Eine kompakte Zusammenfassung zu einem schwierigen Kapitel der jüngeren Kirchengeschichte.

Der Anschluss

Die Nazi-Herrschaft wurde nach dem gewaltsamen „Anschluss“ Österreichs an Deutschland im März 1938 mit einer „Feierlichen Erklärung“ der österreichischen Bischöfe „freudig“ begrüßt: Die Katholiken wurden dazu aufgefordert, bei der Volksabstimmung am 10. April mit „Ja“ zum „Anschluss“ zu stimmen. Die österreichische Bischofskonferenz unter ihrem Vorsitzenden Kardinal Theodor Innitzer gab damit der erfolgten Okkupation ihre Zustimmung. Aus pastoralen Gründen und fußend auf der Hl. Schrift, wonach jedwede Gewalt von Gott stamme (Röm 13, 1f), unterzeichneten die österreichischen Bischöfe diese Erklärung. Die Unterschrift des Vorarlberger Weihbischofs und Generalvikars Franz Tschann befand sich allerdings nicht auf diesem Dokument, das im mittlerweile nationalsozialistischen „Vorarlberger Tagblatt“ abgedruckt worden war und in den Gottesdiensten verlesen werden sollte. Er protestierte gegen den Wortlaut der Erklärung, von der er befürchtete, dass sie die Menschen „in die Irre“ führe und einen Vertrauensverlust gegenüber der Kirche hervorrufe. Aktiv setzte Weihbischof Tschann jedoch keine Handlungen, die die Bevölkerung davon abhielten, in Vorarlberg schließlich mit 98,09% für den „Anschluss“ zu stimmen. Loyalität zur  neuen NS-Machtelite war im weiteren Verlauf die Grundhaltung der Kirche.

 

Widerstand

Die Kirche hatte sich Schutz und eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber dem NS-Terrorsystem erhofft. Trotz Anpassung, ja sogar Anbiederung an seine Machthaber wurden katholische Schulen wie etwa das Jesuitengymnasium Stella Matutina und die Lehrerbildungsanstalt in Feldkirch geschlossen. Der Religionsunterricht wurde zeitweise abgeschafft und sämtliche katholischen Organisationen wurden verboten. Klöster in Bregenz, Bludenz, Feldkirch und Dornbirn wurden aufgehoben. Priester, Ordensleute und Laien wurden bei kleinsten „Verfehlungen“ bestraft und verfolgt. Priester wurden als Soldaten eingezogen. Fünfzig Geistliche kamen ins Gefängnis, vier in Konzentrationslager: Georg Schelling, Josef Plangger, Othmar Gächter und Alois Knecht. Zum Tode verurteilt wurden Carl Lampert (hinger. 1944), der Jesuitenpater Alois Grimm (hinger. 1944) und der Pallotiner Pater Franz Reinisch (hinger. 1942).

Aktiver bzw. politischer Widerstand aus Glaubensüberzeugung geschah nur individuell, nicht seitens der Organisation Kirche. Katholiken in der Widerstandsgruppe rund um Johann August Malin oder der Wehrdienstverweigerer Ernst Volkmann, die in Treue zu ihrem Glauben und ihrem Gewissen Widerstand leisteten und deswegen ermordet wurden, blieben einsame Zeugen des weltanschaulichen Widerspruchs, den Christentum und Nationalsozialismus darstellen. Für ihren Mut erhielten sie selbst nach 1945 wenig und erst späte Würdigung.

 

Erinnerung

Johannes Paul II. mahnte die Kirche immer wieder, eine „Reinigung des Gedächtnisses“ zu betreiben und Schuld zu bekennen, die Mitglieder der Kirche auf sich geladen hatten. Dieser schmerzhafte Prozess, der auch auf Diözesan- und Pfarrebene geschehen soll, ist seit mehreren Jahren im Gange, und die anstehende Seligsprechung Provikar Carl Lamperts bietet Anlass dazu, sich dieser Thematik zu stellen. Der Blick geht auf vertieftes Verstehen, Versöhnung und Öffnung in eine Zukunft, in welcher sich die menschenverachtende Vergangenheit nicht wiederholen möge.