Glück, Wohlbefinden, Work-Life-Balance, Gesundheit, Stressfaktoren sind Begriffe, mit denen sich gut Geld verdienen lässt in einer Zeit und ihren Menschen, die es gewohnt sind zu leisten und sich ihren Wohlstand und ihr Wohlbefinden zu erarbeiten.

Durch einen arbeitsintensiven „10-Punkte-Plan“ können wir, laut einiger Bestseller, Glück, Gelassenheit, Reduzierung von Stress und damit Steigerung von Wohlbefinden, erreichen. Diesen Ratgebern gemeinsam ist, dass, wenn wir uns nur genügend anstrengen und dran bleiben, wir uns unser Glück erarbeiten können. Wir als professionelle BegleiterInnen sind dann mit den LeserInnen und ihren Versuchen und Vorstellungen konfrontiert, insbesondere dann, wenn der Plan zur Erreichung maximalen Glücks nicht aufgeht.
Paul Watzlawick betitelte 1983 sein bekanntestes Werk: „Anleitung zum Unglücklich-sein“. In einem seiner Beispiele beschreibt er einen Mann, der ein Bild aufhängen möchte, einen Nagel hat, aber keinen Hammer. Er beschließt, sich bei seinem Nachbarn einen Hammer auszuleihen. Als er sich auf den Weg macht, tauchen plötzlich zweifelnde Gedanken auf wie: „Was ist, wenn mir mein Nachbar den Hammer gar nicht leihen will? Gestern war er in Eile und hat mich nur flüchtig gegrüßt. Vielleicht hat er was gegen mich? Und was? Der bildet sich da was ein. Ich würde ihm den Hammer sofort borgen, warum er mir nicht? Der meint noch, ich bin auf ihn angewiesen. Jetzt reicht es aber. Und so stürmt er hinüber, läutet und als der Nachbar öffnet, schreit ihn der Mann an: „So behalten Sie doch Ihren Hammer, Sie Rüpel…!“ Watzlawick weist auf eine selbstquälerische Ader von uns Menschen liebevoll und auch ironisch hin: Bevor uns der andere abweist und unsere Wünsche und Bedürfnisse ablehnt, werten wir den anderen ab und die Situation dementsprechend um.
So präsentiert sich unsere „Gesellschaft“ für mich oft wie in zwei Lager geteilt: Auf der einen Seite stehen die Menschen, die arbeiten, leisten, effizient, geplant und erfolgreich sind. Die Menschen auf der anderen Seite sind die Arbeitslosen, die psychisch und physisch Dauerkranken, die Ausländer, die Flüchtlinge. In den Märchen, Mythen und Geschichten aus der Bibel wird uns aufgezeigt, wie die Welt in Hell und Dunkel, Gut und Böse, Stark und Schwach, Gesund und Krank aufgespalten ist. Wir identifizieren uns natürlich am liebsten mit den guten, hellen, glücklichen, erfolgreichen Gestalten. Die Eigenschaften der Hexe, der Stiefmutter, der bösen Zauberer, der Pharisäer usw… halten wir gerne von uns fern, wir verdrängen sie, spalten sie gar ab. Die anderen sind dann das, was wir nicht sein wollen.
Doch so wie es das Licht nicht ohne den Schatten gibt, gibt es auch die Fülle nicht, ohne die Leere. Unser Leben, unser Alltag spielt sich in dieser Polarität, dieser Banalität ab. Wenn wir uns nicht ganz auf unser Leben mit unseren Beziehungen einlassen und dann auch wieder loslassen, wird unser Leben schal. Wie beim „Gigagampfern“ finden wir unser Gleichgewicht dann, wenn wir mal auf die eine, mal auf die andere Seite wippen. Bewegen wir uns dabei so, dass wir aufmerksam und konzentriert auf uns achten, dann werden uns, wie überraschend, Momente der glückseligen Ruhe, Stille, Balance und der tiefen Freude geschenkt. Dann lieben wir uns selbst so, wie wir sind in unserem Gelingen und unserem Scheitern.
Vielleicht ist das Geheimnis eines guten, gelungenen und glücklichen Lebens gar, auf das Glück zu „pfeifen“. Dann könnten wir das Glück an-nehmen, ohne zu fragen, ob wir es verdient haben.

Mag. Barbara Hofmann-Bayer, Psychologin; Beratungsstelle Dornbirn

Ehe- und Familienzentrum
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