Eigentlich kennt Walter Schmolly die Caritas-Projekte in Äthiopien, schließlich hat er in seiner Funktion als Caritasdirektor regelmäßig in Papierform mit ihnen zu tun. Die Menschen dahinter selbst kennenzulernen, ist dann aber doch etwas ganz anderes, erzählt er im Gespräch über seinen kürzlichen Aufenthalt in Äthiopien.

Dr. Walter Schmolly hätte sich für seine erste Reise nach Afrika wohl keine bessere Begleitung wünschen können als Dr. Bruno Renner, MMag. Martin Hagleitner-Huber und Peter Klinger. Alle drei haben das Land schon oft bereist, nun konnte auch der „neue“ Caritasdirektor erstmals mit eigenen Augen sehen, wie und wo das Geld genutzt wird.

Eine Woche lang besuchte er die zahlreichen Projekte in den Diözesen Addis Abeba, Meki und Awasa, sprach mit Bischof, Kardinal, Caritasmitarbeitern, Projektpartnern, Bauern, Frauen und Kindern. Besuchte die Menschen, die in den Projekten Unterstützung erhalten und überzeugte sich selbst davon, dass die Entwicklungszusammenarbeit fruchtet. Genau das sei es nämlich, betont Schmolly, eine Zusammenarbeit und „keine Einbahn“. Diese geschieht in verschiedenen Projekten - angefangen bei der Landwirtschaft über Bildung und Frauenförderung bis hin zur Gesundheit. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg seien die verlässlichen Partner vor Ort, die nicht nur mit Engagement sondern auch mit Professionalität punkten, bekräftigt er.

Gemeinsam

Ein schönes, weil auch nachhaltiges Projekt sei etwa die Genossenschaftsarbeit, berichtet Schmolly von 41 Genossenschaften, in denen jeweils mehr als 1.000 Bauern organisiert sind. Das fängt beim gemeinsamen Einkauf an, geht über Maschinen und eine große Lagerhalle, die zusammen genutzt werden, bis hin zur gemeinsamen Vermarktung des Ertrags, zählt der Caritasdirektor die Vorteile auf. Projekte zur Vermeidung von Erosion, Kompostierungs- oder Aufforstungsprojekte sind ebenfalls auf eine nachhaltige Landwirtschaft ausgerichtet, die nicht nur Selbständigkeit, sondern auch Nahrungssicherheit schaffen soll.

Weniger Abhängigkeit, mehr Eigenständigkeit

Im Rahmen des Besuchs lernte er den Vorstand der Genossenschaftsarbeit kennen, der sich aus Bauern zusammensetzt. Mit einem Organigramm und Statistiken gaben sie den Vorarlbergern Einblick in die Zahlen und wie sich ihr Ertrag gesteigert hat. "Mit so einer professionellen Vorbereitung und Auswertung hatte ich nicht gerechnet", freut sich Schmolly. Die Genossenschaft ist nicht nur aufgrund der Ertragssteigerung ein Gewinn, dank der Lagerhalle müssen die Bauern ihre Ernte nicht gleich wieder verkaufen und sind nicht mehr so stark von Saatgutlieferanten abhängig. Ein ebenfalls wichtiger Faktor ist der Wissenstransfer: Gemeinsam mit den Bauern wird am Know-How gearbeitet und dieses weiterentwickelt. Entwicklungszusammenarbeit ist eben wirklich keine Einbahn, wiederholt der Caritasdirektor.

Schwerpunkt: Frauen und Kinder

Hilfe zur Selbsthilfe sei auch bei den Frauenförderprojekten ein großes Thema, erklärt Schmolly. Die oft auf sich allein gestellten Frauen erhalten Schulungen, die sie für den Arbeitsmarkt qualifizieren und ihnen helfen, auf eigenen Beinen zu stehen. Egal ob das Fähigkeiten für das Hoteleriegewerbe oder für ein eigenes kleines (Straßen)unternehmen sind. Ein wichtiger Schritt ist hier die Bildung - und so setzt die Caritas bereits bei den Kleinsten an. Das Straßenkinderprojekt PROCS (Protection, Respect and opportunity for children on the street ) in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba ermöglicht Kindern z.B. nicht nur den Schulbesuch, sondern bietet ihnen einen geschützten Ort um zu lernen und zu spielen. Parallel wird bei den Erwachsenen das Bewusstsein für Schul- und Ausbildung geschärft - in einem Land, in dem auch die Kinder oft zum Familieneinkommen beitragen müssen, keine leichte Aufgabe. Ein weiteres Standbein bilden Gesundheitsprojekte wie das Bushulo Gesundheitszentrum in Awasa, mit Schwerpunkt auf Geburtshilfe und Pädiatrie.

Ich tue mir schwer

Auf die Frage, ob er von einer speziellen, besonderne Begegnung oder einem Ereignis erzählen kann folgt beim "Äthiopien-Neuling" eine lange Nachdenkphase. "Ich tue mir schwer", erklärt er schließlich, dass die ganze Reise eine Reihe schöner Begegnungen gewesen sei. Vor allem auch deshalb, weil man endlich einmal hautnah sehen kann, wem die Hilfe zugute kommt. Den Frauen, die nun auf eigenen Beinen stehen können. Den 31 Mädchen, die im Internat nun endlich Schulbildung genießen können. Oder den Bauern und ihren Familien, denen die Genossenschaft nun etwas mehr Nahrungssicherheit gibt.

Die Dürre

Auch wenn sich Walter Schmolly von der herzlichen Art der Menschen und ihrem Engagement beeindruckt zeigt, bleibt ein fahler Beigeschmack: die schlimmste Dürre seit 30 Jahren. Zwar habe die „Vorarbeit“ der Caritas in Form zahlreicher Projekte ermöglicht, dass man bis jetzt ohne Dürrenothilfe ausgekommen sei, auf Spenden sei man dennoch dringend angewiesen. Ein Jahr, also zwei Regenzeiten, lang hat es bereits nicht geregnet und damit Ernteeinbußen von bis zu 90% nach sich gezogen. Zusätzlich zum akuten Wasser- und Nahrungsmangel von Millionen Menschen können die Bauern als Folgewirkung kaum Saatgut für das nächste Jahr kaufen und der Viehbestand muss dezimiert werden - vielen Bauern droht das Abgleiten in die Armut.

Und jetzt?

Eine der Maßnahmen besteht in sofortiger Nahrungsmittelhilfe - insbesondere für die Kinder an Schulen. Zudem müssen die betroffenen bäuerlichen Haushalte mit Saatgut unterstützt und Wasserleitungen verlegt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die nachhaltige Arbeit der letzten Jahre nicht zerstört wird. Und dann? Dann heißt es auf Regen hoffen, erinnert sich Schmolly an das trockene, staubige Land und an den „Meki river“, der aktuell zum ersten Mal seit langer Zeit nur mehr ein ausgetrocknetes Bachbett ist, das tief in die Landschaft eingegraben ist.

Helfen, aber wie?

Über zehn Millionen Menschen sind von der schlimmsten Dürre seit dreißig Jahren in Äthiopien betroffen.

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Kennwort: „Nothilfe Äthiopien“
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