Im Rahmen eines Gottesdienstes am 18. November formulierte Pfarrer Dekan Erich Baldauf in Dornbirn seine Gedanken zum neuen Denkort "Layer". Ein Ort, der die "Erinnerung an diese Zeit des Schreckens als versöhnender Umgang" sehen und gestalten will. Ein Ort, der daran erinnert, dass Gott die Kirche "aus dem Untergrund wachsen" ließ. Und ein Ort, der uns Christen mahnt "aufrecht zu stehen, Widerstand zu leisten gegen alles, was die Würde und Integrität von Menschen in Frage stellt".

Am vergangen Sonntag wurde in St. Martin das Gedenken an Provikar Carl Lampert in Erinnerung an seinen 68. Todestag am 13. Nov. 1944 begangen. Im Rahmen dieses Gedenkens wurde das Kunstobjekt „Layer“ von Hubert Matt und die umgestaltete Kapelle Carl Lampert vorgestellt. „Layer“ – der Begriff kommt zunächst aus der Archäologie und meint vorkommende Schichten, die Grundschichte. Das Kunstobjekt „Layer“ sind Kanalschächte, die ins Gelände im unebenen Vorgarten des Pfarrhofes, neben dem Turm der St. Martinskirche in die Erde eingelassen sind. Sie ragen teilweise heraus und die Deckel bilden eine gemeinsame Ebene. Mir ist bewusst, dass Deutungen und das Kommentieren immer eine persönliche Angelegenheit sind. Ich möchte meine Gedanken als Einladung verstehen, darüber weiter nachzudenken, eigene Gedanken zu entwickeln, sowie eigene Schlüsse zu suchen und zu finden. Es sind drei Gedanken, die mich im Zusammenhang mit dem Kunstobjekt „Layer“ in besonderer Weise angesprochen haben:

Ein Erstes
Der Künstler Hubert Matt wollte kein Heldendenkmal mit einer Bronzestatue oder –figur schaffen, schon gar nicht ein Denkmal, das anklagt, auch nicht das Naziregime. Es würde Provikar Lampert nicht entsprechen oder gerecht werden. In seinen Briefen finden wir keine Zeilen, in der er Menschen anklagt, auch nicht die Peiniger. Hubert Matt sagte sinngemäß dazu: „Mit Anklagen werden wir eine Ideologie wie es das Naziregime war nie überwinden können.“ Ich denke, da ist uns Provikar Lampert wirklich ein Mahnmal, ein Vorbild. Es gilt das Böse zu bekämpfen, aber nicht die Mitmenschen oder dass wir Menschen zu Feinden erklären. Die Erinnerung an diese Zeit des Schreckens als versöhnender Umgang zu sehen und zu gestalten ist die Aufgabe der Spätgeborenen und eben Anliegen des Kunstobjektes.

Es ist ein Gedenkort
Wir sollen das Geschehene nicht vergessen, sondern bedenken, was die Gründe für eine solche Entwicklung waren. Der Gedenkort will erinnern. Wir können und sollen nicht einfach vorbeigehen und vergessen, und die Dinge dem Lauf überlassen. Sie halten eine Erinnerung wach, die heilsam sein will, damit uns nicht Ähnliches widerfährt. Dieses Erinnern ist verbunden mit dem Anliegen, nach dem Grund bzw. Grundschichten zu fragen, worauf die Unmenschlichkeit und Menschenhatz gewachsen ist. Mancher Grund liegt tief und es hatte mehrere Schichten der Entwicklung.

Ein Zweites
Diese Kanalschächte mit Deckeln erinnern an das Faktum, wenn der Mensch nicht mehr zählt, die Menschenwürde, die gegenseitige Achtung und die Menschlichkeit mit Füßen getreten werden, dann wird das Leben zum Abfall. Es eröffnen sich Abgründe des Schreckens und der Dunkelheit. Das (menschliche) Leben verkommt zur Kloake und wird weggespült.

Das Kunstwerk erinnert uns Christen zugleich an ein anderes Faktum. Die Kirche kommt aus dem Untergrund, aus den Katakomben. Unsere Kirche ist aus dem Untergrund hervorgegangen, oder vielleicht müssen wir besser sagen: Gott hat sie aus dem Untergrund wachsen lassen. So erlebte es die frühe Kirche, so erlebte es die Kirche nach den Schrecken des II. Weltkrieges. Vielleicht kann uns das ein wenig Mut für die Zukunft der Kirche geben. Die Kirche wächst immer wieder aus dem Untergrund, vor allem dann, wenn ihr dieser Platz zugewiesen wurde oder wird.

Ein Drittes
Die Kanalschächte bilden im unebenen Gelände eine Ebene. Sie ragen aufrecht aus der Erde hervor, wo es rund um bucklig, abfallend ist. Die Kanalschächte halten die Ebene, erinnern sehr dezent, beinahe unauffällig an eine bestehende, verborgene Ebene und Wirklichkeit. Es erinnert mich an das Dasein als Christen. Wir sind gerufen aufrecht zu stehen, Widerstand zu leisten gegen alles, was die Würde und Integrität von Menschen in Frage stellt, Widerstand zu leisten gegen jegliche Ausgrenzung und Diffamierung von Menschen auf Grund von Überzeugung, Religion, Hautfarbe, Neigung und Geschlecht.

Sieben Schächte
Es sind sieben Schächte. Die Zahl sieben ist das Gedenken an den siebenten Tag, an den Schabbat, an dem Gott ruhte und alles ansah, was er gemacht hat. Es ist der Tag der Unterbrechung, der zum Innehalten geschenkt ist, auch da ist zum Auftanken, um Wissen, Energie und Kraft gegen jegliches Mitläufertum zu haben.
Wir sind gerufen aufrecht zu stehen, auch wenn scheinbar rund um uns vieles hinunter zu gehen scheint.

Wir müssen und sollen nicht in den Chor einstimmen, die in den Vorgängen der Zeit allein Verfall und Niedergang sehen. Da ist der Weg nicht weit zu Sündenböcken und Feindbildern. Das Wort Gottes, der Geist Gottes, das Gebet bringt eine verborgene Ebene hervor, die uns hält, die uns Orientierung gibt, die uns aufrecht gehen lässt, die uns am Reich Gottes teilnehmen lässt, Hoffnung und Freude gerade auch in schwierigen Zeiten.