie mitnehmen oder anders gestalten möchte. Ein Thema, das den beiden besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die Kommunikation - und welche Fehler man dabei machen kann. „Natürlich war theoretisch vieles schon klar und nicht mehr neu, aber wenn es einem bewusst gemacht wird, denkt man nochmals darüber nach“, erklärt der Sportmittelschullehrer.

Bewusst machen
Doch wie muss man sich so ein Eheseminar denn nun vorstellen? „Super strukturiert und abwechslungsreich“, lächelt Kampel. Selbstverständlich stehen auch Gruppenarbeiten mit auf dem Programm, in erster Linie geht es aber um das Paar selbst. „Man erhält einen Impuls und hat dann Zeit zu zweit darüber zu sprechen“, erklären die beiden. Wäre man zu Hause, würden wahrscheinlich die Hausarbeit oder Korrekturarbeiten dazwischenkommen. So aber „haben wir uns angeschaut, und über alles Mögliche geredet. Themen, über die wir uns eigentlich noch nie Gedanken gemacht haben, die aber wichtig sind“, unterstreicht das Paar. Und auch wie wichtig Zeit füreinander ist, haben sie gelernt - selbst oder vor allem wenn dann eine Familie und Kinder da sind. „Mich hat es bestärkt in dem Weg, den wir einschlagen“, fühlt sich Kampel bestätigt.

Sakrament der Ehe
Doch das Eheseminar zeigt nicht nur die Möglichkeiten einer Ehe auf, es macht auch bewusst, dass es nun „ernst“ wird, erklärt Trummer. Insbesondere dann, wenn es um die Ehe als Sakrament und den persönlichen Glauben im Ehealltag geht. Schließlich ist das Ehesakrament das einzige Sakrament, das sich Christen selbst spenden können. Gemeinsam wird in der Gruppe besprochen, welche Bedeutung das Gelübde hat, warum der Ring das Symbol für die Ehe ist und was „Treue bis in den Tod“ für einen persönlich bedeutet.

Authentisch
Einen ganzen Tag haben die beiden Lehrer in das Gelingen ihrer zukünftigen Ehe investiert. Unterstützt wurden sie dabei von einem Referenten-Ehepaar, das auch persönliche Beispiele anführte, um die Theorie zu veranschaulichen. „Ich hatte das Gefühl, dass sie glücklich miteinander sind, das gut managen und sich wirklich an das halten, was sie da erzählen“, ist Trummer begeistert. Ohne dabei aufdringlich zu sein. „Ich fand es gut, dass ein Ehepaar das Seminar leitet, denn die leben wirklich in einer Ehe und wissen, wie´s läuft“, bestätigt auch Kampel.

Kreativ
Neben den zahlreichen Impulsen, Gruppendiskussionen und Paar-Gesprächen blieb auch Zeit für Kreatives. Das Aufmalen der Herkunftsfamilie, eine gegenseitige Handmassage oder das Verfassen von Liebesbriefen zum Beispiel, die am Hochzeitstag getauscht werden sollen. „Das Eheseminar hat uns viel gebracht“, sind sich die beiden einig. Einen ganzen Tag ohne Ablenkung miteinander zu sprechen, war für die Partnerschaft sicherlich etwas ganz Bereicherndes, erklären sie - auch wenn am Anfang Bedenken da waren. Ähnlich erging es auch den anderen Teilnehmer/innen, erinnern sich die beiden.

Kritik
Einziger Kritikpunkt ist die Anzahl der teilnehmenden Paare - in dem Fall gilt wohl „weniger ist mehr“. Auf die Frage, ob sie das Seminar auch gemacht hätten, wenn es keine Pflicht wäre, folgt eine schnelle Antwort: Nein! Auf die Frage, ob sie es nun weiterempfehlen können, ebenfalls: Ja! Ob sie in ihrer Ehe auch anwenden können, was sie gelernt haben? Das KirchenBlatt bleibt dran.

Zur Sache

Gut ausgebildet in die Ehe

Im Herbst 1979 wurde das Ehe- und Familienzentrum (efz) gegründet - u.a. auch deshalb, um die Pfarreien bei ihrer Aufgabe den Brautpaaren eine gute Ehevorbereitung zukommen zu lassen, zu unterstützen. Heute bietet das efz jährlich über 50 Ehevorbereitungskurse für rund 400 Paare an. „Der Kern der Ehe ist gleich geblieben, aber die Gestalt ist eine andere geworden“, erklärt der Leiter des efz, Edgar Ferchl-Blum. Die Ehe ist keine Zweckgemeinschaft mehr, die das Überleben der Partner absichert, sondern eine auf Freiwilligkeit beruhende Liebesgemeinschaft, bei der es möglicherweise auch drunter und drüber gehen wird.

Zufriedene Kunden
Anforderungen, auf die die gut ausgebildeten Referentenpaare wie Werner und Marianne Walser im Rahmen der Eheseminare eingehen. Seit 24 Jahren leitet das Ehepaar Walser bereits Eheseminare und ist dabei glaubwürdig, authentisch, praxisnah und fachlich kompetent. Das attestieren ihnen zumindest zahlreiche „zufriedene Kunden“, wie aus den Bewertungsfragebögen hervorgeht. Wichtig ist ihnen in den Seminaren eine angenehme Atmosphäre, Informationen über das „Lebensprojekt Ehe“ und ein guter Mix von interaktiven Methoden und Kurzreferaten. Ein „Beruf“ der mit 17 Seminaren jährlich auch zur Berufung geworden ist.

An der Beziehung arbeiten
„Eine gute Ehe leben, ist eine große Herausforderung“, erklärt Ferchl-Blum. Und dafür muss man auch etwas tun. Am Beginn der Ehe mithilfe eines Eheseminars, aber auch um die Beziehung weiter zu entwickeln, bietet das efz Seminare wie „EPL- ein partnerschaftliches Lernprogramm“ oder auch "NER-die natürliche Empfängnisregelung" an. Denn „für Kinder ist eine funktionierende Beziehung zwischen den Eltern ein Sprungbrett in ein eigenes, erfülltes Leben“, so Ferchl-Blum.

Pflicht
Doch warum ist das Eheseminar Pflicht? "Der Kirche ist die Beziehung zwischen Frau und Mann viel zu wichtig, als dass sie diese Beziehung einer Willkür aussetzen möchte", erklärt Ferchl-Blum. Und junge Paarew würden dazu neigen, ihre Situation sehr rosarot sehen. "Das ist auch gut so, denn bekanntlich gilt: 'Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben …' (Hesse). Wenn dann aber gut ausgebildete, feinfühlige und erfahrene Ehepaare denn Blick auf die Schlüsselstellen ehelichen Lebens richten, dann sind die Brautpaare sehr dankbar dafür", so Ferchl-Blum.

Liebt einander...
Eine Erfahrung, die auch das Ehepaar Walser gemacht hat. Damals, 1991, wurden im KirchenBlatt vom efz Referenten für die Ehevorbereitung gesucht. Nach einem Referentenlehrgang war den beiden klar: das ist unser Thema. Die Ehe ist ein Lebensprojekt, erklären die beiden, und deshalb ist für eine lebendige Beziehung auch viel "Beziehungsarbeit" notwendig. "Für eine christliche Ehe ist es sinnvoll Impulse zu bekommen", so Walser. Gemeinsame Visionen, einander respektvoll auf "Augenhöhe" zu begegnen, Glaube und das Motto "Liebt einander, wie ich euch geliebt habe", sind aber ebenso wichtig.

(aus KirchenBlatt Nr. 20 vom 15. Mai 2014)