Gerhard seufzt resigniert. „Was ich auch mache, ich kann´s meiner Frau nie recht machen.“ Und er erklärt: „ Bringe ich ihr Blumen mit nach Hause, unterstellt sie mir dass ich ein schlechtes Gewissen habe.“ Bringe ich keine, bin ich nicht aufmerksam. Arbeite ich hart, damit es ihr und der Familie gut geht, habe ich zu wenig Zeit für sie. Bleibe ich zuhause und arbeite mal nichts, bin ich faul und will mich nur verwöhnen lassen. „

Gerhard befindet sich in einer Opferhaltung („ich armer Mann….“) und ist daher – vorerst - nicht bereit, die Reaktionen seiner Frau zu hinterfragen. Er ist bereits in der Resignation.

Auf die Frage, ob er das auch in seinem Beruf kenne, verneint er ganz klar: „Da komme ich gut zurecht und nicht selten bekomme ich auch Anerkennung für das was ich dort mache. Darum verstehe ich nicht ....undsoweiter. Also hat es etwas mit seiner Beziehung zwischen ihm und seiner Frau zu tun. Deshalb habe ich für ein  nächstes Gespräch seine Frau mit eingeladen und sie ist mit ihm gekommen. Sie macht einen verbitterten und zunächst verschlossenen Eindruck.

Dann kommt zutage, dass es ein grundlegendes Problem gibt: sie fühlt sich nicht geliebt und nicht geschützt. Sie ist permanenten Angriffen aus seiner Familie ausgesetzt und er steht nicht hinter ihr, schützt sie nicht, ja gibt ihr die Schuld dafür wenn es Streit gibt. Das empfindet sie so als Demütigung und Lieblosigkeit, dass sie nicht mehr fähig ist, seine Gesten anzunehmen. Aus ihrer Sicht macht er alles aus einem schlechten Gewissen heraus. Wie soll sie da Freude über sein Tun empfinden?

 

Inzwischen hat das Paar eine räumliche Trennung von den Schwiegereltern der Frau  vorgenommen. Gerhard ist klar geworden, dass nicht nur eine räumliche Distanzierung von seinen Eltern notwendig geworden ist, sondern auch eine Abgrenzung seinerseits und ein Sich-hinter-seine-Frau-stellen. Er tut sich noch schwer damit, weil er ein sehr nahes Verhältnis zu seinen Eltern hat und sie nicht „beleidigen“ will. Er hat aber erkannt, wie sehr er seine Frau durch sein Verhalten gekränkt und alleingelassen hat. Das will er jetzt ändern, denn er liebt sie nach wie vor. Und er hat ihr versprochen, treu zu ihr zu stehen. Gerade dort wo sie es am dringendsten braucht. Die beiden haben auch vereinbart, zweimal im Monat sich für eine halbe Stunde zusammen zu setzen und ehrlich darüber zu reden, wie es ihnen mit den Veränderungen und Vorsätzen geht.

Letzte Woche hat er übrigens wieder einmal Blumen für sie mit nach Hause gebracht. Und sie hat sich mit einem Lächeln und einer festen Umarmung bedankt.

 

Albert A. Feldkircher

2012-06-12