Auf das Kriegerdenkmal in Silbertal wurde man im Juni 2007 aufmerksam, nachdem darauf der Name Vallaster Josef entdeckt wurde. Dieses Beispiel war 2008 Anlass, sich auf der Provikar-Lampert-Akademie der Erinnerungskultur im Lande zu widmen.

Am 15. November fand von 10 bis 13 Uhr zum 5. Mal die Provikar-Lampert-Akademie im ORF-Funkhaus in Dornbirn statt. Wir danken an dieser Stelle herzlich unserem Mitveranstalter, dem ORF, für die mediale Begleitung und die hervorragende Zusammenarbeit.

Thema in diesem Jahr war: "Erinnerungskultur im Wandel. Zum Um-Gang mit dem Gedenken in Vorarlberg."

Es ging um Gedenksteine, Veränderungen in der Gedenkkultur Österreichs, traditionellem Totengedenken und akademischem Nachdenken, theologischem Reflektieren, um dabei festzustellende Unterschiede von urbanem und ruralem Raum, von offiziellen Akten und kulturellem Bewusstsein. Zur Zeit befinden wir uns, so Heidemarie Uhl, in einer Phase, in der das Erinnern beginnt auf lokaler Basis stattzufinden. Was haben dein und mein (Groß)vater, unsere (Groß)mütter getan, was haben sie überliefert und wie gehen wir damit und miteinander um? Darum geht es.

"Rund um Josef V.: zeitgemäßes Erinnern am Beispiel der Silbertaler Geschichtswerkstatt", hieß der Titel des Referats von Bruno Winkler, dem Moderator dieses modellhaften Erinnerungsprojekts. Veranstaltungen zu diversen Themen aus Zeitgeschichte bis hin zur Psychiatrie, Schulprojekte und unzählige Gespräche im Dorf wurden organisiert, initiiert und durchgeführt. Ein überdurchschnittlich hoher Beteiligungsgrad seitens der Dorfbevölkerung, Interesse der lokalen und nationalen Presse sind eindeutige Hinweise für die Notwendigkeit und die Aktualität des Anliegens: "Nur wer seine Vergangenheit kennt, kann befreit in die Zukunft blicken." Der etwas mehr als ein Jahr dauernde Prozess brachte viel Verborgenes zum Vorschein, das auszuhalten war. Das Resümee Winklers lautete: "Silbertäler auf dem Stand Frühsommer 2007 gibt es viele, aber Silbertäler auf dem Stand November 2008 gibt es nur eines, und das liegt im Montafon." (zum Nachlesen: "Ausblick auf die Erinnerungslandschaft eines Dorfes in Vorarlberg, im Jahr 2008" - Vortrag von Bruno Winkler und Hintergrundinformationen: "Ein Dorf denkt über sich nach")



Im Anschluss wurden die AkademieteilnehmerInnen zu einem virtuellen Bild-Rundgang zu Denkmälern und Gedenkstätten in Vorarlberg eingeladen: Von Nord nach Süd, vom King-Gedenkstein in Hörbranz und endend bei der Barbara-Kapelle auf der Bieler Höhe, nahmen sie die Fotografin Eva Ilzer (www.evailzer.com) und der Autor Rainer Juriatti (www.juriatti.net) mit. Sie hatten unabhängig voneinander fotografiert und notierten sich ihre Gedanken dazu. Vielfach waren Erinnerungsräume nicht zugänglich, abgesperrt, unauffindbar. Erinnern kann schwer sein. Spürbar war das Bestreben, den Steinen ihr Leben abzutrotzen, auf sie zu hören, mit ihnen in Beziehung zu treten. Beeindruckend.

 

Das Hauptreferat der Akademie hielt Univ.-Doz. Dr. Heidemarie Uhl, Historikerin an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Wien. Der Titel war: "Erinnerungsbegehren und Gedächtniskultur. Das österreichische Gedächtnis im europäischen Kontext." Fundiert und versiert berichtete Uhl von den wichtigsten Veränderungen im österreichischen "Kollektiven Gedächtnis" (Jan Assmann). Sie referierte über die Opferthese, deren Hinterfragung und das Bekenntnis zur Mitschuld Österreichs bis hin zur heutigen Lokalisierung und Regionalisierung der Erinnerung. Gedenksteine zu errichten diene auch nicht mehr der politischen Positionierung, sondern werden von breiten Bevölkerungskreisen getragen.


Beim an- und abschließenden Podiumsgespräch: "Erinnern an die Zukunft" nahmen teil:

  • Dr. Hanno Loewy, Direktor Jüdisches Museum Hohenems
  • Univ.-Prof. Dr. Reinhard Meßner, Liturgiewissenschaftler, Innsbruck
  • Bruno Winkler, Moderator Geschichtswerkstatt Silbertal, Schruns
  • Univ.-Doz. Dr. Heidemarie Uhl, Zeithistorikerin, Wien

Moderation: Günther Platter, ORF Vorarlberg